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RAUB/0895: Sozialkrise Kaliforniens ... ein Job für den Terminator (SB)



Arnold Schwarzeneggers Mutation vom Terminator zum Gubernator ähnelt der Mimikry eines professionellen Killers, der sein Handwerk nicht mehr in Kampfmontur, sondern im Anzug fortsetzt, um in seinem blutigen Treiben nicht behindert zu werden. Als Terminator tut sich der Gouverneur Kaliforniens gerne beim Abzeichnen von Todesurteilen hervor, ist das doch der direkteste Weg, um in den Augen der Bürger tough on crime zu wirken und die soziale Malaise an der Wurzel zu packen. Das Terminator-Image hat Schwarzenegger zum Amt des Regierungschefs des nach makroökonomischen Daten zehntgrößten Staates der Welt verholfen, und es hat sich seitdem in der sozialdarwinistischen Maxime seiner Politik fortgesetzt.

So ist er ein großer Verfechter des Three-Strikes-Law, das schon wegen kleiner Eigentumsdelikte verurteilten Straftätern zu 25 Jahren Mindesthaftstrafe verhilft. Bei einer Volksabstimmung, mit der die Hürde der Strafbarkeit höher gelegt werden sollte, warf Schwarzenegger seine ganze Popularität in die Waagschale derjenigen, die dieses Gesetz , das insbesondere unterprivilegierte Menschen zu Opfern einer sozialrassistischen Justiz macht, beibehalten wollten.

Schwarzeneggers Profil eines Mannes, der auf zupackende und tödliche Weise Probleme löst, hat den schwarzen Aktivisten Stanley "Tookie" Williams im Dezember 2005 das Leben gekostet. Der Gouverneur gab an, er habe ihn nicht begnadigt, weil er sich nicht für die vier Morde entschuldigte, deren Ausführung der Hingerichtete stets bestritten hatte. Weniger bekannt wurde, daß Schwarzenegger Williams' Gnadengesuch auch deshalb ablehnte, weil dieser sich in seinen 1998 erschienenen Memoiren mit dem Black-Panther-Aktivisten George Jackson solidarisch erklärt hatte. Der 1971 angeblich bei einem Fluchtversuch von weißen Wärtern in dem gleichen Gefängnis, in dem Williams hingerichtet wurde, hinterrücks erschossene Jackson ist als politischer Gefangener gestorben und gilt aufgrund seines antirassistischen Kampfes, der in dem Buch "Soledad Brother - In die Herzen ein Feuer" gewürdigt wird, heute noch als Vorbild schwarzer Aktivisten.

Mit diesem Mord verknüpft ist auch das Schicksal des politischen Gefangenen Ruchell Magee, der heute 70 Jahre alt ist und seit 46 Jahren ununterbrochen und meist in Einzelhaft im Gefängnis sitzt. Die Chance darauf, daß der einst zusammen mit Angela Davis wegen versuchter Gefangenenbefreiung angeklagte Magee von Gouverneur Arnold Schwarzenegger begnadigt wird, ist aufgrund dessen Aversion gegen die militante Emanzipation der Black Panther-Bewegung, die im Kalifornien der 60er und 70er Jahre besonders stark war, gleich null.

Doch auch bei weißen Gefangenen kennt der Terminator keine Gnade, ließ er doch das Gnadengesuch des 76jährigen Clarence Ray Allen, einem aufgrund seiner schlechten Gesundheit im Rollstuhl sitzenden blinden Greis, mit dem Argument, daß auch nach 23 Jahren in der Todeszelle die "Bösartigkeit seines Verbrechens" nicht geringer geworden sei, ununterzeichnet. Für seine Hinrichtung im Januar 2006 wurden eigens medizinische Vorkehrungen getroffen, mit denen verhindert wurde, daß der schwerkranke Delinquent dem Henker doch noch durch eigenmächtiges Sterben entkam.

Auch die allmähliche Verwandlung Kaliforniens in eine Gesellschaft mit Zonen unterschiedlicher Zutrittsrechte findet die Unterstützung des Gouverneurs. Sexualstraftäter werden dort nach Verbüßen ihrer Haftstrafe nicht nur dazu genötigt, lebenslang GPS-Geräte tragen, so daß ihr Aufenthaltsort permanent durch Satelliten überwacht werden kann. Sie unterliegen auch zahlreichen Bewegungseinschränkungen, die es für viele derart Vorbestrafte unmöglich macht, überhaupt noch eine Wohnung zu finden, die in einer von ihnen begehbaren Nachbarschaft liegt. Diskutiert wurde auch schon die dauerhafte Einweisung dieser Tätergruppe in ein Militärareal, sprich die Einrichtung eines Lagers für angeblich gefährliche Menschen. Bei dieser Gruppe von Straftätern handelt es sich jedoch keinesfalls nur um Vergewaltiger, sondern als Sexualdelikt gilt etwa auch der Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen, selbst wenn dieser mit beiderseitiger Einwilligung erfolgt. Schwarzenegger selbst wurde von diversen Frauen der sexuellen Belästigung bezichtigt, doch scheint dies sein Macho-Image eher beflügelt zu haben.

Nun hat Gouverneur Arnold Schwarzenegger angesichts der hohen Verschuldung Kaliforniens drastische Kürzungen der öffentlichen Ausgaben angekündigt. Dies soll zur Entlassung tausender Lehrer und öffentlicher Angestellter, zur Streichung der finanziellen Unterstützung sozial schwacher Studenten, zur Einstellung eines Programms, daß die medizinische Versorgung von 1,6 Millionen Kindern finanziert, und zur vollständigen Streichung der Sozialhilfe für besonders arme und bedürftige Menschen führen. Obwohl Kalifornien zu den wirtschaftlich stärksten Staaten der Welt gehört, soll für eine soziale Probleme lindernde staatliche Versorgung kein Geld mehr verfügbar gemacht werden.

Schwarzenegger folgt damit einer neoliberalen Haushaltsdoktrin, die ein ausgeglichenes Budget, das ohne Rücksicht auf Verluste erwirtschaftet wird, zum Ziel hat. Anstatt weitere Staatskredite aufzunehmen und dies mit höheren Abgaben der zahlreichen vermögenden Kalifornier zu finanzieren, werden bedürftige Menschen ihrem Schicksal überlassen. Bei dieser Entwicklung ergänzen sich harsche Repression und soziale Verelendung auf idealtypische Weise. Über die Klinge springen müssen diejenigen, die, wenn sie nicht mehr als Betriebsstoff kapitalistischer Prosperität verbraucht werden können, ihren Anspruch auf ein Leben unter Gleichen eingebüßt haben. Um eine solche Politik durchzusetzen, kann Schwarzenegger auch im Niedergang seiner Popularität noch einmal beweisen, daß es eines Terminators bedarf, um die Krise des Kapitalismus zu bewältigen.

5. Juni 2009