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ASIEN/836: Japan, Kultur statt Militärbasen - Insel Okinawa will von USA unabhängig werden (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. April 2013

Japan:
Kultur statt Militärbasen - Insel Okinawa will von USA unabhängig werden

von Suvendrini Kakuchi


Bild: © Suvendrini Kakuchi/IPS

Stars beim Filmfestival in Okinawa
Bild: © Suvendrini Kakuchi/IPS

Ginowan, Japan, 11. April (IPS) - Die Insel Okinawa ist seit langem als Basislager für die Mehrheit der 50.000 in Japan stationierten US-Soldaten bekannt. Doch auch vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Nukleardrohungen Nordkoreas arbeiten japanische Unternehmer mit Vehemenz daran, die größte in der südlichen Präfektur gelegene Insel und die umliegenden kleineren Inseln als attraktives Ferienziel und Wissenschaftsstandort bekannt zu machen.

"Die Insel Okinawa mit ihrer einzigartigen Kultur und Natur will den Tourismussektor ausbauen und in Asien ein Knotenpunkt für Bildung und Unterhaltung werden", sagte Shigenobu Asato, Vorsitzender der Tourismusbehörde, während einer Ansprache beim Okinawa Filmfestival im März. "Das Motto in Okinawa lautet nun 'Seid innovativ'", meinte Asato und bezog sich damit auf die Bemühungen der Regierung, Investitionen in den Bereichen Unterhaltung sowie unternehmerische Aktivitäten auf der Insel anzukurbeln.

Gemäß dem Abkommen zwischen Japan und den USA über die gemeinsame Zusammenarbeit und Sicherheit sind zwei Drittel der US-Armee- und Marinebasen auf Okinawa angesiedelt. Die Insel hat für die Sicherheit in der Region lange eine entscheidende Rolle gespielt. Für die USA ist das Archipel, das sich im Pazifischen Ozean in Richtung Taiwan erstreckt, ein perfekter Beobachtungspunkt, von dem aus die Präsenz der chinesischen Marine in der Region kontrolliert werden kann.

Auf der Insel fand das einzige Bodengefecht zwischen japanischen und US-Truppen im Zweiten Weltkrieg statt, der in der Region mit der Niederlage Japans 1945 endete. Obwohl die USA die Insel 1972 an Japan zurückgaben, behielten sie Stützpunkte auf 18 Prozent der Inselfläche. Mehr als 90 Prozent der Einwohner Okinawas protestieren noch heute dagegen.

Asato ging dieses brenzlige Thema optimistisch an, als er neue Strategien der lokalen Behörden vorstellte wie Pläne für eine Universität und ein Vergnügungszentrum. Mit diesen Projekten soll Okinawa weniger abhängig von den Militärbasen werden.


US-Präsenz lukrativ

Bisher pachten die USA große Grundstücke für die Stützpunkte, insbesondere im Zentrum und im Süden Okinawas, wo 80 Prozent der rund 1,5 Millionen Einwohner leben. Der Pachtzins, der etwa sechs Prozent der Gesamteinkünfte der Präfektur beträgt, kommt Landbesitzern am Ort zugute. Für die Gebiete, auf denen sich die Basen befinden, stellt die Regierung zudem hohe Subventionen bereit. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Beihilfen aus Tokio für Okinawa auf mehr als zwei Milliarden US-Dollar. 2013 wird von einem Anstieg auf 3,1 Milliarden Dollar ausgegangen.

Die US-Militärpräsenz hat den schwachen Wirtschaftssektor der Insel gestärkt. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt in Okinawa bei rund 20.000 Dollar jährlich und ist damit das niedrigste in ganz Japan. Die Militärstützpunkte sorgen nicht nur für Einnahmen und Subventionen, sondern haben auch einen Markt für die Vergnügungsindustrie, Restaurants und Taxiunternehmer geschaffen.


Sexuelle Übergriffe von Soldaten schüren Hass

Die sozialen, politischen und ökologischen Kosten der US-Militärpräsenz sind allerdings hoch. In dem Abkommen über Sicherheitszusammenarbeit ist festgelegt, dass US-Soldaten auf der Insel nicht juristisch belangt werden können. Eine Welle von Gewaltverbrechen, darunter auch Vergewaltigungen japanischer Frauen durch US-Soldaten, haben in der Bevölkerung Ressentiments geschürt. Hinzu kommen Umweltschäden und Verschmutzung.

Der Widerstand gegen das US-Militär hat seit dem vergangenen November zugenommen. Die lokalen Behörden bemühen sich daher intensiv, alternative Einkommensquellen für die Insel zu finden. So sollen etwa in der Stadt Ginowan, wo die umstrittene Luftwaffenbasis Futenma liegt, neue Entwicklungsperspektiven geschaffen werden.

Der Bürgermeister von Ginowan, Atsushi Sakima, nutzte das am 30. März zu Ende gegangene Filmfestival als Plattform, um Pläne für ein Vergnügungsviertel zu präsentieren. Das ambitionierte Projekt soll in Zusammenarbeit mit dem japanischen Unternehmen 'Yoshimoto Kogyo' durchgeführt werden. Vorgesehen ist auch die Eröffnung von Kunstschulen und kreativen Freiräumen.

Die Bemühungen Okinawas um eine militärfreie Insel werden allerdings durch ein ungünstiges politisches Klima behindert. Denn die konservative Regierung von Ministerpräsident Shinzo Abe wird nicht nur durch die nordkoreanischen Drohungen unter Druck gesetzt, sondern auch durch heikle Territorial- und Fischereistreitigkeiten mit China und Südkorea. (Ende/IPS/ck/2012)


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http://www.ipsnews.net/2013/04/militarised-island-seeks-makeover/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2013