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ASYL/732: Abschiebungsflug in den Kosovo - Startfreigabe der SPD (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 7. Dezember 2011

Frontex-Charter ins Elend

- Heute Sammelabschiebung von Düsseldorf nach Pristina
- Startfreigabe von der SPD


Heute, am 7. Dezember 2011, hebt ein von Frontex organisierter Abschiebeflug in Düsseldorf mit Ziel Pristina/Kosovo ab. Mehr als 70 Personen sind gebucht. Die meisten Buchungen haben diesmal nordrhein-westfälische Behörden vorgenommen - kurz vor Winterbeginn. Im letzten Jahr hatte Nordrhein-Westfalen angesichts der elenden Lage für Angehörige der Minderheiten, insbesondere Roma, Abschiebungen während des Winters ausgesetzt.

PRO ASYL hat sich in einem Schreiben an alle Innenminister im November dafür eingesetzt, keine Abschiebungen von Roma, Ägyptern und Ashkali in den Kosovo vorzunehmen. Hingewiesen wurde auf eine ganze Reihe von Berichten, die vielfältige Gefährdungen, schwierige Lebensbedingungen, fehlenden Zugang zu sozio-ökonomischen Rechten usw. darstellen. Besonders schlimm ergeht es abgeschobenen Kindern. Nach einer Studie vom August 2011 gingen im Untersuchungszeitraum weiterhin drei von vier schulpflichtigen Kindern nach der Abschiebung nicht zur Schule.

In Nordrhein-Westfalen hat das SPD-regierte Innenministerium mit einem kurzfristig anberaumten Fachgespräch am 29. November 2011 selbst die Starterlaubnis für die Abschiebungen vorbereitet. Von Seiten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge wurde dort schlichtweg behauptet, die kosovarische Regierungsstrategie für die Integration der Roma, Ashkali und Ägypter - die tatsächlich bislang das Papier nicht wert war, auf der sie steht - werde nunmehr "nach anfänglichen administrativen Schwierigkeiten" in die Praxis umgesetzt.

Das deutsche URA 2-Hilfsprojekt zur Unterstützungen von Rückkehrern in den Kosovo, so dessen Leiterin im Fachgespräch, könne für alle Personen adäquaten Wohnraum finden. Nichtregierungsorganisationen bezweifeln nach Recherchen weiterhin die Effizienz und Nachhaltigkeit der weitgehend befristeten Unterstützung.

Wie in der Vergangenheit ergänzen sich schlichte Behauptungen der kosovarischen Regierung und die Ankündigung einer schöneren Zukunft für Roma von Seiten des Bundesamtes. Dass allerdings der nordrhein-westfälische Innenminister das Fachgespräch einseitig interpretiert und schließlich jedes Problembewusstsein vermissen lässt, müsste im rot-grün regierten NRW eigentlich ein Politikum sein. Innenminister Jäger konstatiert zwar, dass sich die wirtschaftliche und soziale Lage der Minderheitenangehörigen bisher nicht wesentlich verbessert habe, sieht jedoch durch das URA 2-Projekt deutliche Fortschritte bei den Startbedingungen für Rückkehrer.

PRO ASYL sieht tatsächlich keine Anzeichen einer nachhaltigen Integration der Roma im Kosovo, was über die Abschaffung ihrer Diskriminierung hinaus eine Eingliederung in den schwierigen Arbeitsmarkt und Zugang zu sozialen Rechten voraussetzen würde.

Das Projekt URA2 bewegt sich seit jeher zwischen Flickschusterei mit Übergangsleistungen und Abschiebungslegitimation. Zum Winter fiel der Projektleiterin ein, was Innenminister Jäger dann beflissen referiert: "Holz zum Heizen könne man im Kosovo überall kaufen. Alternativ bestehe auch die Möglichkeit, bei der Gemeinde eine Genehmigung zum Holzsammeln einzuholen. Hieraus könne dann ggf. auch eine zusätzliche Erwerbsquelle entstehen."


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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 7. Dezember 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Dezember 2011