Schattenblick → INFOPOOL → POLITIK → FAKTEN


ASYL/1181: Sammelabschiebung über Norwegen nach Afghanistan (Flüchtlingsrat Hamburg)


Flüchtlingsrat Hamburg e.V. - Pressemitteilung 22.6.17

Sammelabschiebung über Norwegen nach Afghanistan und Somalia


Erneut hat die deutsche Regierung ihre Ignoranz bewiesen: Letzten Dienstag 13.6.2017 wurden zahlreicher Menschen aus Afghanistan und Somalia nach Norwegen abgeschoben.

Im gecharterten Flugzeug saßen über 30 Menschen, die vor Jahren aus Somalia und Afghanistan aufgebrochen waren, um in Europa Schutz zu finden. Darunter (Klein-)Kinder, ebenso wie alleinstehende Frauen. Die Menschen wurden in Norwegen nicht als Flüchtling anerkannt und haben dort auch keinen anderen Schutzstatus erhalten. Um der Abschiebung in ihre Herkunftsländer zu entgehen, entschlossen sie sich deshalb, weiter zu fliehen und kamen so nach Deutschland, stellten hier wiederum einen Asylantrag und wurden nach Mecklenburg-Vorpommern verteilt und in den Lagern "Horst" und "Stern Buchholz" untergebracht.

Ihre Asylanträge wurden in Deutschland als "unzulässig" abgelehnt, weil Norwegen nach der sogenannten "Dublin - Verordnung" zuständig für die Durchführung des Asylverfahrens sei. Da in Norwegen bereits ein Asylverfahren durchlaufen wurde, seien sie nach dieser Verordnung dorthin abzuschieben. (Die Dublin Verordnung ist die europaweite Regelung, nach der die Zuständigkeit für die Durchführung eines Asylverfahrens zwischen den Mitgliedstaaten verteilt wird.)

Einige der Betroffenen haben versucht, noch im Flugzeug gegen ihre Abschiebung Widerstand zu leisten, es kam zu Durchgriffen der Polizei, Menschen wurden mit Handschellen gefesselt. Dabei waren die im Flugzeug Festgehaltenen vollkommen auf sich gestellt - keine Öffentlichkeit, die das Handeln der Polizei überwachen konnte, keine Unterstützer_innen, die sich einschalten konnten. Doch das schlimmste an dem ganzen Vorfall ist: Norwegen schiebt sowohl nach Afghanistan als auch nach Somalia ab. Tatsächlich befinden sich jetzt, eine Woche nachdem das Flugzeug aus Hamburg gestartet ist, ein Teil der Abgeschobenen in Afghanistan.

Die erfolgte Abschiebung aus Deutschland bedeutet deshalb nach erneutem Aufenthalt in Norwegen mittelbar die Abschiebung nach Somalia und nach Afghanistan. Und das geschieht, ohne, dass eine irgendwie geartete Öffentlichkeit Kenntnis davon nimmt. Was die Belastung, durch die Unterbringung in "Horst" oder "Stern Buchholz", die ständige Unsicherheit, die Angst vor der Abschiebung, die Festnahme und letztlich der Abschiebeflug bedeutet, lässt sich schwer erahnen. Viele derjenigen, die das über sich ergehen lassen müssen, sind schon traumatisiert, als sie in Deutschland ankommen. Viele sind erst 6 Jahre alt oder noch jünger, Frauen mussten auf ihrer Flucht sexualisierte Gewalt erleben, um dann in einer brutalen Abschiebemaschinerie wieder nach Somalia abgeschoben zu werden.

Die Abschiebung bedeutet ganz konkret die Gefährdung der Leben der Menschen. Und rechtlich kommt man dagegen hier nicht an: "Es ist Sache der Antragstellers, sich im zuständigen Mitgliedstaat Norwegen um Schutz vor Abschiebung nach Somalia zu bemühen" (so Verwaltungsgerichte - beispielhaft VG Düsseldorf). Ein Staat der abschieben will, schiebt ab und macht sich dafür die passenden Gesetze (das gleiche gilt übrigens für Schweden).

In der kommenden Woche, am Mittwoch den 28.6., will auch Deutschland abermals eine Sammelabschiebung nach Afghanistan erzwingen. Hierzu hat Pro Asyl heute am 22.6.2017 eine Presseerklärung herausgegeben: "Allen Fakten zum Trotz: Nächste Abschiebung nach Afghanistan geplant".

Wir fordern die menschenrechtsverletzenden Abschiebungen nach Somalia Afghanistan und überallhin sofort zu stoppen!

*

Quelle:
Flüchtlingsrat Hamburg e.V.
Nernstweg 32-34, 3. Stock, 22765 Hamburg
Telefon: (040) 43 15 87, Fax: (040) 430 44 90
Bürozeiten:
Mo. 10.30 - 14.30, Di. 17.00 - 19.00, Do. 15.00 - 19.00
E-Mail: info@fluechtlingsrat-hamburg.de
Internet: www.fluechtlingsrat-hamburg.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang