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LATEINAMERIKA/1450: 2. CELAC-Gipfel in Havanna - Das Recht der Staaten auf ihr eigenes Modell (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 6 vom 7. Februar 2014
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Das Recht der Staaten auf ihr eigenes Modell
2. CELAC-Gipfel in Havanna erfolgreich

von Günter Pohl



Am 28. und 29. Januar fand in Havanna der 2. CELAC-Gipfel statt. Genau ein Jahr nach dem Treffen der "Gemeinschaft der Staaten Lateinamerikas und der Karibik" in Santiago war nun Kuba zum Abschluss der einjährigen Pro-Tempore-Präsidentschaft Gastgeber. Für das sozialistische Land ist die erfolgreiche Führung von 33 Staaten Amerikas vorläufiger Höhepunkt einer Politik der lateinamerikanischen Integration, die mit dem bewaffneten Sieg der Revolution 1959 begonnen hatte. Teil dieses Triumphs ist die Teilnahme des Generalsekretärs der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die 1948 als Instrument des Kalten Krieges gegründet worden war, als eingeladener Gast. Dem Chilenen José Miguel Insulza blieb nur, gute Miene zu machen und der CELAC weiterhin Glück zu wünschen. Dennoch sollte man nicht den Fehler machen zu glauben, die OAS wäre politisch bereits zahnlos, denn der Austausch mit den USA ist bei den meisten CELAC-Staaten nach wie vor wirtschaftsbeherrschend und im Interesse der herrschenden Kreise. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon nahm an den Beratungen der 33 Staatschefs teil. Er freute sich über die bisher errungenen Erfolge und die weiteren Vorhaben der Gemeinschaft und warb dafür, dass die CELAC "gemeinsam mit den Vereinten Nationen arbeiten" solle.

Natürlich wird sie das, weil ihr zu Recht die Stärkung der weltweiten internationalen Bühne ein Anliegen ist - genau darin könnte übrigens auch ein Vehikel zu ihrer partiellen Entwertung liegen: denn zu den UNO-Avancen gehört die Anerkennung diverser Spielregeln, die bei den herrschenden Kräfteverhältnissen meist im Interesse der imperialistischen Staaten sind. Jedenfalls sieht sich die CELAC gleich in Punkt 1 von 83 Unterpunkten der verabschiedeten "Erklärung von Havanna" im Einklang mit den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und dem Internationalen Recht, womit sie andererseits klug auf die innergemeinschaftlichen Differenzen hinsichtlich der zuweilen deutlich unterschiedlichen außenpolitischen Orientierung reagiert. Da gibt es nämlich zum einen Brasilien als BRICS-Staat, aber auch andere wirtschaftsstarke Länder wie Mexiko, Chile oder Argentinien; zum anderen politisch divergierende Länder wie Venezuela oder Bolivien gegenüber Kolumbien, das in bestimmten Fragen die USA-Positionen vertritt; und letztlich noch den Block der kleinen Karibikstaaten, der über die CARICOM schon seit langem eine funktionierende Zusammenarbeit pflegt und angesichts seiner minderen Bedeutung durchaus darauf achten muss, seine Interessen in der CELAC vertreten zu sehen.

Costa Ricas sozialdemokratische Präsidentin Laura Chinchilla übernahm für ihr Land die Führung der CELAC bis 2015. Demnach wird der dritte Gipfel voraussichtlich in San José stattfinden. Der CELAC-Führung gehören immer der letzte, der aktuelle und der nächste Vorsitzstaat an.

Kuba kann derweil mit der geleisteten Arbeit aus einem Jahr Führung einer brandneuen Organisation zufrieden sein: zu den Vereinbarungen des Gipfels gehören neben dem Kampf gegen den Hunger und die Armut u. a. die Lösung jeglicher Differenzen über existierende diplomatische und friedliche Wege, die Respektierung der Souveränität jedes Landes ohne Einmischung in seine Angelegenheiten, die Anerkennung des Rechts der Staaten auf ihr eigenes gesellschaftliches, politisches, wirtschaftliches und kulturelles Modell der individuellen Entwicklung sowie die Begünstigung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Blockmitgliedern trotz möglicher Unterschiede zwischen ihnen.

Unterpunkt 38 der Erklärung erwähnt auf Initiative Venezuelas den "lateinamerikanischen und karibischen Charakter" Puerto Ricos, womit ein klarer Bezug auf die Entkolonialisierungsanstrengungen der Vereinten Nationen genommen wird - ein weiterer Bezugspunkt auf die Weltorganisation, die dem Unilateralismusstreben der USA, aber auch dem Gedanken regionaler Zentren (USA, EU, Japan) im Wege steht. In diesem Zusammenhang ist auch Unterpunkt 41 von Wichtigkeit: "Wir erklären unsere Ablehnung von einseitigen Listen und Zertifizierungen seitens der entwickelten Länder zum Nachteil von Staaten Lateinamerikas und der Karibik, speziell jene, die sich auf den Terrorismus, den Drogenhandel, den Menschenhandel und andere solchen Charakters beziehen; wir bestätigen das CELAC-Sonderkommuniqué vom 5. Juni 2013, das die Einbeziehung Kubas in die so genannte Liste des US-Außenministeriums von Staaten zurückweist, die den internationalen Terrorismus fördern."

Das erwähnte Kommuniqué konnte nicht unbeantwortet bleiben. Kurz vor dem Treffen in Havanna fand in Miami eine Art rechte Gegenveranstaltung statt, deren Sinn vermutlich hauptsächlich darin bestand, die Medien in den USA zu beschäftigen, auf dass sie nicht auf die Idee kämen aus Kubas Hauptstadt zu berichten. Das "Zentrum für die Öffnung und Entwicklung Lateinamerikas" (CADAL) mit Sitz in Buenos Aires führte in Zusammenarbeit mit der Stiftung der Republikanischen Partei ein so genanntes "Forum der kontinentalen Demokratieförderung" durch, an dem die regionale Rechte beteiligt war. Zu den Unterstützern der CADAL gehören u. a. die Nationale Demokratiestiftung der USA (NED) und die deutsche Konrad-Adenauer-Stiftung.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 46. Jahrgang, Nr. 6 vom 7. Februar 2014, Seite 6
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Februar 2014