Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → AUSLAND

OSTEUROPA/302: Ukraine - Innenminister klagt Juschtschenko der Korruption an (Falkenhagen/Queck)


Milliarden in die eigenen Taschen gewirtschaftet.
Der ukrainische Innenminister Jurij Luzenko klagt Präsident Juschtschenko der schweren Korruption an

Übersetzung aus dem Russischen - mit einer Anmerkung von
von Hans Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck, 14. Oktober 2009


Milliarden in die eigenen Taschen gewirtschaftet.
Der ukrainische Innenminister Jurij Luzenko klagt Präsident Juschtschenko der schweren Korruption an

Von Pawel Dul'man


Der Innenminister der Ukraine, Jurij Luzenko, beschuldigt das Staatsoberhaupt Viktor Juschtschenko und seine Zöglinge in den Gebieten und Rayons der totalen Korruptheit.
So antwortete der Leiter des Innenministeriums auf die schon früher verlautete Forderung des ukrainischen Führers, so nennt sich Juschtschenko auch, die ausufernde Kriminalität im Lande zu überwinden. Nach den Angaben von Luzenko, die dieser in einem der gesamtnationalen ukrainischen Fernsehkanälen machte, haben die Amtsträger der Präsidentenvertikale seit Beginn des laufenden Jahres 2,7 Milliarden Hrywjna (über 300 Millionen US-Dollar) unterschlagen und in die eigenen Taschen gesteckt. In den Jahren der Präsidentschaft von Juschtschenko haben die Leiter und ihre Stellvertreter im System der Gebiets- und Rayonverwaltung, die von Juschtschenko persönlich in ihren Funktionen bestätigt werden, in der Größenordnung von Hunderten von Personen beim Raub von Haushaltmitteln ihre Hände im Spiel gehabt und tun das weiter, erklärte Luzenko. Konkrete Namen nannte Luzenko nicht und ebenfalls sagte er nichts über die Einleitung von Strafverfahren zu den aufgedeckten Fakten. Wahrscheinlich ist die Untersuchung der Tätigkeit des gegenwärtigen ukrainischen Präsidenten durch die Rechtsschutzorgane eine Sache, die in naher Zukunft in Angriff genommen werden soll. Bis jetzt appellierte der Minister an bloße Emotionen. Warum hat bei einer solchen Krise und in diesem schweren Zeiten im vergangenen Jahr die Polizei eine Unterschlagung von Milliarden gestohlener Haushaltsmittel durch die Würdenträger des Präsidenten und in diesem Jahr fast von drei Milliarden gestohlener Haushaltsmittel aufgedeckt? Der Präsident hat alle diese Amtsträger durch persönlichen Erlass ernannt. Aber wer ist ihm gegenüber verantwortlich, stellte Luzenko rhetorisch die Frage. In Bezug auf die im vergangenen Jahr gestohlenen Milliarden führte Luzenko noch keine klaren Beweise an. Das bedeutet aber nicht, dass in seinen Worten kein rationeller Kern steckt, dass sie nicht wahr sind, dass seine Aussage in Zweifel gezogen werden kann. Als indirekte Bestätigung der Anschuldigungen von Luzenko an die Adresse seines einstigen Gevatters Juschtschenko kann man die Größenordnung der größten Bestechungen werten, welche ukrainischen Amtspersonen zugute kamen, die das Ministerium des Inneren aufgedeckt hat. An erster Stelle stand der Vorsitzende einer der Landwirtschaftsräte im Gebiet von Nikolajew, der 8,5 Millionen Hrywnja (fast 1 Millionen US-Dollar) geraubt hat, an zweiter Stelle steht der Vorsitzende eines Landwirtschaftsrats aus der Krim. Dieser soll das Bestechungsgeld gleich in US-Dollar verlangt haben. Dabei soll es sich um einige Millionen gehandelt haben.
Insgesamt haben die Milizionäre des Innenministeriums 14 Fälle von erpresserischer Unterschlagung aufgedeckt, bei denen es um Zahlen von über einer Million Hrywnja geht.
In vielen Fällen betreffen alle diese Vorgänge die Zuweisung von besonders wertvollen Ländereien auf der Krim, und im Gebiet von Kiew, Lwow und Charkow.
Etwas amüsant ist, dass auf dem letzten, dem hundertsten Platz, in dieser Auflistung ein Leiter einer Narkosestation aus Chernowtsy steht. Da soll es sich um die Korruptionshandlung eines Arztes handeln, der insgesamt 20000 Hrywnja erpresst hat. Die Rechtshüter haben das aber nicht näher ausgeführt.
Was die gestiegene Kriminalitätsrate in der Ukraine betrifft, für die der Präsident Juschtschenko summa summarum den Minister Luzenko verantwortlich macht, so braucht man dafür nicht unbedingt die Polizeistatistik einzusehen. Die Ukraine wird in den letzten Tagen von großen Morden erschüttert. So haben in der vergangenen Woche in Kiew Killer am offenen Tage einen wichtigen Geschäftsmann ermordet, den Eigentümer eines Baugroßunternehmens, und das zusammen mit zwei Leibwächtern und diese waren auch noch Mitarbeiter der Polizei. Vorher war der Staatsanwalt des Taraschtschansker Rayons des Gebiets von Kiew erschossen worden. Und das sind nur die allerletzten Verbrechen, die Aufmerksamkeit finden. Nach der Statistik haben im Vergleich zum Vorjahr die Anzahl der offenen Auftragsmorde um das Doppelte zugenommen, und die Raubüberfälle sind auf das 2,6 fache angestiegen.

Quelle: Rossiskaja Gazeta, Moskau vom 7.10.2009
Übersetzung: Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen


Anmerkung von Hans-Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck:

Der neue von Juschtschenko ernannte ukrainische Außenminister heißt Petro Poroschenko, und ist einer der reichsten Geschäftsleute der Ukraine, dem eine Masse unsauberer Geschäfte nachgesagt werden. Er hat sich in den letzten Jahren unter der Gönnerschaft von Juschtschenko auch als Börsenhai ein Milliardenvermögen zusammengerafft. Deswegen wurden gegen ihn mehrfach Korruptionsvorwürfe erhoben. Aber "Stinkreichtum" führt unter einem Präsidenten wie Juschtschenko zu Amt und Würden und zur Erhabenheit über alle Kriminalitätsanklagen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Petro Poroschenko als engster Vertrauter Juschtschenkos, ja als sein Gevatter, bezeichnet wird. Seine Ernennung zum Außenminister wurde im Kiewer Parlament am 9. Oktober mit 240 Stimmen bestätigt. Dieser Mann war schon 2005 von Juschtschenko als Ministerpräsident vorgesehen. Damals musste aber Juschtschenko an seiner statt Frau Timoschenko als Ministerpräsidentin den Vorrang geben. Zwischenzeitlich war Petro Poroschenko auch Vorsitzender des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates von Präsidenten Gnaden. Poroschenko gilt politisch quasi als rechte Hand von Juschtschenko. Vor seiner Ernennung zum Außenminister war er Vorsitzender des Haushaltsauschusses im Parlament in Kiew und Mitglied des Nationalbankrates der Ukraine.


Quellen:
http://portal.rada.gov.ua/rada/control/uk/publish/article/news_left?art_id=171618&cat_id=3349
http://www.rg.ru/2009/10/07/ukraina-mid-site-anons.html


*


Quelle:
Copyright 2009 by Brigitte Queck und Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen
mit freundlicher Genehmigung der Autoren


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2009