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AFRIKA/1833: Klage gegen Shell Nigeria wegen Tod von Ken Saro-Wiwa (SB)


Shell in New York angeklagt

Krieg im Nigerdelta - Brückenschlag in die Vergangenheit


Während die nigerianischen Streitkräfte ganz im Stil der srilankischen Armee die Rebellen des Nigerdeltas eingekesselt haben und von Hubschraubern aus Maschinengewehrsalven auf Dörfer und mutmaßliche Stellungen der Milizen abfeuern, wurde der größte ausländische Erdölkonzern in Nigeria, Shell, von seiner düsteren Vergangenheit eingeholt. Er muß sich wegen seiner mutmaßlichen Beteiligung an der Hinrichtung des Schriftstellers und Menschenrechtlers Ken Saro-Wiwa und acht seiner Mitstreiter am 10. November 1995 verantworten.

Shell wird vorgeworfen, mit der damaligen Militärregierung des berüchtigten Diktators Sani Abacha, der hohe Summen aus dem Erdölgeschäft auf ausländische Konten deponiert hat, paktiert zu haben. Nun will der Sohn des über Nigeria hinaus bekannten Anwalts für das Ogoni-Volk, Ken Saro-Wiwa Jr., vor Gericht den Beweis antreten, daß Shell eine Mitschuld am Tod seines Vaters zukommt, wie tagesschau.de (26.5.2009) meldete.

Ken Saro-Wiwa hatte sich Anfang der 1990er Jahre der Mosop-Bewegung angeschlossen. Die Movement for the Survival of the Ogoni People - Bewegung für die Befreiung des Ogoni-Volkes - setzte sich dagegen zur Wehr, daß der Shell-Konzern in seinem Gebiet die Ölförderung aufnimmt. Denn das würde zu schweren Umweltzerstörungen führen und den Lebensraum und die Lebensweise der Ogoni dauerhaft zerstören. Die Befürchtungen waren berechtigt.

Bis heute hat sich nicht viel an der unerträglichen Lage der Bewohner des wasserreichen Nigerdeltas getan - doch der Widerstand hat an Härte zugenommen. Die Milizen der MEND - Movement of the Emancipation of the Niger-Delta - gehören nicht zu den Ogoni, sondern vor allem den Ijaw; sie lehnen sich aber an Mosop an. MEND versucht, die Interessen der Bewohner des Nigerdeltas mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Denn obgleich die Ogoni 1993 Massendemonstrationen veranstalteten und dabei 300.000 Personen - die Hälfte des Ogoni-Volkes! - mobilisieren konnten, blieben die Bemühungen fruchtlos: Die Junta besetzte das Ogoni-Gebiet militärisch, unterdrückte den Widerstand und schützte auf diese Weise die Interessen von Shell.

Der Verdacht, daß das britisch-niederländische Unternehmen an Saro-Wiwas Hinrichtung beteiligt war, liegt nahe. Es wird nun zu klären sein, wie weit Shells Involvierung reichte. Das Unternehmen vertritt den Standpunkt, es habe versucht, die Abacha-Regierung zu bewegen, von der Hinrichtung abzusehen. Allerdings waren die Richter, welche die Mosop-Aktivisten verurteilten, eigenen Angaben zufolge bestochen worden. Die Militärregierung hatte es nicht nötig gehabt, die Richter zu bestechen - wer aber dann?

26. Mai 2009