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FRIEDEN/1022: Friedensscharade ... Katz- und Maus-Spiel mit Palästinensern (SB)



Obama ließe sich durch die "Uneinigkeit der Kontrahenten" nicht beirren, so die Einleitung eines Berichts des Deutschlandfunks über den Schritt des US-Präsidenten, den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und den palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas am Rand der UN-Generalversammlung in New York zu einem gemeinsamen Gespräch zu treffen. Die Diagnose, hier liege ein Fall bloßer "Uneinigkeit" zwischen zwei gleichberechtigten Konfliktparteien vor, kommt angesichts der israelischen Verweigerungshaltung grober Irreführung gleich.

Palästinenser fungieren in dieser Konstellation als Platzhalter der Verlierer, als ewig Unterlegene, die keine Stimme haben, wenn sie sie nicht gewaltsam erheben, um in einem solchen Fall als Terroristen kriminalisiert zu werden. Die israelische Regierung agiert aus der Position der Stärke heraus und hat mithin alle Zeit der Welt, die sie in dem Sinne zu nutzen weiß, daß sich nach Möglichkeit nichts am Status quo ändert.

Die von Netanjahu an die Palästinenser gestellten Forderungen, die Anerkennung ihres Rechts auf einen eigenen Staat von ihrer Anerkennung Israels als Staat seiner jüdischen Bürger abhängig zu machen - was bedeutete, daß sie das Rückkehrrecht ihrer Flüchtlinge endgültig aufgäben -, die Anerkennung Jerusalems als ungeteilte Hauptstadt Israels - sprich des Verzichts der Palästinenser auf ihre Hauptstadt Ostjerusalem -, die dauerhafte militärische Oberhoheit Israels über einen entmilitarisierten palästinensischen Staat - der Verzicht auf das hoheitliche Recht, den eigenen Staat gegen äußere Aggressoren zu verteidigen, und die damit verbundene Einwilligung in den Status der israelischen Streitkräfte als Wärter des eigenen Gefängnisses - dokumentieren, daß der sogenannte Friedensprozeß ganz im Sinne der überlegenen Seite verläuft.

Wenn der US-Präsident die geringfügige Forderung an die Adresse der israelischen Verbündeten, den bloßen Ausbau der israelischen Siedlungen auf palästinensischem Land zu stoppen, durchsetzte, könnte er dies als großen politischen Erfolg feiern. Dieser wiederum verlangte den Palästinensern ganz im Sinne der Unterstellung, daß der aktuelle Status quo die Ausgangslage für Verhandlungen ist und nicht etwa das Ergebnis eines bereits weitreichenden Prozesses der Abnutzung, in dem die israelische Seite permanent zu Lasten der Palästinenser expandiert ist, erhebliche Zugeständnisse ab. Sollten sie sich diesen verweigern, würden sie als Verweigerer des Friedens angeprangert.

Verschärft wird das krasse Mißverhältnis auf der Seite der Unterlegenen durch die weitgehend ausgeblendete Boykottierung der den Gazastreifen regierenden Hamas als Akteur in dem sogenannten Friedensprozeß. Um die Möglichkeit, in dieser ohnmächtigen Lage auch noch als Friedensfeinde und Terroristen diffamiert zu werden, auszuschließen, wäre eine offensivere Gangart sinnvoll. So müßte Abbas kategorisch erklären, daß es keinen Friedensprozeß und keine Chance auf ein Gespräch mit Netanjahu gibt, so lange dieser nicht auf den Ausgangspunkt der Anerkennung der palästinensischen Forderungen gemäß der geltenden UN-Resolutionen zurückgekehrt sei. Hier kommt die gelungene Aufspaltung der Palästinenser ins Spiel: Da Abbas sich zu Lasten der Hamas als alleiniger internationaler Repräsentant der Palästinenser hat aufbauen lassen, besitzt er für solche Schritte keinen Manövrierraum. Er ist weitreichend Marionette in der Hand eines US-Präsidenten, der im Zweifelsfall auf seinen strategischen Verbündeten Israel und dessen Sachwalter in den eigenen Reihen hört.

Wenn Obama sich mit Netanjahu und Abbas trifft, dann handelt es sich um ein Treffen von ausschließlich symbolischer Bedeutung ohne jeden substantiellen Gehalt im Rahmen eines symbolischen Friedensprozesses, der seine ganze Bedeutung aus der Abwesenheit aller Friedensoptionen zieht. Was immer Netanjahu Abbas anbietet, sind bestenfalls Handreichungen, mit denen dieser in den Abgrund der vollständigen Kapitulation gezogen werden soll. Wer in der Lage ist, ungestraft mit einem Massaker wie dem des Überfalls auf Gaza wegzukommen, obwohl er fortwährend gegen seine völkerrechtlichen Verpflichtungen verstößt, genießt ein solches Ausmaß an Protektion, daß eine recht-, land- und besitzlose Bevölkerung in diesem Gewaltverhältnis nur als Objekt weiterer Unterdrückung vorkommen kann.

20. September 2009