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ASYL/1056: Integrationsgesetz der Bundesregierung fördert Desintegration (Pro Asyl)


Pro Asyl - Presseerklärung vom 14. April 2016

Integrationsgesetz der Bundesregierung fördert Desintegration


Das geplante Integrationsgesetz der Bundesregierung stößt bei PRO ASYL auf Kritik: "Die Bundesregierung plant ein Desintegrationsgesetz. Es gibt ein Angebotsdefizit der Bundesregierung, nicht einen Integrationsunwillen der Flüchtlinge", so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

Ein Integrationsgesetz, das Sanktionen vorsieht, fördert entgegen aller Fakten das Vorurteil, Flüchtlinge wollten sich nicht integrieren. Entscheidend für die Integration sind Spracherwerb und vor allem der Aufenthaltsstatus. Genau das wird ihnen jedoch oft jahrelang verweigert. "Die Integrationshürde ist die verfehlte Politik des Innenministeriums".

Auf entschiedene Ablehnung stößt auch das Vorhaben, Flüchtlinge zu zwingen, auch nach der Anerkennung an einem ihnen zufällig zugewiesenen Wohnort zu bleiben. "Jobs findet man aus der Nähe, durch Netzwerke und direkte Kontakte. Die Wohnsitzauflage für Anerkannte wird sie in die soziale Abhängigkeit treiben und desintegrativ wirken", kritisiert Burkhardt.


Unerledigte Asylanträge

Die hohe Zahl der noch nicht bearbeiteten Asylanträge erfordert politisches Handeln. Ende März gab es knapp 410.000 anhängige Verfahren. Dazu kommen noch die ca. 300.000-400.000 noch nicht im Asylverfahren befindlichen Personen. PRO ASYL geht dementsprechend von einem Rückstand von mehr als 700.000 Asylverfahren aus. Das verdeutlicht auch die Dringlichkeit einer Altfallregelung, damit die Zahl der mehr als ein Jahr anhängigen Verfahren nicht noch weiter wächst. Gegenwärtig gibt es mehr als 90.000 Altfälle, die länger als ein Jahr nicht entschieden wurden. In diesen Fällen sollte eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Afghanen warten beispielsweise 20,5 Monate auf einen Bescheid, bei somalischen Flüchtlingen sind es sogar 23 Monate (Bundestag Drucksache 18/7625, S.23). Bei beiden Gruppen liegt die Anerkennungsquote jedoch bei 78% und mehr (Afghanen 78%, Somalis 82%). Während dieser Zeit haben sie keinen Anspruch auf Teilnahme an Integrationskursen.


Mangelnde Integrationsangebote

Die Zahlen des BMI offenbaren: 2016 wurden bis Ende März 95.000 Flüchtlinge bzw. Schutzbedürftige anerkannt. 2015 waren es rund 141.000. Bisher sind schon mehr als 230.000 berechtigt, an Integrationsmaßnahmen teilzunehmen. Mehrere Hunderttausend Asylanträge sind noch nicht bearbeitet. Bei einer Anerkennungsquote von ca. 60% ist bei Abarbeitung der Altfälle dementsprechend mit einem weit höheren Bedarf zu rechnen, als mit den 300.000 Plätzen, mit denen das BMI bei Integrationskursen kalkuliert. PRO ASYL schätzt, dass die Haushaltsmittel des Bundes hierfür mehr als verdoppelt werden müssten.

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Quelle:
Pro Asyl - Presseerklärung vom 14. April 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2016

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