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ASYL/721: UN-Kinderrechte nicht länger ignorieren (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 19. September 2011

Weltkindertag 2011
PRO ASYL: UN-Kinderrechte nicht länger ignorieren


Ein Jahr nach der Rücknahme der ausländerrechtlichen Vorbehalte zur UN-Kinderrechtskonvention verharrt die Bundesregierung im Stillstand. Obwohl die UN-Kinderrechte seit dem 15. Juli 2010 auch für hier lebende Flüchtlingskinder gelten, hat es die Bundesregierung bislang versäumt, die Benachteiligung von Flüchtlingskindern zu beseitigen. Der Handlungsbedarf zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention ist groß.

Noch immer werden Flüchtlingskinder schon mit 16 Jahren im Asylverfahren wie Erwachsene behandelt. Das widerspricht den Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention.

Deutschland verweigert rund 40.000 Kindern gleiche Rechte und ein menschenwürdiges Leben, da sie unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Nach diesem Sondergesetz bekommen die Hilfebedürftige im Vergleich zu Hartz-IV-Beziehenden um mehr als 35 Prozent reduzierte Leistungen. Für sechsjährige Kinder ist die Diskrepanz am größten: Sie erhalten derzeit monatlich Leistungen in Höhe von 132 Euro; das sind 47 Prozent weniger als der Regelsatz eines gleichaltrigen Kindes nach Hartz IV (251 Euro). Ausgegeben werden die Leistungen oft als "Sachleistungen" in Form von Essenspaketen, Altkleidern oder Gutscheinen. Den Familien wird damit Selbstbestimmung verweigert, die Kinder werden stigmatisiert.

Weiterhin müssen Flüchtlingskinder in vielen Regionen Deutschlands in Sammellagern und Gemeinschaftsunterkünften leben. Das bedeutet mangelhafte pädagogische Betreuung, fehlende Unterstützung und ungenügende medizinische und therapeutische Hilfe. Ausländerrechtliche Ausbildungsverbote, die die Behörden aussprechen können, zerstören die Zukunftschancen vieler hier lebender junger Menschen.

Flüchtlingskinder dürfen nicht länger als Kinder zweiter Klasse behandelt werden. Ihnen müssen alle Entwicklungschancen zuteil werden, die unsere Gesellschaft auch anderen Kindern bietet.

"Nach dem Signal der Rücknahme der Vorbehalte bleibt die Politik gefordert, daraus auch endlich die Konsequenzen zu ziehen: das Ende der institutionellen und gesetzlichen Diskriminierung von Flüchtlingskindern", sagte Heiko Kaufmann, Vorstandsmitglied von PRO ASYL.

Das Forum Menschenrechte, die National Coalition und PRO ASYL haben mit mehr als 50 Verbänden und Initiativen eine bundesweite Kampagne gestartet, die unter dem Titel "Jetzt erst Recht(e) für Flüchtlingskinder" eine vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention für alle in Deutschland lebenden Kinder fordert. Zusammen mit Campact wurden im Rahmen der Kampagne bereits 34.600 Unterschriften für die Forderung nach gleichen sozialen Rechten für Flüchtlingskinder gesammelt.


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 19. September 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. September 2011