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OSTEUROPA/357: Rumänien wechselt die Regierungschefs, aber nicht die Politik (UZ)


UZ - Unsere Zeit, Nr. 19 vom 11. Mai 2012
Sozialistische Wochenzeitung - Zeitung der DKP

Rumänien wechselt ...
... die Regierungschefs, aber nicht die Politik

von Anton Latzo



Am 7. Mai bestätigte das rumänische Parlament einen neuen Regierungschef und dessen Regierungsprogramm. Zum neuen Premier wurde Victor Ponta, Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Rumäniens (PSD), gewählt. Diese Partei ist schon vor längerer Zeit ein Bündnis mit der National-Liberalen Partei eingegangen. Zusammen und mit Unterstützung kleinerer Fraktionen des Parlaments haben sie der bisherigen Regierung die parlamentarische Mehrheit entzogen. Nach Boc und Ungureanu ist Ponta der dritte Premier in knapp drei Monaten!

Nachdem das Land jetzt innerhalb von drei Monaten den dritten Ministerpräsidenten hat, sollte man erwarten können, dass sich die Entwicklung zum Besseren bewegt. Leider geht es auch der neuen Regierung nicht darum, der Entwicklung des Landes eine gewisse Stabilität zu geben. Die größeren Parteien und die Überläufer im Parlament spekulieren, wie sie am besten die Chancen für die kommenden Wahlen sichern können. Im Juni sind Kommunalwahlen und im November Parlamentswahlen vorgesehen. Die Situation im Lande wurde von einer internationalen Wirtschaftszeitung "The Economist" vor kurzem zutreffend wie folgt beschrieben: Die Austeritätspolitik schmerzt, die Bürger protestieren, die Politiker streiten und die Regierung fällt - das sei das Drama, das in Rumänien vorgeführt wird.

Die Regierung Ponta ist also auch nur eine Übergangsregierung. Sie vertritt die Interessen derjenigen Teile der rumänischen Politik, die den nationalen Aspekten in der Entwicklung und in der Außenpolitik des Landes einen größeren Raum geben wollen. Sie haben schon unter Adrian Nastase, dem ehemaligen Regierungschef, Außenminister und Parteichef der PSD entsprechende Erfahrungen gesammelt.

Bemerkenswert sind zwei Umstände, die die Funktion der jetzigen Regierung charakterisieren: Erstens war zu dem Zeitpunkt, zu dem die Vorgängerregierung die Niederlage im Parlament hinnehmen musste und die Nominierung des neuen Ministerpräsidenten erfolgte, auch die Troika des IWF, der Weltbank und der EU im Lande, um über einen neuen Standby-Kredit zu verhandeln. Sie haben die Verhandlungen nicht unterbrochen, sondern mit dem neu nominierten Finanzminister, Florin Georgescu, der auch schon zu früheren Zeiten (unter Nastase) diese Funktion ausgeübt hat und zuletzt Erster Vizegouverneur der Nationalbank war, sofort weiter verhandelt.

Bemerkenswert ist zweitens: Nur zwei Tage danach wurde bekanntgegeben, dass man Übereinstimmung erzielt hat, dass kurzfristig die ursprünglich drastisch gekürzten Gehälter der Staatsangestellten und der Renten wieder angehoben werden. Die Gehälter werden um 8 Prozent erhöht, womit die Angestellten die Hälfte der vorherigen Kürzung zurückerhalten sollen. Die andere Hälfte soll folgen. Die Rentner werden den gekürzten Betrag in Raten wieder auf ihr Konto zurückerstattet bekommen. Diese Maßnahmen sollen noch vor den Kommunalwahlen im Juni in Kraft treten! Veränderungen in der Wirtschaftspolitik sind nicht zu erkennen. Auch nicht in den anderen Bereichen, wie zum Beispiel in der Außenpolitik. Eine zentrale Aussage lautet, dass das neue Kabinett sich verpflichtet, die Vereinbarungen mit dem IWF, der Weltbank und der EU einzuhalten und Reformen im Gesundheitssystem durchzuführen. Die Regierung will die öffentliche Verschuldung und das Haushaltsdefizit verringern, den Inflationsprozess stoppen. Dies soll, so wird versichert, im Sinne des Abkommens mit IWF, Weltbank und EU erfolgen.

Auch im Bereich der Arbeitsgesetzgebung sollen Maßnahmen folgen, die aber keine Verbesserung für die Arbeitenden versprechen. Es sind auch Maßnahmen, die von Vorgängerregierungen schon versucht wurden, dann aber zurückgestellt werden mussten, weil befürchtet wurde, dass der "Druck von unten" zu stark werden könnte.

Insgesamt verfügt die Regierung über eine zerbrechliche parlamentarische Mehrheit, die vor allem durch Überläufer aus der ehemaligen Regierungskoalition zustande gekommen ist. Sie wird getragen von einer Koalition zwischen einer nationalliberalen und einer sozialdemokratischen Partei. Sie muss ihre Haltbarkeit noch nachweisen. Zusammenhaltendes Element könnte das gemeinsame Interesse sein, die Parlamentswahlen im November gewinnen zu wollen.

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Quelle:
Unsere Zeit (UZ) - Zeitung der DKP, 44. Jahrgang, Nr. 19 vom 11. Mai 2012, Seite 11
Herausgeber: Parteivorstand der DKP
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Mai 2012