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INTERNATIONAL/141: Zehn Millionen Menschen von Hunger bedroht - El Niño bringt Dürre und Not (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Oktober 2015

Entwicklung: Zehn Millionen Menschen von Hunger bedroht - El Niño bringt Dürre und Not

von Tharanga Yakupitiyage



Bild: © NASA/Public Domain

Das El-Niño-Phänomen von 1997/1998 vom TOPEX/Poseidon-Satelliten aus gesehen
Bild: © NASA/Public Domain

NEW YORK (IPS) - Dürren in Asien, Zentralamerika und Afrika bedrohen die Nahrungsmittelsicherheit von mindestens zehn Millionen Menschen. Schuld sind steigende globale Temperaturen und das Wetterphänomen El Niño, das bereits jetzt mehrere Regionen heimgesucht hat, heißt es in einem Bericht der internationalen Entwicklungsorganisation Oxfam.

El Niño ('Das Christkind') bezeichnet eine alle drei bis sieben Jahre auftretende untypische Erwärmung des Pazifiks, die Überschwemmungen und Dürren in tropischen Gebieten überall auf der Welt nach sich zieht. Der diesjährige El Niño hat laut dem Oxfam-Bericht mit dem Titel 'Entering Uncharted Waters' schon in verschiedenen Regionen der Welt für große Schwankungen der Niederschlagsmengen gesorgt und Ernten zerstört. Das Wetterphänomen trage nicht nur selbst zu schwierigen Lebenssituationen bei, sondern verstärke auch bereits bestehende Notlagen.

Dem Bericht zufolge herrscht in Zentralamerika bereits seit zwei Jahren eine schwere Dürre, durch die die Maisernte stark eingebrochen ist. Da Mais das wichtigste Nahrungsmittel der Region ist, fehlen Lebensmittel, um alle Menschen ausreichend zu versorgen. In Asien hat El Niño für eine Abschwächung des Monsunregens über Indien gesorgt, weshalb mit einer schweren Dürre zu rechnen ist, die die Nahrungsmittelsicherheit in Ostasien verschlechtert.


Schwerster El Niño seit 18 Jahren

Laut Oxfam sind in Äthiopien aufgrund einer schweren Dürre aktuell 4,5 Millionen Menschen auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen. El Niño, der in dieser Saison voraussichtlich so schwer ausfallen wird wie seit 1997/1998 nicht mehr, wird diese Situation noch verschlimmern, warnt Oxfam in seinem Bericht.

Auch in Malawi leiden rund drei Millionen Menschen Hunger, weil Niederschläge unregelmäßig ausfallen und einerseits Dürren, andererseits Überschwemmungen das Land überziehen. So fallen die Ernten gering aus und die Nahrungsmittelpreise steigen stark an.

Die britische Hilfsorganisation Christian Aid berichtete Ende September, dass im Jahr 2014 allein die Maisernte - wichtiges Nahrungsmittel für die Region - in Malawi um 30 Prozent gesunken sei. Dadurch stiegen die Preise für das Korn um 50 bis 100 Prozent an. Von schweren Überschwemmungen sind der Organisation zufolge 630.000 Menschen betroffen. Viele haben nicht nur ihre Häuser verloren, auch Nutztiere und Ernten sind den Fluten zum Opfer gefallen. Zudem bestehe die Gefahr, dass Wasserquellen kontaminiert werden.

"Die meisten der betroffenen Menschen in Malawi leben sowieso schon von nur einem US-Dollar pro Tag", sagte MacDuff Phiri vom regionalen Christian-Aid-Büro. "Nun wurde ihr gesamter Besitz einfach weggeschwemmt. Die Menschen wissen nicht, wie sie sich jetzt ernähren sollen." Um der Nahrungsmittelkrise in Malawi adäquat zu begegnen, fehlen aktuell 130 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern, so Christian Aid.


Warnung vor Tausenden Hungertoten

Die Entwicklungsorganisation Oxfam forderte die Regierungen der betroffenen Regionen genauso wie die internationale Gemeinschaft auf, sofort Hilfsmaßnahmen einzuleiten, aber auch präventive Maßnahmen, um noch nicht betroffene Regionen zu schützen. Sollte dies nicht geschehen, so die Organisation in ihrem Bericht, dann müsse mit schweren Folge der sich anbahnenden Dürre gerechnet werden. Oxfam erinnerte an den Tod von 260.000 Menschen am Horn von Afrika im Jahr 2011, als Hilfsmaßnahmen nicht schnell genug eingeleitet worden waren.

"Wenn Regierungen und internationale Organisationen jetzt aktiv werden - wie dies einige bereits tun - dann können humanitäre Krisen im kommenden Jahr noch verhindert werden", heißt es im Oxfam-Bericht. "Vorsicht ist besser als Nachsicht."

Die drohende Krise unterstreicht nach Ansicht der Entwicklungsorganisation auch die Notwendigkeit, auf dem UN-Klimagipfel Ende des Jahres in Paris ein ambitioniertes Abkommen gegen den Klimawandel zu verabschieden. "Der Erfolg von Paris wird sich daran messen, ob das Abkommen die Staaten auf ausreichend Klimaschutz einschwört, um die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen", sagte Marita Wiggerthale, Agrarexpertin von Oxfam Deutschland. Zudem müssten sich die reichen Länder dazu verpflichten, die armen Länder angemessen bei der Anpassung an die klimatischen Veränderungen finanziell zu unterstützen. "Dass dies gelingt, ist alles andere als sicher. Keines der Industrieländer, auch nicht Deutschland, ist bereit, seinen fairen Beitrag zum globalen Klimaschutz zu leisten. Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit nötig."

Wissenschaftler sagen voraus, dass besonders intensive El Niños wegen des Klimawandels zweimal häufiger als in der Vergangenheit auftreten könnten. Hinzu kommt, dass die Wetterentwicklungen des El Niño wegen des Klimawandels schwerer vorherzusagen sind. Die letzten Mega-El-Niños gab es in den Jahren 1972/1973, 1982/1983 und 1997/1998. Doch auch danach ist das Wetterphänomen aufgetreten: in den Jahren 2002/2003, 2004/2005, 2006/2007 und 2009/2010. Laut der US-amerikanischen Wetterbehörde NOAA war das Jahr 2014 das heißeste Jahr seit Beginn der Messungen 1880. Das Jahr 2015 wird diesen Rekord vermutlich noch übertreffen. (Ende/IPS/jk/06.10.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/10/10-million-at-risk-of-hunger-due-to-climate-change-and-el-nino-oxfam-warns/

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IPS-Tagesdienst vom 6. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Oktober 2015

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