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ASYL/820: Menschenwürdige Aufnahme und Integration statt Ausgrenzung und Stigmatisierung (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 22. August 2013

Aufkeimende Asyldebatte im Wahlkampf:
PRO ASYL fordert: Rassismus entgegentreten, Flüchtlinge schützen

Menschenwürdige Aufnahme und Integration statt Ausgrenzung und Stigmatisierung



Anlässlich der rassistischen Proteste in Marzahn-Hellersdorf gegen die dort in einer Notunterkunft untergebrachten Asylsuchenden warnt PRO ASYL vor einer rassistisch aufgeladenen Debatte auf dem Rücken von Schutzsuchenden. "Das Problem sind nicht die Flüchtlinge, die Probleme heißen Rassismus, Stigmatisierung und Ausgrenzung ", so Günter Burkhardt, Geschäftsführer von PRO ASYL.

PRO ASYL begrüßt, dass sich inzwischen Politikerinnen und Politiker aller Bundestagsfraktionen für den Flüchtlingsschutz ausgesprochen haben. Auch Bundesinnenminister Friedrich ließ gegenüber dem Deutschlandfunk erklären, man bekenne sich uneingeschränkt zum Recht auf Asyl und zum Schutz vor Verfolgung. Den Vorschlag seines Fraktionskollegen Wolfgang Bosbach, es brauche einen "Krisengipfel" zu Asyl, da das "Thema nicht den Rechtspopulisten überlassen" werden dürfe, wies Friedrich zurück.

Angesichts der Debatten um Asylbewerberunterkünfte fordert PRO ASYL, Flüchtlingen endlich die ausgrenzende und stigmatisierende Unterbringung in Sammelunterkünften zu ersparen. Die staatliche Ausgrenzung durch Lagerunterbringung, Arbeitsverbote, Residenzpflicht und Sachleistungen verhindert die Integration von Schutzsuchenden und leistet damit rassistischen Vorurteilen Vorschub. PRO ASYL erwartet neben fairen und zügigen Asylverfahren ein Integrationskonzept für Flüchtlinge, das die Unterbringung in Wohnungen, den Zugang zu Deutsch- und Integrationskursen vorsieht.

Situation in den Hauptherkunftsländern

Ein Blick auf die Hauptherkunftsländer belegt, warum die bisherige, auf Abschreckung ausgelegte Asylpolitik nicht funktionieren kann. Die Asylsuchenden haben größtenteils nachvollziehbare und massive Fluchtgründe. In den nordkaukasischen Republiken der Russischen Föderation (Platz 1) kommt es fortlaufend zu schweren Menschenrechtsverletzungen. In Syrien (Platz 2) ist ein Ende des Bürgerkriegs, vor dem rund 2 Millionen Menschen ins Ausland geflohen sind, nicht in Sicht. Aus Afghanistan (Platz 3) und dem Irak (Platz 6) erreichen und täglich Nachrichten über Anschläge und Kämpfe. In Serbien (Platz 4) sind Roma und Angehörige anderer Minderheiten umfassender rassistischer Diskriminierung ausgesetzt, die häufig so weitreichend ist, dass den Betroffenen der Zugang zu sauberen Trinkwasser, zu medizinischer Versorgung, Wohnungen, Arbeit und Bildung verwehrt wird. Aus dem Iran (Platz 5) fliehen fortlaufend Menschen vor Unterdrückung und Menschenrechtsverletzungen durch das islamistische Regime.

Hohe Anerkennungsquote

Ein großer Teil der Asylsuchenden wird auch seitens des zuständigen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als schutzbedürftig anerkannt: Bei den im ersten Halbjahr 2013 durch das BAMF getroffenen Fallentscheidungen wurde bei über 40 Prozent ein Schutzstatus zuerkannt. Da ein Teil der Asylverfahren von Asylsuchenden mit hohen Anerkennungschancen derzeit auf die lange Bank geschoben werden, ist davon auszugehen, dass fast jeder zweite Asylsuchende in Deutschland Schutz erhält. Bereits die Tatsache, dass ein Großteil der Schutzsuchenden bleiben wird, legt die Schlussfolgerung nahe: Integration vom ersten Tag an ist sinnvoll - für die Flüchtlinge wie die deutsche Gesellschaft.

Unterkunftsproblematik ist hausgemacht - und lösbar

Die derzeitige Unterkunftsproblematik geht nicht einfach auf die gestiegenen Asylbewerberzahlen, sondern auf Planungsfehler der Behörden zurück, die sich bei der Planung der Aufnahmekapazitäten am historischen Tiefststand der Flüchtlingszahlen um das Jahr 2007 (19.164 Asylerstanträge) orientiert hatten. Auf den Anstieg der Flüchtlingszahlen haben Bund Länder und Kommunen zu spät reagiert. Der "Unterbringungsnotstand" ist hausgemacht - und damit eine lösbare Herausforderung.

Asylverfahren dauern zu lange

Die Asylverfahren dauern immer länger. Da die Asylsuchenden damit länger in Asylbewerberunterkünften bleiben müssen, verschärft dies das Unterkunftsproblem. Verantwortlich für die lange Dauer vieler Asylverfahren ist das Bundesinnenministerium. Als übergeordnete Behörde des BAMF muss es dafür sorgen, dass ausreichend Personal zur Verfügung steht, damit Asylgesuche fair und zeitnah geprüft werden können. Die durchschnittliche Verfahrensdauer ist in den letzten drei Quartalen von 3,6 Monaten auf neun Monate gestiegen. Da Asylgesuche aus Herkunftsstaaten mit angeblich geringen Anerkennungschancen in Schnellverfahren priorisiert werden, wird deshalb die Prüfung von Asylgesuchen mit relativ hohen Chancen auf Anerkennung immer wieder verschoben - mit Ausnahme der Asylgesuche aus Syrien, über die zeitnah entschieden wird (4,6 Monate im zweiten Quartal). Die durchschnittliche Asylverfahrensdauer bei anderen Herkunftsstaaten mit hohen Anerkennungschancen lag dagegen im zweiten Quartal 2013 bei weit über einem Jahr (Iran: 13,5 Monate; Afghanistan: 15,2 Monate; Pakistan: 15,9 Monate; Somalia: 18,8 Monate). Dies ist für die Betroffenen unerträglich.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 22. August 2013
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Internet: www.proasyl.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2013