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KRIEG/1321: Amerikanische Helden retten amerikanischen Helden (SB)



Die Vereinigten Staaten verfügen nicht nur über den höchstentwickelten Militärapparat und damit das beste Argument für die Durchsetzung ihrer Politik, sie inszenieren ihre Scharaden auch weitaus pompöser und wirkungsvoller als der Rest der Welt. Während Fregatten der Bundesmarine aufgeregt vor dem Horn von Afrika kreuzen, ohne die Entführung deutscher Schiffe und ihrer Besatzungen verhindern zu können, und die Franzosen es nicht einmal fertigbringen, eine Segelyacht aus Piratenhand zu befreien, ohne den Schiffseigner über die Klinge springen zu lassen, erledigen Scharfschützen einer Spezialeinheit der US-Marine treffsicher drei Seeräuber und retten Kapitän Richard Phillips.

Da haben Helden Hochkonjunktur! War der 53jährige Kapitän des Frachters "Maersk Alabama" schon zuvor als solcher gefeiert worden, so zeigte sich Präsident Obama hocherfreut über dessen Befreiung, die er ja selbst angeordnet hatte. "Ich bin sehr glücklich, daß Kapitän Phillips gerettet ist. Sein Mut ist Vorbild für alle Amerikaner", verkündete der US-Präsident. Er sei "sehr stolz" auf die Anstrengungen des Militärs sowie vieler amerikanischer Behörden, die sich unermüdlich für die Freilassung eingesetzt hätten. Obama ein harter Hund, Amerikaner retten Amerikaner, den US-Spezialeinheiten kann eben keiner das Wasser reichen - wenn das nicht eine frohe Osterbotschaft für alle Welt war!

Nicht ganz so glücklich dürften die anderen gut 220 Seeleute sein, die sich derzeit samt mehr als einem Dutzend Schiffen in der Hand somalischer Piraten befinden. Letztere hatten bislang keinem ihrer Gefangenen ernsthaft ein Haar gekrümmt, da sie es ausschließlich auf Lösegeld abgesehen haben. Das könnte sich nun ändern. Unter den gekaperten Schiffen befindet sich auch die "Hansa Stavanger" mit fünf Deutschen an Bord. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes bemühe sich intensiv um eine Lösung des Falles, hieß es.

Wie Obama behauptete, habe die Sicherheit des Familienvaters Phillips bei der Aktion im Vordergrund gestanden. Das darf bezweifelt werden, da die Piraten tagelang Lösegeld gefordert hatten, was von US-amerikanischer Seite jedoch strikt abgelehnt wurde. Drei Piraten bei Seegang aus der Distanz gleichzeitig zu erschießen, ohne das Leben des Gefangenen zu gefährden, kann nur als reines Glücksspiel zu Lasten des Kapitäns bezeichnet werden.

US-Vizeadmiral William Gortney von dem in Bahrain ansässigen Zentralkommando der fünften Flotte der US-Marine gab die Erklärung zum besten, die Seeräuber hätten mit Kalaschnikows auf den gefangenen Kapitän gezielt, dessen Leben daher unmittelbar bedroht gewesen sei. Das ist zwar nicht auszuschließen, zumal man einem Abgesandter der Piraten zuvor an Bord der "USS Bainbridge" die Zahlung von Lösegeld verweigert hatte, andererseits nach Tagen gegenseitigen Belauerns aber letztlich nicht plausibler als irgendein anderer Zeitpunkt.

Kapitän Richard Phillips war von vornherein als Bauernopfer vorgesehen, und seine spektakuläre Rettung nur das Sahnehäubchen auf dem Propagandastreich, die Präsenz der US-Flotte vor der Küste Somalias mit einem Paukenschlag zu begründen und gleichzeitig zu verschleiern. Bezeichnenderweise wurde der glücklich Gerettete auf der "USS-Boxer" versorgt, der größten Einheit der US-Marine für Landeoperationen an feindlichen Küsten. Angesichts der jüngsten Entwicklung könnte die Gewalt in diesem Teil der Welt sprunghaft zunehmen, erklärte Vizeadmiral Gortney. Wem daran gelegen ist, dürfte nach der Heldentat auf hoher See keine Frage sein.

14. April 2009