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ASYL/1075: Pro Asyl fordert erneuten Rücküberstellungsstopp nach Griechenland (Pro Asyl)


Pro Asyl - Presseerklärung vom 30. Juni 2016

PRO ASYL fordert erneuten Rücküberstellungsstopp nach Griechenland

Rücküberstellungen nach Griechenland menschenrechtlich inakzeptabel


Heute läuft der Erlass des Bundesinnenministeriums aus, der Rücküberstellungen von Asylsuchenden nach Griechenland, die unter die Dublin-III-Verordnung fallen, untersagt. PRO ASYL fordert das Bundesinnenministerium auf, einen neuen, langfristigen Überstellungsstopp zu erlassen. Nur noch halbjährliche Erlasse verunsichern Schutzsuchende und sind angesichts der Lage in Griechenland abstrus. Dass noch am Tag des Fristablaufs nicht klar ist, ob der Überstellungsstopp verlängert wird, belastet die Menschen zusätzlich.

Überstellungen nach Griechenland menschenrechtlich inakzeptabel Der Europäische Gerichtshof (EuGH) und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) haben in Griechenland systemische Mängel im Asylsystem festgestellt. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des EGMR sind Überstellungen nach Griechenland menschenrechtlich inakzeptabel. An dieser Lage hat sich bis heute nichts geändert.

Selbst die Europäische Kommission hat am 15. Juni 2016 eine Mitteilung herausgegeben, die die menschenwürdigen Zustände bestätigt. Die EU-Kommission plant, ab Dezember 2016 erneut Überstellungen nach Griechenland zu forcieren, obwohl sogar sie selbst eingestehen muss, dass es bislang kaum Fortschritte im griechischen Aufnahmesystem gibt. Griechenland verfüge weiterhin nicht über offene Aufnahmeeinrichtungen und entsprechende Aufnahmebedingungen. Der effektive Zugang zum Asylsystem bleibe den Schutzsuchenden verwehrt, ebenso sei ein Zugang zu unentgeltlicher Rechtsberatung in der Praxis nicht gegeben. Unzureichend seien auch die Aufnahmestrukturen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Vor diesem Hintergrund verbieten sich weiterhin Überstellungen nach Griechenland aus europarechtlichen und menschenrechtlichen Erwägungen.

Deutschland muss vereinbarte Aufnahme von 17.000 Schutzsuchenden einlösen!

Die Aufnahmesituation in Griechenland ist desolat. Seit der Schließung der Balkan-Route sitzen mehr als 50.000 Schutzsuchende in Griechenland fest. Der griechische Staat ist schlichtweg überfordert, ihnen eine menschenwürdige Aufnahme und Zugang zu einen funktionierenden Asylsystem zu garantieren. Erschwerend kommt hinzu, dass Deutschland seine Verpflichtungen aus dem 2015 vereinbarten Relocation-Programm für Schutzsuchende nicht erfüllt. Vereinbart war, dass Deutschland 17.000 Asylsuchende aufnimmt - tatsächlich überstellt wurden bislang gerade einmal 37, angesichts der desaströsen Lage für Flüchtlinge in Griechenland ein inakzeptables Verhalten. PRO ASYL fordert die Bundesregierung auf, endlich ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Auch die anderen europäischen Staaten verweigern weiterhin die Aufnahme von Flüchtlingen trotz vereinbarter Aufnahmezahlen. PRO ASYL fordert alle EU-Staaten auf, endlich ihrer Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen, nachzukommen.

Familieneinheit ermöglichen!

Familienangehörige sitzen in Griechenland fest, ohne Aussicht auf eine Familienzusammenführung, die ihnen laut Dublin-III-Verordnung zusteht. Eine Familienzusammenführung mit Angehörigen in Deutschland ist nur dann möglich, wenn die Schutzsuchenden in Griechenland von den Behörden registriert werden. Das ist faktisch nicht möglich. Schutzsuchende haben in Griechenland kaum eine Möglichkeit, sich bei den Behörden registrieren zu lassen und im Asylverfahren Verbindungen zu Familienangehörigen zu benennen. Ihr Recht auf Achtung des Familienlebens und ihr Anspruch auf Familienzusammenführung werden durch die ineffektiven behördlichen Praktiken untergraben. PRO ASYL fordert: Diese Praxis muss beendet werden, eine Registrierung und die Zusammenführung von Familien nach Dublin III muss ermöglicht werden!

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Quelle:
Pro Asyl - Presseerklärung vom 30. Juni 2016
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Telefon: +49 069 - 23 06 88, Fax: +49 069 - 23 06 50
E-Mail: proasyl@proasyl.de
Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2016

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