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AFRIKA/1896: Ruanda wird Commonwealth-Mitglied (SB)


Commonwealth nimmt ursprünglich frankophones Ruanda als 54. Mitglied auf

Verheerende Menschenrechtsbilanz und Mißachtung demokratischer Standards kein Hinderungsgrund


Am Sonntag wurde die Aufnahme Ruandas in den Commonwealth besiegelt. Damit hat die Regierung des kleinen südostafrikanischen Binnenstaats einen für sie wichtigen Schritt in Richtung Legitimierung ihrer Invasions- und Repressionspolitik getan. Obgleich Ruanda direkt und über Mittelsmänner Rohstoffe aus dem Osten der Demokratischen Republik Kongo herausschafft und dort den Bürgerkrieg anheizt, wie die Vereinten Nationen festgestellt haben, haben sich die Befürworter eines Ruanda-Beitritts beim Commonwealth Heads of Government Meeting (CHGM) in Trinidad und Tobago durchgesetzt.

Damit hat die Organisation die eindringliche Empfehlung der hauseigenen Menschenrechts-Initiative, der Commonwealth Human Rights Initiative (CHRI), Ruanda aufgrund der Nichtbeachtung der Menschenrechte und Mißachtung demokratischer Grundsätze nicht aufzunehmen, sondern das Land zunächst dabei zu unterstützen, daß es die für eine Mitgliedschaft im Commonwealth erforderlichen Qualifikationen auf diesen Gebieten erfüllt, verworfen. (Einzelheiten unter dem Index AFRIKA/1895)

Legt man den 80seitigen CHRI-Bericht zugrunde, so hätte die Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf die ruandische Regierung auch völlig anders ausfallen können. Denn so sehr unterscheiden sich ihre durchorganisierten Raubzüge in Ostkongo, die Rekrutierung von Kindersoldaten, die Organisation von sklavereiähnlicher Arbeit und die Einschüchterung der Zivilgesellschaft nicht von beispielsweise der Enteignung weißer Großfarmen und das Verprügeln von Oppositionellen durch die Anhänger der simbabwischen Regierungspartei ZANU-PF. Während aber der simbabwische Präsident Robert Mugabe und eine Reihe von Kabinettsmitgliedern von den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen belegt wurden und der Commonwealth die Mitgliedschaft Simbabwes ausgesetzt hat, erhält Ruanda reichlich Entwicklungshilfe und wird nun vom Commonwealth aufgenommen.

Vor neun Jahren hatte Simbabwe begonnen, rund 3500 Großfarmen, die von Weißen betrieben wurden, zu enteignen und eine Landreform initiiert, durch die rund eine Million mittellose Kleinbauern in den Besitz einer bescheidenen Parzelle gelangen sollten. Außerdem hat der simbabwische Präsident Robert Mugabe gegen die britische Regierung gewettert, daß sie ihn stürzen wolle, da er ihren kolonialistischen Machenschaften im Wege stehe.

Ruanda dagegen plündert keine Weißen aus, sondern betreibt mit ihnen Handel (Coltan, Diamanten, Edelhölzer, Gold, etc.). Wobei der Begriff "Weißer" weniger mit der Hautfarbe zu tun hat als vielmehr mit der Menge an verfügbarem Kapital.

Im CHRI-Bericht wird behauptet, daß sich die westlichen Regierungen von der ruandischen Regierung über ihre wahren Absichten und Machenschaften täuschen lassen. An der Stelle ignoriert der Bericht jedoch ein massives Eigeninteresse Großbritanniens und anderer westlicher Staaten nicht nur an guten Wirtschaftsbeziehungen zu Ruanda, sondern vor allem an einer über seine Grenzen hinaus wirkenden Ordnungsmacht in dieser Region. Dem widerspricht nicht, daß Ruanda mitverantwortlich ist für den ersten "Weltkrieg auf afrikanischem Boden" - so die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright -, der ab 1998 in der DR Kongo ausgetragen wurde und bis heute nicht vollständig beigelegt ist.

Inzwischen gehen auch Frankreich und Ruanda aufeinander zu und wollen nach drei Jahren Abstinenz wieder diplomatische Beziehungen aufnehmen. Ruanda hat zwar seit dem 100-Tage-Massaker von April bis Juli 1994, dem rund 800.000 Einwohner zum Opfer fielen, einen Bruch mit Frankreich und einen Wechsel zur angloamerikanischen Achse vollzogen - der Commonwealth-Beitritt besiegelt diesen Vorgang -, doch unterscheidet sich das französische Verwertungsinteresse nicht sonderlich von dem britischen oder US-amerikanischen an dieser Region. Auch Frankreich ist bereit, Bündnisse mit einer Regierung einzugehen, die die Ausbeutung der Bevölkerung und die Plünderung von Rohstoffen zum eigenen Wohl und dem ihrer Partner organisiert und den sozialen Frieden mit allen möglichen Gewaltmitteln durchsetzt.

1. Dezember 2009