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AFRIKA/1786: Malawi - Paladin beginnt umstrittenen Uranabbau (SB)


Baldiger Abbaubeginn in der Uranmine Kayelekera

Ökologische und soziale Probleme des Uranabbaus angeblich im Griff


Während Experten "peak uranium", das Ende des Nuklearzeitalters, noch für dieses Jahrhundert ankündigen, erwägen mehrere afrikanische Staaten den Bau von Kernkraftwerken. Auch eine Reihe von Industriestaaten und Schwellenländern trägt sich mit der Absicht, vermehrt Nuklearbrennstoff zur Energiegewinnung einzusetzen. Von diesem, bislang allerdings nur auf dem Papier stattfindenden Boom erhoffen sich wiederum die Staaten mit Uranvorkommen eine Stärkung ihrer Wirtschaft und somit mehr Wohlstand.

Insofern ist es der Regierung Malawis nicht zu verdenken, wenn sie die Uranvorkommen des Landes nutzen will und Abbaulizenzen an internationale Bergbaukonzerne vergibt. Ob allerdings Wirtschaftswachstum und Wohlstand tatsächlich eintreten, muß angesichts des Beispiels anderer uranexportierender Staaten in Frage gestellt werden. Welchen Nutzen haben die Einwohner von Niger und Namibia vom dortigen Uranabbau? Kann die Stärkung der Wirtschaft tatsächlich einem Zuwachs an allgemeiner Lebensqualität gleichgesetzt werden? Oder zeichnet sich nicht das ab, was häufig auch für andere Industrien gilt, nämlich daß die Exporteinnahmen nur der Regierung und wenigen Profiteuren in der Wirtschaft zugute kommen und daß ansonsten der allgemeingesellschaftliche Effekt darin besteht, daß die Bevölkerung aus den Abbauregionen vertrieben wird, daß ihre natürlichen Wasserquellen verschmutzt werden und daß Wind und Wetter Uranstaub, teils von den gewaltigen Abraummengen stammend, großflächig in der Region verteilen?

Die Regierung Malawis, die dem australischen Bergbaukonzern Paladin Africa Ltd. die Abbaurechte für eine Uranlagerstätte in Kayelekera, Bezirk Karonga, im Norden des südafrikanischen Binnenstaats gelegen, erteilt hat, behauptet, daß das Unternehmen die erforderlichen Umweltauflagen des Environmental Impact Assessment (EIA) erfüllen und Sozialstandards einhalten wird. Manche Nichtregierungsorganisationen wie die Catholic Commission for Peace and Justice (CCPJ), die vor einigen Jahren noch in Verbund mit anderen NGOs gegen die Erteilung einer Abbaulizenz opponiert hatten, wurden erfolgreich eingebunden. In diesem Jahr will der Bergbaukonzern seine Arbeit aufnehmen. Rund 90 Prozent aller Betriebsfunktionen sind bereit, teilte das Unternehmen im Januar in seinem Vierteljahresbericht an die Australian Stock Exchange mit. [1]

Im Tagebau will das Unternehmen bis zu 34,5 Millionen Tonnen Uran abbauen und die erwünschten Urananteile, die zu weniger als ein Prozent in dem Ausgangsmaterial Sandstein enthalten sind, mit Chemikalien herauswaschen. Der Betriebsteil, in dem Schwefelsäure hergestellt werden soll, steht bereits.

Der Strahlenforscher Martin Mkandawire hatte im Jahr 2006 in dem Bericht "The Kayelekera uranium mining activity: Economic benefit and environmental dangers" vor den Strahlenfolgen des Uranabbaus gewarnt. Offenbar fand er nicht genügend Gehör, und eine Koalition aus Nichtregierungsorgansationen hat seinen Widerstand gegen das Projekt aufgegeben, nachdem ihr eine Reihe von Zusagen gemacht wurden und die Überwachung der sozialen und der Umweltfolgen versprochen wurden. Außerdem hat das Projekt den Segen der Internationalen Atomenergieagentur (IAEA) erhalten.

Einige Teile des 2007 abgeschlossenen Vertrags zwischen Regierung und Unternehmen unterliegen der Geheimhaltung, selbst die malawische Opposition wurde der geforderte Einblick verweigert. Was bekannt ist und auch von Paladin selbst auf seiner Website mitgeteilt wird, zeigt die vorteilhaften Konditionen die das Unternehmen ausgehandelt hat. [2]

Demnach erstreckt sich die Lizenz auf 15 Jahre mit der Option auf Verlängerung um zehn Jahre. Paladin darf zunächst ein Gebiet von 55,5 Quadratkilometern bearbeiten, 15 Prozent der Einnahmen gehen an die Regierung. Die Körperschaftssteuer wurde von 30 auf 27,5 Prozent gesenkt, die Pachtsteuer wurde erlassen.

Angeblich wird Malawi jährlich über 100 Millionen Dollar aus dem Uranexport einnehmen. Das entspräche fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts und 20 Prozent der Exporteinnahmen. Abgesehen davon, daß es nicht das erste Mal wäre, wenn sich solche Projektionen als Schönfärberei erweisen, werden in einer volkswirtschaftlichen Gesamtbilanz nicht die Kosten der Umwelt- und Gesundheitsschäden eingerechnet. Man denke nur an die zig Milliarden Euro, die Deutschland für die Schadensbehebung und Renaturierung des ehemaligen ostdeutschen Uranabaus der Wismut ausgegeben hat. Malawi bleibt nach 15 Jahren eine verschandelte Landschaft, die zu betreten potentiell gesundheitsgefährdend ist.

800 Arbeitsplätze sollen während der Ausbau-, 280 weitere während der Betriebsphase entstehen. Auf das ökonomische Umfeld der Uranmine bezogen sollen indirekt weitere 1000 Jobs entstehen. Dafür gibt die Regierung jedoch 85 Prozent des Geschäfts aus der Hand und handelt sich eine Reihe sozialer Probleme ein. Wie die Beratungsfirma Knight Piesold Consulting im Jahr 2006 feststellte, besteht die Gefahr, daß der Bergbau die Prostitution anziehen und damit auch die HIV/AIDS-Rate ansteigen lassen wird.

Hierdurch ergeben sich Folgekosten, die ebenfalls nicht auf der Minusseite verbucht werden. Paladin hat zwar zugesagt, ein Gesundheitszentrum in der Nähe der Mine bauen zu wollen. Aber vor dem Hintergrund der Verbreitung von HIV/AIDS im südlichen Afrika ist der Bau von Gesundheitseinrichtungen mehr oder weniger ein fester Bestandteil betriebswirtschaftlicher Rechnungen. Das heißt, Paladin täte sich damit vor allem selbst einen Gefallen, um den Schwund an Arbeitern und Angestellten gering zu halten. Und angesichts der enormen Bauvorhaben, welche die Mine erfordert, fällt die Errichtung einer neuen Grund- und einer weiterführenden Schule, wie es ebenfalls versprochen wurde, nicht sonderlich ins Gewicht. Auch das gehört mittlerweile zum Pflichtprogramm, das internationale Konzerne gern bereit sind, aus ihrer Portokasse zu begleichen ...

Bekanntlich ist Papier geduldig, und so bleibt angesichts der leicht zu vereinbarenden, aber womöglich schwer einzuhaltenden Versprechungen - Paladin will sorgfältig darauf, daß die Minenarbeiter keiner zu hohen Strahlendosis ausgesetzt sind und daß das aus der Mine entweichende radioaktive Gas Radon zu keinen Gesundheitsschäden führt -, einige Skepsis hinsichtlich des Projekts. Ähnliche Verlautbarungen sind auch von Bergbaukonzernen beispielsweise in Namibia und Niger zu vernehmen, und dennoch werden dort die Gewässer kontaminiert und Menschen geschädigt. "Ich kann der Regierung, den Politikern und allen Malawiern nur raten, das Für und Wider gut abzuwägen", sagte Mkandawire, auf das erhöhte Lungen-, Blut- und Knochenkrebsrisiko sowie mögliche Geburtsschäden verweisend. [3]

Der Standort der Mine befindet sich im Einzugsbereich eines Flusses, der in den Malawisee mündet, einer wichtigen Trinkwasserquelle für die zwölf Millionen Einwohner Malawis, von denen nach UN-Angaben rund ein Drittel über keinen ausreichenden Zugang zu Trinkwasser verfügt. Der Malawisee zählt zu den saubersten Gewässern weltweit [4]. Ob man das in zehn Jahren auch noch sagen kann?


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Anmerkungen:

[1] Malawi uranium project nears start-up, 22. Januar 2009.
http://www.world-nuclear-news.org/newsarticle.aspx?id=24464

[2] http://www.paladinenergy.com.au/PROJECTS/Kayelekera/tabid/62/Default.aspx

[3] Kontroverse um Uranbergbau. NGOs erzwingen Stopp in Malawi, 19. Juli 2007.
http://www.afrika.info/aktuell_detail.php?N_ID=491&kp=news

[4] Concern about Australian uranium miner in Malawi, Reinford Mwangonde, 24. November 2006.
http://www.greenleft.org.au/2006/692/35942

26. Januar 2009