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HOCHSCHULE/1736: 13 Jahre Bologna-Reform - die Meinungen gehen auseinander (idw)


FIBAA - Foundation for International Business Administration Accreditation - 20.08.2012

Bologna-Reform 13 Jahre nach dem Start: Die Meinungen gehen auseinander



Mit der Unterzeichnung der Erklärung am 19. Juni 1999, Startschuss des Bologna-Prozesses, wollten die Bildungsminister der beteiligten Länder einen einheitlichen und transparenten europäischen Hochschulraum schaffen. Die drei Hauptziele der angestoßenen Reform waren, die Mobilität von Studierenden und wissenschaftlichem Personal zu fördern, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu steigern sowie die Beschäftigungsfähigkeit zu stärken. Um diese Ziele zu erreichen, haben sich die unterzeichneten Länder zur Schaffung leicht vergleichbarer Abschlüsse, zur Einführung eines zweistufigen Systems von Studienabschlüssen, zur Etablierung eines anerkannten Qualitätssicherungssystems und zur Sicherung der Vermittlung von internationalen Inhalten im Studium verpflichtet. Zu diesen Zielen bekennen sich mittlerweile 47 Staaten (auch außerhalb der Europäischen Union).

Dreizehn Jahre nach dem Start steht der Bologna-Prozess erneut auf dem Prüfstand. Bei der Frage, ob seine Einführung nun gelungen ist oder nicht, gehen die Meinungen auseinander. Einige, wie Annette Schavan, Bundesbildungsministerin, bezeichnen Bologna als eine "europäische Erfolgsgeschichte", andere dagegen sind der Meinung, dass es noch vieler Verbesserungen bedarf. Hierzu zählt Horst Hippler, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK).

Mit der Einführung der gestuften Studienstruktur wurde eine große Dynamik in der deutschen Hochschullandschaft in Gang gesetzt. In seinem Bericht über die Umsetzung des Bologna-Prozesses in Deutschland (2012) zieht das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) eine positive Bilanz. Laut BMBF waren zum Wintersemester 2011/12 rund 85% aller Studiengänge (13.000 von insgesamt 15.300 Studiengängen) an deutschen Hochschulen auf die gestufte Studienstruktur umgestellt, an Fachhochschulen liegt dieser Anteil sogar bei 97%. Einer der positiven Effekte ist die steigende Zahl der Studienanfängerinnen und -anfänger. Zwischen 2009 und 2011 ist diese Zahl um 22% gestiegen, davon 16% allein zwischen 2010 und 2011. "Das ist ein Zeichen für die große Akzeptanz des Bachelor", so Schavan. Im Vergleich zu der Zeit vor Bologna hat sich diese Zahl verdoppelt. Auch ein Rückgang der bisher hohen Studienabbrecherzahl wurde verzeichnet. Laut BMBF wirkt sich die Bologna-Reform ebenfalls positiv auf die Studierbarkeit und die Beschäftigungsfähigkeit (Employability) der Absolventen aus: Die statistischen Erhebungen des Bildungsministeriums zeigen, dass die Studiendauer zum Erwerb der neuen Abschlüsse nahe an der Regelstudienzeit liegt, die Absolventen von der Arbeitslosigkeit weniger betroffen sind (2% Universität, 3% Fachhochschule) und ihre Beschäftigung selten unterhalb ihres Qualifikationsniveaus (5% Universität, 3% Fachhochschule) gegeben ist. Schavan ist überzeugt, dass die mit der Bologna-Erklärung ergriffene Initiative richtig war.

Mit seinen Äußerungen zu den Defiziten der Bologna-Reform in einem Fernsehinterview am 14. August setzt sich Horst Hippler, seit Mai Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), von der Meinung der Bildungsministerin ab. Als "gravierenden Mangel" nennt Hippler die zunehmende Verschulung des Studiums und warnt davor, dass dies zu einer schlechten persönlichen Entwicklung der Absolventen führt.

Anwesenheitspflicht und straffer Studienplan machen es den Studenten nicht leicht, "über den Tellerrand hinaus zu schauen". Der HRK-Präsident ist der Meinung, dass die Reform ihr zentrales Ziel Mobilität bislang verfehlt hat.

Diese Aussage hat Mathias Brodkorb, Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsminister, begrüßt. "Die Studiengänge seien zu spezialisiert, was die Mobilität der Studenten einschränke, außerdem seien die zeitlichen Vorgaben für das Studium zu starr", so Brodkorb.

In einem weiteren Interview mit der Süddeutschen Zeitung äußerte Hippler seine Bedenken, dass der sechssemestrige Bachelor-Abschluss in der Regel berufsqualifizierend ist, reiche aber in vielen Bereichen nicht aus. Diese Ansicht teilt die Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin Svenja Schulze nicht. "Der Bachelor sei ein vollwertiger Hochschulabschluss, die Akzeptanz in den Unternehmen sei groß, sonst läge die Arbeitslosigkeit bei Bachelor-Absolventen nicht bei weniger als drei Prozent" betont Schulze. Das bestätigten auch führende Unternehmen im Rahmen der Initiative "Welcome Bachelor".

Trotz der scharfen Kritik bleibt Hippler dennoch ein Befürworter der Reform und rät ganz klar von einer Umkehrung ab.

Dem kann man nur zustimmen!

Die erkennbaren Defizite in der Modularisierung, beim Studienaufbau und Curriculum und nicht zuletzt bei der Outcomeorientierung der Studiengänge sind hausgemacht. Viele gute Beispiele belegen, dass es auch anders geht, wie sich immer wieder in den Akkreditierungsverfahren zeigt. Deshalb reicht es nicht, den schwarzen Peter durch die Reihen zu geben, von der Politik über die Präsidenten der Hochschulen zu den Hochschulehren und den Unternehmen bis hier zu den Akkreditierungsagenturen. Alle sind vielmehr gefordert, aus den Vorgaben, die durchaus überschaubar sind, das Richtige zu machen. "Von den Besten lerne", das ist die doch auch sonst die Devise!


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http://www.sueddeutsche.de/bildung/zehn-jahre-bologna-reform-harsche-kritik-an-bachelor-und-master-1.1441136

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http://idw-online.de/de/institution592

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
FIBAA - Foundation for International Business Administration Accreditation,
Janine Grobe-Rath, 20.08.2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. August 2012