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LANDWIRTSCHAFT/1425: Management, Fütterung und Wirtschaftlichkeit von Weidegang (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 332 - April 2010
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Grasende Kühe sind am besten
Management, Fütterung und Wirtschaftlichkeit von Weidegang

Von Marcus Nürnberger


Weidegang war durchweg wirtschaftlicher: Zu dieser Einschätzung kam Dr. Leisen, Mitarbeiter der Landwirtschaftskammmer NRW, bei seinem Vortrag auf der Milchtagung Anfang März in Hardehausen. Vorgestellt hat er seine Untersuchungen zur Wirtschaftlichkeit von Weidegang in der Milchviehhaltung anhand von 160 ökologischen Milchviehbetrieben in Norddeutschland, den Niederlanden, Luxemburg und Belgien.

Das Ergebnis scheint überraschend. Gehen doch seit vielen Jahren die Entwicklungen der Milchviehhaltung in eine ganz andere Richtung. Ganzjährige Stallhaltung eventuell mit Laufhof. Standardisierte TMR Fütterung, bei der auf zwei, maximal drei unterschiedlichen Laktationsstadien und den damit veränderten Nährstoffbedarf eingegangen wird. Weidegang gibt es allenfalls für die Trockensteher. Der Vorteil dieser sehr gut zu kontrollierenden Fütterung ist, dass sich der Pansen der Kuh nie auf unterschiedliche Nährstoffzusammensetzungen des Futters einstellen muss.


Aufwendigeres Management

Gerade im Frühjahr, nach einer langen Stallperiode ist eine Umstellung und damit eventuell auch eine zeitweise schlechtere Nährstoffversorgung nicht ausgeschlossen. Bei Hochleistungstieren, die sowieso nur mittels großer Kraftfuttergaben nicht wiederkäuergerecht versorgt werden können, machen derartige Umstellungen große Probleme. Kühe sind Wiederkäuer und, wenn sie nicht einseitig auf Leistung gezüchtet werden, optimal an eine Futteraufnahme auf der Weide angepasst.

Allein mit "Tore-auf-und-raus" ist es nicht getan. Die Wachstumsstadien der Weide müssen genau beobachtet werden. Vor allem im Frühjahr, der Zeit mit den größten Zuwächsen, gilt es die Weidegröße und -dauer genau anzupassen, damit der Bestand nicht überständig wird. "Es ist besser, das Maul wartet auf das Gras, als das Gras auf das Maul." Bei wenig Aufwuchs ist gleichzeitig sichergestellt, dass die Kühe das relativ wenige Futter gut einspeicheln und sich der Pansen mit seinen Bakterien auf das neue, frische Futter einstellen kann. Gleichzeitig wird vermieden, dass größere Mengen an Weideresten stehen bleiben. Nur wenn es gelingt, den Weiderest gering zu halten, können die Flächen effektiv genutzt werden. Bei 70 Prozent im Vergleich zu 10 Prozent Weiderest im Herbst wurde schätzungsweise 25 bis 30 Prozent weniger Futter genutzt, entsprechend benötigt der Betrieb 33 bis 43 Prozent mehr Fläche.

Durch den Weidegang verändert sich die Futterration deutlich. Insbesondere die hohen Energiegehalte des jungen Aufwuchs reduzieren den Einfluss zusätzlicher Kraftfuttergaben und machen sie zumindest in Teilen überflüssig. Dr. Leisen kommt zu dem Schluss, dass sich in Betrieben mit viel Weidegang eine besondere Weidegenetik herausbildet. Das Leistungsniveau der Kühe liegt zwar niedriger, aber dafür steigt der Deckungsbeitrag. Eingespart wird neben der teuren Fütterungstechnik vor allem Kraftfutter. Die Tiergesundheit steigt, ebenso die Milchqualität.


Wichtige Standortbedingungen

Ein vermehrter Weideaustrieb stellt aber auch Bedingungen an die Betriebsstruktur, die Böden, Klima und Niederschläge. Insbesondere feuchte, schwere Böden, die im Frühjahr nicht abtrocknen, sind schlecht geeignet, da sie einem frühzeitigen Weideaustrieb entgegenstehen. Auch eine ausgeprägte Trockenperiode im Frühsommer, Sommer mit den resultierenden geringen Zuwächsen ist problematisch. Für viele Betriebe wird aber entscheidend sein, ob genügend Weideflächen in unmittelbarer Nähe zum Hof vorhanden sind.


Wirtschaftlichkeit von Weidegang

Auch in anderen Regionen unter konventionellen Bedingungen ist Weidehaltung die wirtschaftlichere Alternative. In den Niederlanden: bei Betrieben mit 55, aber auch mit 110 Kühen und in den USA: bei Betrieben mit 70, aber auch mit 450 Kühen, obwohl die Leistung um 20 bis 30 Prozent geringer war. Wird der Termin der Kalbung im Frühjahr mit der höchsten Produktivität der Kurzrasenweide synchronisiert wie in der Schweiz und Neuseeland, erlangt man die höchste Flächenproduktivität.

Auch vor dem Hintergrund, dass der Qualität eine immer größere Bedeutung zukommt, bietet die Weidehaltung Vorteile. Die Inhaltsstoffe der Milch verändern sich messbar. Vor allem der Anteil an Omega3-Fettsäuren steigt deutlich an.


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 332 - April 2010, S. 6
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Mai 2010