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LANDWIRTSCHAFT/1627: Greening aus Sicht der Leguminosen - Mehr Konsequenz bei Klee und Co (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Mehr Konsequenz bei Klee und Co
Eine Bewertung des Greenings aus Sicht der Leguminosen

Von Christoph Dahlmann



Europas Landwirte müssen sich auf neue Regeln für die EU-Agrarförderung einstellen", so titelten viele Zeitungen am 12. Oktober 2011, dem Tag als die EU-Kommission den Entwurf zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2014 vorstellte. Drei Jahre später wissen wir nun mehr. Ein zäher Prozess neigt sich dem Ende zu. Aber schauen wir noch mal kurz zurück aus dem Blickwinkel der Leguminosen. Der Bundesvorstand der AbL ist mit der Forderung in die Verhandlungen gegangen, die Direktzahlungen an 20 Prozent Leguminosen und maximal 50 Prozent einer Hauptkultur in der Fruchtfolge zum vollständigen Erhalt der Zahlungen zu koppeln. Ein ambitionierter Vorschlag - einfach und wirksam - ein Thema war gesetzt. Letzt endlich sind es keine 20 Prozent geworden - aber auch die "großen" Landwirtschaftsverbände kamen nicht mehr um die Leguminosen herum. So drängten am Ende sogar der Westfälisch-Lippische und der Rheinische Landwirtschaftsverband in einer gemeinsamen Presseerklärung an Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes Remmel, diesen dazu, alle heimischen Eiweißpflanzen im Rahmen des Greenings zuzulassen.

Möglichkeiten

Aber was wird denn nun zugelassen? Auf den fünf Prozent Ökologischen Vorrangflächen gibt es Artenlisten für den Hauptfrucht- und Zwischenfruchtanbau (mehr dazu unter www.Vom-Acker-in-den-Futtertrog.de). Die Unterscheidungen liegen darin, dass auf den Hauptkulturflächen eine Ernte generell zugelassen ist, natürlich ein längeres Zeitfenster gilt und dementsprechend der Gewichtungsfaktor mit 0,7 höher ist als bei Zwischenfrüchten mit 0,3. Das heißt zur Anerkennung von 1 Hektar Ökologischen Vorrangflächen muss man etwa 1,4 Hektar Hauptfruchtleguminosen anbauen oder 3,3 Hektar Zwischenfruchtleguminosen. Was für die Praxis von Bedeutung sein dürfte ist die Tatsache, dass bei den Leguminosen für den Hauptfruchtanbau zwar Mischungen zugelassen sind, aber da die Artenliste keine Gräser beinhaltet Gemenge für den Feldfutterbau wie Klee- und Luzernegrasgemenge nicht erlaubt sind. Dies ist sicherlich nicht nur aus Sicht der Milchviehbetriebe bedauerlich, die hier auf eine nahrhafte Rohproteinquelle gehofft hatten, sondern hätte auch einen großen Beitrag zu einer besseren Bodenfruchtbarkeit geleistet. Luzerne und Rotklee-Reinsaat-Bestände werden sicherlich aufgrund ihrer schlechteren Siliereigenschaft nicht so häufig zum Anbau kommen. Bei den Leguminosen für den Zwischenfruchtanbau sind Mischungen aus mindestens zwei Arten dagegen vorgeschrieben. Eine Nutzung im Antragsjahr ist mit Schafen und Ziegen erlaubt, Rinder dagegen sind nicht zulässig. Inwieweit es zu Nutzungsoptionen im Folgejahr kommen kann, die Zwischenfrucht darf nicht vor dem 15. Februar umgebrochen werden, ist noch nicht abschließend geklärt.

Agrarumweltmaßnahmen

Interessant sind die Möglichkeiten des Anbaus von Leguminosen und Leguminosengemengen im Rahmen der Agrarumweltmaßnahme "Anbau vielfältiger Kulturen im Ackerbau". Alle Länder haben die Möglichkeit solche Programme, die einen Mindestumfang von zehn Prozent Leguminosen beinhalten, anzubieten. Diese, von einigen Bundesländern schon seit längerer Zeit angebotene, Agrarumweltmaßnahme kann unter den neuen Förderkonditionen mit bis zu 125 Euro je Hektar Ackerfläche für viele Betriebe interessant sein. Dies haben auch die Bundesländer Schleswig-Holstein und Niedersachsen zu spüren bekommen, die diese Maßnahme das erste Mal angeboten haben und von dem Run aus der Praxis überrascht wurden. Dies und Planungsunsicherheiten aufgrund des noch laufenden Genehmigungsverfahrens seitens der EU, haben beide Bundesländer dazu veranlasst, die "Vielfältigen Kulturen im Ackerbau" erst einmal wieder auszusetzen. Eine Evaluierung und eine mögliche neue Antragsphase sind für das kommende Jahr vorgesehen. Das sind keine erfreulichen Nachrichten für die Ausdehnung des Leguminosenanbaus, da diese Maßnahme gerade in Kombination mit den Möglichkeiten auf den Ökologischen Vorrangflächen für die Praxis attraktiv sein dürfte. Die Leguminosen auf den Ökologischen Vorrangflächen und die innerhalb der "Vielfältigen Kulturen im Ackerbau" sind verrechenbar. Es wird in diesem Fall mit einem Abzug von 20 Euro je Hektar Ackerfläche bei den "Vielfältigen Kulturen im Ackerbau" gerechnet.

Bewertung

An dieser Stelle soll auf die verpassten Chancen und die unzähligen Verwässerungen von unterschiedlichen Interessensvertretungen nicht weiter eingegangen werden. Nur kurz sei erwähnt, dass WissenschaftlerInnen des von Thünen Institut keinen nennenswerten Zusatznutzen für die Bereiche Biodiversität, Gewässer- und Klimaschutz erwarten und das Greening "Ein grünes Deckmäntelchen" nennen. Für die Praxis wird unter den genannten Möglichkeiten von unterschiedlichen Stellen ein enormer Anstieg des Leguminosen- besonders des Körnerleguminosenanbaus prophezeit. Von einer Verdreifachung der Anbaufläche ist im Sommer dieses Jahres auf einer Ackerbaufachtagung des DBV die Rede gewesen. Dies kann durchaus bezweifelt werden, da die höchste Attraktivität zum Anbau von Leguminosen aufgrund der EU-Agrarreform wohl nur in Kombination von Greeningumsetzungen und der Agrarumweltmaßnahme "Vielfältige Kulturen im Ackerbau" gegeben ist. Es gibt neben den agrarpolitischen Förderbedingungen sicherlich genügend Gründe, Arten aus der Familie der Hülsenfrüchte anzubauen. Ergebnisse von "Vom Acker in den Futtertrog", und anderen Projekten weisen daraufhin. Aber um die Leguminosen in die alltägliche Praxis zu integrieren, bedarf es konsequenterer Umsetzungen, als das was bisher politisch bewegt wurde. Besonders die vielen Möglichkeiten auf den Ökologischen Vorrangflächen ohne Leguminosen und der Rückzug der "Vielfältigen Kulturen im Ackerbau" in einigen Bundesländern werden die Ausdehnung der legumen Anbaufläche moderat halten. Für eine wirkungsvolle und dauerhafte Anbauausdehnung braucht es ein breites Bündel an flankierenden Aktivitäten in den Bereichen Pflanzenbau, Züchtung, Erfassung, Vermarktung und Verwertung. Hier müssen die jeweiligen Bundesländer und der Bund nachbessern, um den Weg in eine zukunftsfähige und gentechnikfreie Eiweißfuttermittelerzeugung aus nachhaltigen Quellen zu ebnen.


Christoph Dahlmann, AbL-NRW "Vom Acker in den Futtertrog"

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014, S. 3
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. November 2014