Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → AUSLAND


LATEINAMERIKA/2095: Peru - Regierung verstärkt Repression und ruft Ausnahmezustand aus (poonal)


poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen

Peru

Regierung verstärkt Repression und ruft Ausnahmezustand aus


(Lima, 16. Januar 2023, ANRed) Die Regierung von Präsidentin Dina Boluarte und die politische Elite wollen auch weiterhin mit Repressionen ihre unrechtmäßig erlangte Macht aufrecht erhalten. Die 50 Menschen, die von den Sicherheitskräften bei den zahlreichen Demonstrationen in den knapp 40 Tagen der neuen Regierung getötet wurden, sind scheinbar nicht genug. Ebensowenig wie das negative Image, das die Exekutive und Teile des Nationalkongresses bei der Bevölkerung haben. Die Präsidentin kündigte in Absprache mit den Streitkräften den Ausnahmezustand in den Städten Lima, Callao, Puno und Cusco ab dem 15. Januar an. Die politische Stimmung ist angespannt und die sozialen und politischen Organisationen gaben bekannt, dass sie nicht aufhören werden sich gegen die neue Regierung zu mobilisieren. Am 7. Dezember, nach der Absetzung von Präsident Pedro Castillo, trat Boluarte ihr Amt an. Seither dauern die Proteste gegen die Regierung an, bei denen immer wieder die Forderung Que se vayan todos (Sie alle sollen gehen) zu hören ist. In den 39 Tagen Regierungszeit von Boluarte sind 50 Menschen getötet worden, unter anderem in Massakern wie in Puno und Ayacucho, die bereits international für Aufsehen gesorgt haben.

Vor einigen Tagen ergab eine Umfrage des Peruanischen Wissenschaftlichen Instituts (Instituto de Estudios Peruanos, IEP), dass Boluarte nur von der Wirtschaftselite und den Streitkräften unterstützt wird. Einundsiebzig Prozent der Peruaner*innen sind mit der Art und Weise, wie sie ihre Regierung führt, nicht einverstanden. Im Landesinneren liegt dieser Wert bei fast 90 Prozent. Doch Boluarte ist weit davon entfernt, sich auf einen Dialog mit der Bevölkerung einzulassen. Im Gegenteil setzt sie, wie von den peruanischen Streitkräften und der Polizei empfohlen, auf eine harte Linie. Am 15. Januar verhängte die Regierung per Erlass für 30 Tage den Ausnahmezustand in drei Regionen, vier Provinzen und einem Bezirk des Landes. Dieser umfasst außerdem fünf Autobahnen und überlässt die interne Ordnung in diesen Regionen der Polizei, mit Unterstützung der Streitkräfte. "Mit Wirkung zum 15. Januar 2023 wird für einen Zeitraum von 30 Kalendertagen der Ausnahmezustand in den Departamentos Puno, Cusco, Lima, in den Provinzen Callao, Andahuaylas, Tambopata und Tahuamanu und im Bezirk Torata in der Provinz Mariscal Nieto ausgerufen. Die peruanische Polizei erhält mit Unterstützung der Streitkräfte die Ordnung aufrecht", heißt es in dem Erlass.

Trotz der Umstände erklärte Boluarte auf einer Pressekonferenz, dass sie im Amt bleiben werde: "Ich werde nicht zurücktreten. Ich setze mich für Peru ein und nicht für diese kleine Gruppe, die das Land bluten lässt. Wir werden den Weg ebnen, der es den Bürgern ermöglicht, die neuen Vertreter bei den nächsten Wahlen auf freie und demokratische Weise zu wählen. Diese extremistischen Gruppen fordern die Schließung des Kongresses, aber sie sagen der Bevölkerung dieses Landes nicht, dass ihr Protest auf Betrug und Lügen beruht. Denn der Präsident kann das Parlament nicht auflösen, wenn gewisse Bedingungen nicht erfüllt sind. Und das sind sie in diesem Fall nicht", erklärte sie. Damit schloss sie sich den Massenmedien an, die seit Wochen die Proteste kriminalisieren und sie als terruqueo (peruanischer Neologismus, der "Terrorismus" meint und oft von der peruanischen Rechten genutzt wird, um soziale und indigene Bewegungen zu diffamieren, Anm. d. poonal-Red.) bezeichnen und somit behaupten, die Protestierenden seien Terrorist*innen. Unterdessen hatten soziale und politische Organisationen weitere Proteste vorbereitet und sich in langen Karawanen nach Lima begeben. Auch tausende Aymara- und Quechua-Gemeinschaften haben sich aus verschiedenen Provinzen auf den Weg nach Lima nach Lima gemacht, um an der zweiten Auflage des Marcha de los Cuatro Suyos (einem dreitägigen Protestmarsch gegen den Diktator Alberto Fujimori im Jahr 2000, Anm. d. poonal-Red.) teilzunehmen.


URL des Artikels:
https://www.npla.de/thema/repression-widerstand/regierung-verstaerkt-repression-und-ruft-ausnahmezustand-aus/


Der Text ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

*

Quelle:
poonal - Pressedienst lateinamerikanischer Nachrichtenagenturen
Herausgeber: Nachrichtenpool Lateinamerika e.V.
Köpenicker Straße 187/188, 10997 Berlin
Telefon: 030/789 913 61
E-Mail: poonal@npla.de
Internet: http://www.npla.de

veröffentlicht in der Online-Ausgabe des Schattenblick am 27. Januar 2023

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang