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ASYL/1051: Keine Kollaboration mit Sudan zur Flüchtlingsabwehr (Flüchtlingsrat Niedersachsen)


Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. - Pressemitteilung vom 15. März 2016

Keine Kollaboration mit Sudan zur Flüchtlingsabwehr

Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. fordert konsequente Anerkennung der Schutzgründe von Sudanes_innen in Deutschland und lehnt jede weitere Zusammenarbeit im Rahmen des Khartoum-Prozesses ab


Vor dem Hintergrund der heutigen bilateralen Gespräche von Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinem sudanesischen Kollegen Ibrahim Ghandour in Berlin kritisiert der Flüchtlingsrat Niedersachsen in scharfen Worten die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit dem Sudan im sog. Khartoum-Prozess. Im Rahmen dieses Prozesses geht es vor allem um die Bekämpfung von "irregulärer Migration", Menschenhandel und der sog. "Schleusung" von Flüchtlingen und Migrant_innen mit dem Ziel, Schutzsuchende vor der Überfahrt nach Europa abzuhalten. "Mit einem verbrecherischen Regime darf es keine Zusammenarbeit zur Fluchtabwehr geben", so Sigmar Walbrecht, Referent des Flüchtlingsrats. "Stattdessen brauchen wir Kontingente, um dringend Schutzbedürftige direkt aus Sudan und auch aus Südsudan aufzunehmen, um ihnen die gefährliche Flucht zu ersparen."

Die bereinigte Schutzquote für das Herkunftsland Sudan lag 2015 bei 74,5 %, was verdeutlicht, dass sudanesische Schutzsuchende zu einem hohen Prozentsatz in Deutschland anerkannt werden und Teilhabemöglichkeiten von Anfang an genießen sollten. Von diesen sind sie aber während der Dauer des Asylverfahrens weitgehend ausgeschlossen. So haben sie während des Asylverfahrens etwa keinen Zugang zu den Integrationskursen, anders als Personen aus Syrien oder Eritrea. Auch profitieren Sudanes_innen bisher nicht von den vielfach angekündigten Verfahrensbeschleunigungen. So dauerte es im 3. Quartal 2015 bei inhaltlich geprüften Asylverfahren durchschnittlich 16,6 Monate bis zu einer Erstentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. Kommt es anschließend zu Klageverfahren vor den Verwaltungsgerichten, kann sich die Verfahrensdauer auf mehrere Jahre verlängern. Sudanesische Schutzsuchende sind zudem häufig von Dublin-Verfahren betroffen, mit denen pauschal die Zuständigkeit eines anderen europäischen Staates festgelegt wird. Die vergangenen Monate und Jahre haben gezeigt, dass das Dublin-System nicht funktioniert und die davon Betroffenen häufig menschenrechtswidrigen Bedingungen zB in Italien oder Ungarn aussetzt. Sudanesische Schutzsuchende protestieren unter anderem im Protestcamp am Weißekreuzplatz in Hannover für ihre Belange.


Hintergrund:

Am Dienstag, den 15. März 2015 empfängt Außenminister Frank-Walter Steinmeier seinen Amtskollegen aus der Republik Sudan, Ibrahim Ghandour, zu einem Gespräch im Auswärtigen Amt.

Gegen den sudanesischen Staatspräsidenten al-Baschir besteht seitens des Internationalen Strafgerichtshofes ein Haftbefehl wegen Völkermordes, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen.

Nach dem EASY-Verteilungssystem werden Schutzgesuche von Sudanes_innen bundesweit vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ausschließlich in Niedersachsen bearbeitet, an den Standorten Braunschweig und Bramsche.


Informationen zum Khartoum-Prozess:
http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/khartoum_erklaerung_wie_europa_fluechtlinge_aus_afrika_abwehren_moechte/
http://www.proasyl.de/de/news/detail/news/pakt_mit_despoten_fluchtverhinderung_um_jeden_preis/

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Quelle:
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Röpkestr. 12, 30173 Hannover
Mo-Fr: 10.00 bis 12.30, Di+Do: 14.00 bis 16.00
Telefon: 0511/98 24 60 30, Fax: 0511/98 24 60 31
E-Mail: nds@nds-fluerat.org
Internet: www.nds-fluerat.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. März 2016

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