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INTERNATIONAL/057: Auch die Meinung der Kinder zählt - Tagung wirbt für Bildung zu globaler Bürgerschaft (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Juni 2015

Entwicklung: Wenn Meinungen zählen, auch die der Kinder - Tagung wirbt für Bildung zu globaler Bürgerschaft

von Kanya D'Almeida


Bild: © Kanya D'Almeida/IPS

Kinder von Feldarbeitern in einer Vorschule in Sri Lanka
Bild: © Kanya D'Almeida/IPS

NEW YORK (IPS) - Der Terminus 'Bildung zu globaler Bürgerschaft' (GCED) dürfte vor allem denjenigen verständlich sein, die mit internationaler Entwicklungszusammenarbeit vertraut sind. Sofia García-García von der Hilfsorganisation 'SOS-Kinderdorf' hat den Begriff auf einer Tagung am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York treffend erklärt.

Garcías Organisation, die sich um das Wohl von mehr als 80.000 Kindern in 133 Ländern kümmert, berichtet von einem kürzlich begonnenen Projekt der 'Globalen Bewegung für Kinder in Lateinamerika und der Karibik', in der SOS-Kinderdorf Mitglied ist. 1.080 Kinder und Jugendliche aus zehn lateinamerikanischen Staaten seien gefragt worden, welche Nachhaltigkeitsziele (SDGs) sie für wichtig hielten.

"SOS-Kinderdorf arbeitet mit Heranwachsenden, die nicht in der Obhut ihrer Eltern groß werden und meist sehr wenig Selbstbewusstsein haben", so García. "Nachdem die Kinder jedoch ermutigt wurden, ihre Meinung kundzutun, meldeten sich selbst die Zurückhaltenden zu Wort und konnten sich sogar vorstellen, Präsidenten ihrer Länder zu werden."

Die Antworten sind in der bebilderten Publikation 'The World We Want' ('Die Welt, die wir wollen') nachzulesen, in der die 17 SDGs kindgerecht vorgestellt werden.

Die Tagung, die von zivilgesellschaftlichen Gruppen wie dem Bündnis 'Concord' aus 2.600 europäischen Organisationen sowie von der zwölf Millionen Mitglieder zählenden Organisation Soka Gakkai International (SGI) und der Nachrichtenagentur IPS unterstützt wurde, diente als Plattform zum Wissensaustausch über die Grundlagen von GCED.


Vertreter Nigerias fordert globales Recht auf Bildung

"Neben dem Recht auf Leben und dem Recht auf Freiheit sollte es auch ein Recht auf Bildung geben", sagte Usman Sarki, Stellvertreter des ständigen Repräsentanten Nigerias bei den Vereinten Nationen. "Dieses Recht ist der Schlüssel zu allen Freiheiten und die Grundlage der Würde. Alle anderen Rechte sollten darauf basieren."

Der Alltag sieht allerdings anders aus. Wir leben in einer Welt, in der etwa 58 Millionen Kinder nicht zur Schule gehen. Weitere hundert Millionen Kinder schließen die Grundschule nicht ab, wie aus dem jüngsten globalen Bericht 'Bildung für alle' der Weltkulturorganisation UNESCO hervorgeht.

Die Tatsache, dass etwa 168 Millionen Kinder arbeiten müssen, während 200 Millionen Erwachsene keine Beschäftigung haben, verdeutlicht den dringenden Handlungsbedarf. Insgesamt sind 781 Millionen Menschen Analphabeten. Dies ist eine beunruhigende Erkenntnis in einer Welt, in der die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können, längst nicht mehr ausreicht, um der Armut zu entkommen, und wenigstens Computerkenntnisse hinzukommen müssen.

Bei der GCED kommt es nicht nur darauf an, mehr Kinder in die Klassenräume zu bringen. Kurz gefasst meint die Idee der globalen Bürgerschaft laut UNESCO "das Gefühl von Zugehörigkeit zu einer größeren Gemeinschaft und einer gemeinsamen Humanität". Es gilt ein kulturelles Verständnis und Bürgerbewusstsein zu fördern sowie eine globale Bürgerschaft für das 21. Jahrhundert zu schaffen, die auf der Anerkennung von Menschenrechten, Frieden und Gleichheit basiert. Auch wenn weltweit für die GCED global geworben wird, soll das Konzept lokal umgesetzt werden, im Einklang mit den Bildungsministerien der jeweiligen Länder und an die Erfordernisse von Staaten und Gemeinschaften angepasst.


Wachsende Ungleichheit

Die GCED strebt die Beseitigung der Ungleichheit in einer Welt an, in der die Einkommen der reichsten und ärmsten Länder derzeit im Verhältnis 80:1 stehen. In der Kolonialzeit hatte das Verhältnis 35:1 betragen. Heute besitzen die reichsten 85 Menschen zusammen mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung.

Letztlich entscheidet die Qualität der Bildung darüber, ob die Kluft zwischen Arm und Reich überbrückt werden kann. Nur eine Qualitätsbildung wird erfolgreich dazu beitragen, Frieden und Sicherheit zu erreichen und den gewaltbereiten Extremismus einzudämmen. Angesichts der wachsenden Zahl von Menschen aus Industrieländern, die sich zu den Kriegsschauplätzen im Nahen Osten begeben, meinte Sarki: "Können wir tatsächlich behaupten, dass diese Menschen ungebildet sind? Viele von ihnen sind es. Die führenden Köpfe des Terrorismus sind sogar hochgebildet. Die Frage ist nur, welche Art von Bildung sie genossen haben. Wir können gebildet und zugleich engstirnig sein."

Die Idee zur GCED geht auf das Jahr 2012 zurück, als UN-Generalsekretär Ban Ki-moon die Initiative 'Globale Bildung zuerst' vorstellte. Nachdem Südkorea intensiv dafür geworben hatte, wurde die Initiative in das 'Zero Draft'-Dokument für die UN-Entwicklungsagenda nach 2015 aufgenommen. Den letzten Schliff soll die Agenda bei Verhandlungen Ende Juni erhalten.


Ureinwohner brauchen Inklusion

In der Zwischenzeit gibt es zahlreiche internationale Organisationen und Graswurzelgruppen, die die GCED unterstützen. Globale Bürgerschaft ist ein strategisch wichtiger Teil des UNESCO-Bildungsprogramms 2014 bis 2017. Organisationen wie SOS-Kinderdorf haben das Konzept in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gerückt, indem sie Bildungsinitiativen starten, die auf einige der schwächsten Bevölkerungsgruppen ausgerichtet sind.

Auch den indigenen Völkern, denen etwa 370 Millionen Menschen angehören und in den SDGs stärker berücksichtigt werden wollen, könnte die Bildung zu globaler Bürgerschaft bei der Integration in die Gesellschaft helfen. (Ende/IPS/ck/17.06.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/06/when-a-kid-with-low-self-esteem-dreams-of-becoming-the-president/

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IPS-Tagesdienst vom 17. Juni 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Juni 2015

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