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LANDWIRTSCHAFT/1613: Auf Leguminosen muss man sich einlassen (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 377 - Mai 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Auf Leguminosen muss man sich einlassen
Bei genauer Betrachtung kann auch ein Anbau ohne Dünger und Pestizide sehr positiv sein

von Christoph Dahlmann



Die Diskussionen um das Greening und dessen inhaltliche Ausgestaltung ebben nicht ab. Einsatz von Pflanzenschutzmittel (PSM) und Dünger auf ökologischen Vorrangflächen: Ja oder Nein? Werden Zwischenfrüchte zugelassen und überhaupt: Welcher Gewichtungsfaktor kommt für die jeweiligen Nutzungsoptionen in Frage? Da ist noch viel Musik drin. In den landwirtschaftlichen Mainstream-Medien werden in der Regel nur die angeblichen Kosten des Greenings berechnet. Zehn bis hundert Euro je Hektar wusste die top agrar in ihrer letzten Ausgabe zu berichten. Seitdem hat sich einiges geändert. Der sogenannte Gewichtungsfaktor für Leguminosen beträgt statt 0,3 nun 0,7. Das bedeutet, wenn ein 100 Hektar Ackerbaubetrieb über Ackerbohne, Erbse oder Klee seine fünf Prozent ökologische Vorrangfläche bedienen möchte, wird er dafür etwas mehr als sieben Hektar dieser stickstoffsammelnden Arten anbauen. Wie sieht es für konventionelle Betriebe aus, die sich mit der Option Leguminosenanbau auseinandersetzen, aber vor der möglichen Einschränkung des Nicht-Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und Düngern zurückschrecken?


Welche Leguminose?

Hier ist sicherlich eine Unterscheidung zwischen dem Anbau von Körnerleguminosen, wie Ackerbohne & Co, und den Feinleguminosen, wie Klee und Luzerne, für den Feldfutterbau angebracht. Für letztere spielen Pflanzenschutzmittel gar keine ertragsrelevante Rolle. Stickstoffdünger sind eher kontraproduktiv. Schwefel, dem man als Düngemittel noch am ehesten eine positive Ertragswirksamkeit zuschreiben könnte, erzielt im Ökolandbau nur in bestimmten Jahren einen positiven Effekt. Bei den in der Regel höher versorgten konventionellen Böden wird dies noch seltener der Fall sein. Auch wirtschaftlich sind die Feinleguminosen für konventionelle Betriebe im Vergleich zum Maisanbau interessant, da sie ein wertvolles, rohproteinreiches Futter liefern und nachfolgende Kulturen Vorfruchteffekte nutzen können. Betriebe mit geringer bis mittlerer Betriebsmittelintensität können darüber hinaus die sehr guten Vorfruchteffekte für die nachfolgenden Kulturen nutzen. Bei den Körnerleguminosen sieht dies anders aus. Erhebungen aus dem Leguminosen-Monitoring bezüglich der Erträge von Ackerbohnen weisen im Schnitt der drei Jahre höhere Erträge von etwa 27 Prozent bei den konventionellen Ackerbohnen aus (siehe Grafik).


Erträge im Ackerbohnen-Monitoring, konventionell ökologisch 2011 bis 2013 in dt/ha


[Aus dem Säulendiagramm übertragene Daten:]

2011:
konventionell: 49
ökologisch:    33

2012:
konventionell: 54
ökologisch:    39

2013:
konventionell: 52
ökologisch:    41


Ertragsrelevante Parameter

Der Forschungs- und Wissensstand zu Leguminosen ist noch ausbaufähig. Nichtsdestotrotz sind in den zurückliegenden Jahren einige Punkte genauer betrachtet worden. So hat die Landwirtschaftskammer NRW in einer zehnjährigen Versuchsreihe die Ertragswirksamkeit von einer 40 kg/ha Schwefelgabe auf den Ackerbohnenertrag untersucht. Die Erträge waren über die Versuchsjahre um fünf Prozent höher als die ungedüngte Kontrollvariante. Des Themas Regulierung von Blattkrankheiten hat sich auch die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein angenommen. Sie untersuchte die Ertragswirksamkeit eines Fungizideinsatzes in Form von 1 l/ha Folicur während der Vollblüte und errechnete im Schnitt der vier Jahre Ertragsvorteile von 4 dt/ha bei einem allgemein hohen Ertragsniveau von etwa 60 dt/ha. Zu den Auswirkungen von Schädlingen, wie Blattläuse, Erbsenwickler und Bohnenkäfer, sind dem Autor keine vergleichbaren Studien bekannt. Verschwiegen werden soll an dieser Stelle aber nicht, dass es hier in einigen Jahren durchaus zu Ertragsausfällen kommen kann.


Ohne Spritze - Was nun?

In klassischen Markfruchtbetrieben oder flächenstarken Veredlungsbetrieben mit einer weiteren Fruchtfolge sollte die Integration einer Körnerleguminose aus Sicht der Beikrautregulierung kein Problem darstellen. Hier hat sich in der Regel eine an die Winterungen angepasste Ackerbegleitflora entwickelt. Eine Ackerbohne, zum Beispiel, muss aus phytosanitärer Sicht hier sicherlich als Auflockerung betrachtet werden und die konventionellen Betriebe werden das Beikraut mechanisch ebenso gut in Schach halten können, wie ihre ökologisch wirtschaftenden Kollegen. In Regionen mit hohen Maisanteilen, sprich einer Sommerung, wird dies anders aussehen. An diesen Standorten ist in der Regel mit einem hohen Beikrautdruck in Ackerbohne & Co zu rechnen. Hier ist in den meisten Fällen von einem Anbau einer Körnerleguminose ohne den Einsatz von PSM abzuraten. Sinnvoller ist bei diesen Betrieben die Integration eines Kleegrases oder - bei der Möglichkeit einer innerbetrieblichen Verwertung - der Gemengeanbau. Ein Anteil von 20 bis 40 Prozent der ursprünglichen Getreidemenge, zum Beispiel Sommergerste, wird mit einem Anteil von zum Beispiel 60 bis 90 Prozent der ursprünglichen Aussaatmenge Erbse gemischt und ausgesät. Das Getreide ist in der Jugendentwicklung schneller als die Leguminose und hat eine Beikraut unterdrückende Wirkung, die Leguminose übernimmt diese für die spätere Vegetationsphase. Zur mechanischen Beikrautregulierung kann gesagt werden, dass viele effektive und schlagkräftige Maschinen auf dem Markt sind, die sich gut in Maschinengemeinschaften nutzen lassen. Bei adäquater Auseinandersetzung mit Pflanze(n) und Technik lässt sich ein hoher Wirkungsgrad erzielen.


Beratung

Die sinnvolle Integration von Körnerleguminosen ohne Pflanzenschutzmitteleinsatz in konventionellen Betrieben wird dann interessant sein, wenn es eine ausreichende Auseinandersetzung mit den "neuen Kulturen" gibt. Ein Anbau so "nebenbei" wird nicht funktionieren. Wichtig bleibt, unabhängig von der Produktionsweise, die angemessene Bezahlung der wertvollen Rohproteinträger. Sollten die Leguminosen innerhalb der ökologischen Vorrangflächen eine relative Vorzüglichkeit erhalten, das heißt in erster Linie kein Zwischenfruchtanbau zulässig werden, fällt der Beratung, was den Anbau und die Verwertung angeht, eine wichtige Rolle zu. In diesem Zusammenhang bleibt zu hoffen, dass die Eiweißpflanzenstrategie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) so schnell wie möglich die Demonstrationsvorhaben für Ackerbohne und Erbse auf den Weg bringt.

Solange dies nicht der Fall ist, werden Eiweißfuttermittel-Projekte, wie die der AbL in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen (in Kooperation mit dem KÖN), vorerst einige Lücken schließen.


Fazit

Etwas, was großen Teilen der Landwirtschaft gänzlich abhandengekommen ist, ist das Denken in Kreisläufen, oder wenigstens in Zusammenhängen. Die Praxis, durch Austauschen einer Art eine andere ökonomisch adäquat zu ersetzen, wird nicht klappen. Für die ökologischen Vorrangflächen gibt es Optionen, die die bisher angebauten Arten nicht in gleicher Funktion substituieren. Aber das brauchen sie auch nicht. Sie sollen einen Weg in eine andere, ökologischere Praxis ebnen. Dabei sind die Möglichkeiten, die Leguminosen bieten, erheblich und je mehr die Intensität des Landbaus im Allgemeinen sinkt, desto lukrativer werden Erbse, Luzerne und Co.


Christoph Dahlmann, Projektleiter des NRW-AbL Projektes "Vom Acker in den Futtertrog"

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 377 - Mai 2014, S. 6
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2014