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HERRSCHAFT/1462: Mathematische Grundlage für Klimaschutz-Regime (SB)



Es besteht kein Zweifel daran, daß die wissenschaftliche Erfassung der Erderwärmung und der möglichen klimwandelverursachenden Faktoren allgemein als nützliche Methode anerkannt sind, mit der sich der Mensch die Chance wahrt, wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Insofern hat der Versuch einer internationalen Forschergruppe, eine präzise Verrechnungsgröße zwischen den Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) und der Erwärmung der Erde herzustellen, seine Berechtigung. Wie die Forscher aus Kanada und Großbritannien am 11. Juni im Wissenschaftsmagazin "Nature" schreiben, entspricht jede Tonne CO2-Emissionen, egal unter welchen Umständen sie erzeugt wurde, einem Temperaturanstieg um 0,0000000000015 Grad Celsius.

Ausgerechnet in dieser vermeintlichen Präzision liegt jedoch ein gefährliches Potential, die Dämpfung des Klimawandels allein als Forderung nach einer individueller Verhaltensänderung zu verbreiten. Ob die Datengrundlage, die zu diesem Verrechnungsfaktor geführt hat, plausibel ist oder nicht, könnte eines Tages keine Rolle mehr spielen, sollte der Wert allgemein anerkannt werden und als Vorwand, schuldhaftes Verhalten anprangern zu können, herhalten. Schon heute läuft parallel zu häufig halbherzigen Versuchen, der verbrauchsintensiven Industrie die Zügel anzulegen und effektive Kohlendioxideinsparungen vorzunehmen, eine höchst brisante Kampagne gegen das vermeintliche Fehlverhalten des Individuums. Diese gesellschaftliche Bewegung richtet sich sowohl gegen Fleischesser als auch gegen Übergewichtige. Beide Menschengruppen sind der ernsthaften Gefahr ausgesetzt, als Sündenböcke für den Klimawandel herhalten zu müssen.

Die neue "Nature"-Studie arbeitet künftigen Berechnungen zum ökologischen Fußabdruck eines Individuums und damit einer Schuldzuweisung in die Hände. Das könnte die Basis für ein bevorstehendes ökodiktatorisches Mangelregime bilden. Es wäre gewiß nicht das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, daß äußere Bedrohungen, wie es im aktuellen Fall der Klimawandel für die Weltgemeinschaft darstellt, zur Bezichtigung und Ausgrenzung von gesellschaftlichen Gruppen geführt hätte. Feindbilder zu erzeugen erfüllt den vorherrschenden Kräften eine wesentliche Funktion, mit der sie ihre gesellschaftlich privilegierte Position absichern.

Aber vielleicht kommt ja alles anders. Vielleicht hat der Vorsitzende des UN-Klimarats IPCC, Rajendra Pachauri, seinen Vorschlag, die Menschen sollten auf Fleischverzehr verzichten, um das Klima zu schützen, gar nicht so gemeint. Vielleicht haben die Forscher Phil Edwards und Ian Roberts von der London School of Hygiene and Tropical Medicine nur mal laut gedacht, als sie kürzlich im International Journal of Epidemiology behaupteten, daß übergewichtige Menschen eine ungünstigere "metabolische Rate" haben und das Klima übermäßig schadeten. Vielleicht hat die britische Regierung gar keinen Öko-Pranger mit der Wärmeabstrahlung von Häusern im Internet errichtet, so daß jedermann eine Grundlage hat, um einen Hausbesitzer aufzufordern, mehr Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen. Vielleicht täuscht der Eindruck, daß der vormals freiwillige Verzicht einer Person, durch ihre Lebensführung für möglichst wenig klimaschädliche Gase verantwortlich sein zu wollen, allmählich zur Forderung auswächst, sich gefälligst klimafreundlich zu verhalten.

14. Juni 2009