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STANDPUNKT/001: Pro und Contra zur Nobelpreisvergabe an Obama (Haus Rissen)


HAUS RISSEN
Internationales Institut für Politik und Wirtschaft

Friedensnobelpreis für Barack Obama

Aktuelle Analyse vom 09.10.2009


Warum die Preisvergabe richtig ist

Von Patrick Rosenow


Die Bekanntgabe ist eine Überraschung. Barack Obama, der erst seit kurzer Zeit 44. Präsident der Vereinigten Staaten ist, wurde der Friedensnobelpreis für seine Anstrengungen zur Stärkung der internationalen Diplomatie und der Zusammenarbeit zwischen den Völkern zuerkannt.

Die Verkündung mag eine Überraschung sein, doch ist sie nicht unberechtigt. Seit neun Monaten stellt Obama die außenpolitische Reputation der Weltmacht USA konsequent wieder her: Die Gesprächsangebote an Iran und Nordkorea, um deren Atomprogramm unter internationale Beobachtung zu stellen, die neue Zusammenarbeit mit Russland, der Verzicht, Teile des Raketenabwehrsystems in Polen und Tschechien zu installieren und nicht zuletzt das Zugehen auf die Vereinten Nationen sind einschneidende Veränderungen, die auch das internationale politische Klima verändern. Besondere Höhepunkte waren die Reden Obamas am 5. April in Prag und am 4. Juni in Kairo. In Prag verkündete er seine Vision einer atomwaffenfreien Welt und in Kairo reichte er der islamischen Welt die Hand zum Frieden.

Der Präsident kann nun moralisch gestärkt den politischen Druck auf die Akteure der weltpolitischen Baustellen, die auch den Nahostkonflikt einschließen, glaubwürdig fortsetzen.

Die Preisverleihung stellt aber auch an Obama selbst hohe Forderungen: Die USA können es sich nun nicht mehr leisten die Post-Kyoto-Verhandlungen in Kopenhagen scheitern zu lassen. Dieser Verantwortung muss sich nun auch der US-Senat stellen, der bislang noch den innenpolitischen Widerstand gegen die Klimaverhandlungen führte.

Der Sache, die Probleme dieser Welt anzugehen, war die Preisverleihung dienlich. Sie erhöht den Druck überall, sowohl auf Seiten Amerikas, als auch auf Seiten der restlichen Welt, Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu finden.


Patrick Rosenow arbeitet seit November 2007 als Referent am HAUS RISSEN HAMBURG und beschäftigt sich mit Themen der Vereinten Nationen und der amerikanischen Innen-und Außenpolitik.


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Warum die Preisvergabe unklug ist

Von Tobias Bock


Die Entscheidung, Barack Obama bereits nach weniger als neun Monaten Amtszeit den Friedensnobelpreis zu verleihen, schwächt die außenpolitische Strategie Amerikas. Obama wird so vor den Staaten und Akteuren, die den USA und dem Westen feindlich gesonnen sind, als "Friedensengel" entwertet, bevor er überhaupt ein eigenständiges außenpolitisches Profil entwickeln kann.

Obama hat sich nach der Bush-Ära strategisch klug als "Versöhner" der Weltgemeinschaft inszeniert. Diese Rolle wird durch die Preisvergabe derart überstrapaziert, dass die USA kaum mehr glaubhaft versichern können, neben der Verteilung von Zuckerbrot auch den Griff zur Peitsche nicht zu scheuen. Der Verzicht auf das Raketenabwehrschild in Osteuropa sowie die zögernde Haltung gegenüber dem iranischen Atomprogramm erscheinen nun endgültig als Freibrief für Moskau und Teheran.

Besonderes Lob aus Oslo gab es für Obamas Vision einer "Welt ohne Atomwaffen". Selbst Frankreich und Russland kritisierten jedoch die amerikanische Entscheidung, vor den Vereinten Nationen auf die Präsentation weiterer Beweise für ein Fortschreiten des tatsächlich existierenden iranischen Atomprogramms zu verzichten, um Obamas "Image" und seine hehre Vision nicht zu beschädigen.

Auch innenpolitisch hat man Obama keinen Gefallen getan: Die Meßlatte für zukünftige Vorhaben liegt nun ungemein hoch, Steigerungen sind kaum mehr vorstellbar. Etwaige Rückschläge hingegen, wie z.B. eine verspätete Schließung Guantanamos, müssen nun als vernichtende Niederlage erscheinen.


Tobias Bock ist seit Mai 2009 Associate am HAUS RISSEN HAMBURG und dort mit verschiedenen Themen der transatlantischen Beziehungen und der amerikanischen Innen- und Außenpolitik befasst.


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Quelle:
Aktuelle Analyse Nr. 192 vom 09.10.2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Oktober 2009