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ASYL/1185: Gerichtshof der Europäischen Union zu den Fristen im sogenannten Dublin-Verfahren (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 26. Juli 2017

Gerichtshof der Europäischen Union zu den Fristen im sogenannten Dublin-Verfahren

PRO ASYL: Engere Grenzen für das Behördenhandeln - mehr Klarheit für betroffene Asylsuchende


In einem zweiten Urteil vom heutigen Tage hat sich der EuGH mit den Fristen im Dublin-Verfahren beschäftigt und entschieden: Ein Asylsuchender kann sich vor Gericht darauf berufen, dass ein Mitgliedstaat, in dem er sich aufhält, dann für die Prüfung seines Asylantrags zuständig geworden ist, wenn die Frist von drei Monaten abgelaufen ist, innerhalb derer dieser einen anderen Mitgliedstaat um Aufnahme ersuchen konnte. Die Frist beginnt nicht erst dann zu laufen, wenn die Behörde von einem »förmlichen« Asylantrag ausgeht. Der EuGH entschied, dass es genügt, dass der zuständigen Behörde, also etwa dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, ein Schriftstück zugegangen ist, das die Schutzsuche bestätigt.

Mit seiner Entscheidung hat der EuGH die subjektiven Rechte von Asylsuchenden im Rahmen der Dublin-Verordnung bestätigt und einigen willkürlichen Behördenpraktiken einen Riegel vorgeschoben.

Der EuGH hatte die Rechtssache auch vor dem Hintergrund eines deutschen Falles zu entscheiden. Ein im September 2015 eingereister eritreischer Asylsuchender hatte bei seiner Meldung bei einer Behörde in Bayern um Asyl nachgesucht und eine entsprechende Bescheinigung erhalten. Mit großer Verspätung konnte er am 22. Juli 2016 einen förmlichen Asylantrag stellen. Erst am 19. August 2016 hatte das Bundesamt die italienischen Behörden ersucht, den Asylsuchenden gemäß der Dublin-III-Verordnung aufzunehmen und im November den Asylantrag wegen der Zuständigkeit Italiens abgelehnt.

Der EuGH hat nun klar zugunsten des Betroffenen und damit auch gegen die deutsche Auffassung entschieden, erst die vom Bundesamt als förmlich angesehene Asylantragstellung löse den Beginn der Frist aus. Das dürfte für eine nicht geringe Zahl von Asylsuchenden in Deutschland bedeutsam sein. Insbesondere in den Jahren 2015 und 2016 bestand in vielen Fällen zwischen dem Asylgesuch, der Ausstellung einer ersten Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender bis zur formellen Asylantragstellung ein langer zeitlicher Abstand. Betroffene, die bisher trotz dieser Tatsachen noch in ein anderes EU-Land überstellt werden sollen, dürften nun gute Chancen haben, dass über ihren Antrag in Deutschland entschieden werden muss. Für manche Betroffene gehen sehr lange Hängepartien damit zu Ende.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 26. Juli 2017
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juli 2017

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