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INTERVENTION/014: D. R. Kongo - UN-Eingreiftruppe erwartet, bisherige Friedensmaßnahmen reichen nicht aus (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 25. April 2013

D. R. Kongo: UN-Eingreiftruppe erwartet - Bisherige Friedensmaßnahmen reichen nicht aus

von Stanley Karombo


Bild: © William Lloyd-George/IPS

UN-Blauhelme im Hafen von Goma
Bild: © William Lloyd-George/IPS

Johannesburg, 25. April (IPS) - Kurz vor der Ankunft der ersten südafrikanischen Truppen in der Demokratischen Republik Kongo (DRC), die Ende April als Teil einer neuen UN-Eingreiftruppe erwartet werden, haben sich politische Beobachter positiv zu dem neuen Mandat der Weltorganisation in dem zentralafrikanischen Staat geäußert.

Ola Bello vom Südafrikanischen Institut für Internationale Beziehungen (SAIIA) ist der Ansicht, dass die Aufstockung der UN-Truppen in der DRC längst überfällig war. Am 28. März hatte der UN-Sicherheitsrat beschlossen, die bisherige Stabilisierungs- und Friedensmission in eine Interventionstruppe umzuwandeln. Die UN-Kerntruppe war zu zurückhaltend. Das wurde deutlich, als Rebellen Ende 2012 die Stadt Goma eroberten, sagte Bello.

Die Aufständischen von der Bewegung M23 zogen sich nach dem Einmarsch in Goma im Dezember nach einer Woche wieder aus der Stadt zurück. Nach UN-Angaben wurden durch den Konflikt mit den Rebellen mehr als 500.000 Menschen der Provinz Nord-Kivu im Osten des Landes vertrieben.

Der Sprecher der UN-Stabilisierungsmission MONUSCO, Madnodje Mounoubai, erklärte gegenüber dem von den Vereinten Nationen unterstützten Radiosender Okapi, dass die UN-Resolution der 3.069 Mann starken Brigade das Mandat erteilt habe, mehr als 40 bewaffnete Gruppen in dem Land zu neutralisieren. Dies werde mit oder ohne Beteiligung der kongolesischen Armee ab Anfang Mai geschehen.


Kritik an südafrikanischem Waffentransport durch Uganda

Die Nachbarstaaten Tansania, Mosambik und Südafrika werden Soldaten für die UN-Truppe in die DRC entsenden. Omar Kavota, der stellvertretende Vorsitzende der zivilgesellschaftlichen Plattform in Nord-Kivu, hält es hingegen für keine gute Idee, die südafrikanischen Waffen durch Uganda zu transportieren. UN-Experten beschuldigen Uganda und Ruanda, die M23-Rebellen zu unterstützen. Laut Radio Okapi wird die Waffenlieferung von der südafrikanischen Militärbasis Bloemfontein über Uganda in die DRC verschickt.

Bello gab wiederum zu bedenken, dass die südafrikanischen Truppen möglicherweise als pro-kongolesisch wahrgenommen werden könnten. Dies könnte als anti-ruandisch und anti-ugandisch missverstanden werden, warnte er. Sich auf eine Konfrontation mit der M23 einzulassen, sei zudem riskant, weil die Rebellenbewegung vorgebe, die Interessen der ethnischen Tutsi im Osten der DRC zu vertreten.

Südafrika und die anderen Staaten, die die zusätzlichen Kampftruppen stellen, müssen aufpassen, dass ihre Aktionen nicht als parteiisch innerhalb eines andauernden inneren Konflikts zwischen verschiedenen regionalen und ethnischen Gruppen angesehen werden, fügte Bello hinzu.

Die Rolle der Afrikanischen Union (AU) bei den friedenserhaltenden Maßnahmen auf dem Kontinent hat ebenfalls Fragen aufgeworfen. Wie Bello erklärte, ist die AU durch ihren Friedens- und Sicherheitsrat und die Afrikanische Friedens- und Sicherheitsarchitektur (APSA) theoretisch für die Aufrechterhaltung des Friedens in ganz Afrika zuständig. Die Ergebnisse fielen jedoch unterschiedlich aus, meinte er. In Somalia sei ein bescheidener Erfolg erzielt worden, während es etwa im sudanesischen Darfur Fehlschläge gegeben habe. Zudem sei die AU von der NATO im Libyen-Konflikt ausgegrenzt worden.

In der westsudanesischen Region Darfur war 2003 ein Bürgerkrieg ausgebrochen, der zum Tod von Zehntausenden Zivilisten führte. Drei Jahre später schlossen die Konfliktparteien mit Hilfe der AU und den Vereinten Nationen ein Friedensabkommen.

2011 stand die NATO Libyen während des Aufstands gegen den damaligen Diktator Muammar al Gaddafi mit bewaffneten Angriffen zur Seite. Die AU hatte dagegen auf eine friedliche Lösung der Rebellion hingearbeitet und die neue libysche Führung zunächst nicht anerkannt.

Nach Ansicht der SAIIA-Expertin Annie Chikwanha soll das diplomatische Vorgehen der AU den Mitgliedsstaaten die Chance geben, ihre Streitigkeiten selbst zu lösen. Erfahrungen in Ländern, in denen gewaltsame Konflikte ausgebrochen sind, haben allerdings gezeigt, dass diese ideale Lösung nicht zu den erwünschten Ergebnissen führt.


Handlungsspielraum der AU durch UN-Charta stark begrenzt

Ein energischeres, gemeinschaftlicheres und rascheres Vorgehen würde wahrscheinlich bessere und nachhaltigere Ergebnisse beim Schutz der Bürger vor ihren Führern erbringen, erklärte Chikwanha. Sie kritisierte, dass die Grenzen, die im Kapitel VIII von Artikel 53 der UN-Charta festgelegt seien, die AU in ihrer Handlungsfähigkeit stark einschränke. Demnach seien keine auf regionaler Ebene geplanten Durchsetzungsmaßnahmen ohne vorherige Genehmigung durch den UN-Sicherheitsrat zulässig.

Die AU erscheint daher meist erst dann auf der Bildfläche, wenn bereits viele Menschen getötet worden sind. Ihre diplomatischen Appelle erzielen zudem nie die erwünschte Wirkung, meinte Chikwanha.

Eldred Masunungure von der Universität von Simbabwe erklärte die verzögerte Reaktionszeit der AU damit, dass diese nicht in der Lage sei, auf die Schnelle eine Friedenstruppe aufbauen und entsenden zu können, um die Eskalation eines Konfliktes und den Tod von Zivilisten zu verhindern. (Ende/IPS/ck/2012)


Links:

http://www.un.org/en/sc/
http://www.un.org/en/peacekeeping/missions/monusco/
http://www.au.int/
http://www.ipsnews.net/2013/04/the-politics-of-peace-in-dr-congo/

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IPS-Tagesdienst vom 25. April 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. April 2013