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AFRIKA/1975: Mehrere Bombenexplosionen in Uganda (SB)


Somalias Milizen tragen den Kampf über die Grenzen des Landes hinaus


An zwei Vororten der ugandischen Hauptstadt Kampala sind während des Endspiels um die Fußballweltmeisterschaft drei Bomben explodiert, wodurch mindestens 67 Menschen in den Tod gerissen wurden; 71 Personen wurden verletzt. Die erste Bombe explodierte während der Halbzeitpause in einem vollbesetzten äthiopischen Restaurant in Kabalagala, die zweite und dritte wenige Sekunden hintereinander um 23.18 Uhr im Kyadondo Rugby Club in Lugogo. Unter den Toten aus dem äthiopischen Restaurant befinden sich zahlreiche Ausländer, unter anderem aus Kongo, Äthiopien und Eritrea; mindestens ein Bürger aus den USA kam ums Leben.

Der Generalinspektor der Polizei, Kale Kayihura, gab kurz nach den Explosionen eine Stellungnahme ab, in der er den Verdacht äußerte, daß die somalische Milizengruppe Al-Shabaab die Verantwortung für die Vorfälle trägt. An einem Tatort wurden Überreste eines Somaliers gefunden, ein Armeesprecher deutete an, daß es sich um einen Selbstmordattentäter handeln könnte. Zuletzt hatte am 9. Juli der Al-Shabaab-Führer Sheikh Mukhtar Robow zu Anschlägen in Uganda und Burundi aufgerufen.

Ein Kommandant der somalischen Milizen, Sheik Yusuf Sheik Issa, zeigte sich zwar erfreut über die Anschläge, aber weder bestätigte noch leugnete er, daß Al-Shabaab die Verantwortung dafür trägt. Auch der ugandischen Rebellenorganisation ADF (Allied Defence Forces) und der LRA (Lord's Resistance Army), die von Kongo aus operieren, wird zugetraut, solche Attentate durchzuführen. Doch laut dem "Wall Street Journal" (12.7.2010) erklärte ein al-Shabaab-Mitglied, das namentlich nicht genannt werden wollte, sie hätten ihre Ziel erreicht und "viele Christen in der Hauptstadt des Feindes getötet".

Schon vor längerer Zeit hatte Al-Shabaab angekündigt, den innersomalischen Krieg noch Uganda tragen zu wollen, da der ostafrikanische Staat im Rahmen der AU-Friedensmission Amisom 1720 Soldaten nach Mogadischu entsandt hat, die dort die Übergangsregierung schützen. Abgesehen von Uganda hat auch Burundi ein größeres Kontingent an Soldaten nach Mogadischu verlegt und gilt ebenfalls als Ziel von Al-Shabaab.

Die Europäische Union und die USA mischen sich kräftig in den innersomalischen Konflikt ein, unter anderem indem sie die Ausbildung der Polizisten der Übergangsregierung übernehmen. Außerdem ist der Westen maßgeblich an der Bekämpfung somalischer Piraten beteiligt. Der UN-Sicherheitsrat hat bereits die Souveränitätsrechte Somalias aufgehoben und die Verfolgung von Piraten an Land ausdrücklich gestattet.

Somalia ist offensichtlich Austragungsort für den Kampf der Kulturen, wie er von Samuel P. Huntington angekündigt wurde. Zu den innersomalischen Aufständischen aus verschiedenen Clans gegen die Fremdherrschaft einer vom Westen unterstützten und im kenianischen Exil gebildeten Übergangsregierung, die ihre Stellung allein aufgrund der nach Weihnachten 2006 einmarschierten Besatzungstruppen des Erzfeinds Äthiopien behaupten konnte, gesellen sich offenbar islamistischen Kämpfer aus anderen Weltregionen hinzu.

Die Geschichte Somalias ist geprägt von Fremdherrschaftsinteressen. Auf dieser Linie liegen auch die Einflußversuche der USA und EU. Zwar wünschen sich die Einwohner nichts sehnlicher, als daß die Kämpfe unter den rivalisierenden Gruppen endlich aufhören, aber daß es immer wieder nicht-somalische Interessen sind, die die Geschicke des Landes bestimmen, mißfällt ihnen sehr. Derzeit wird versucht, den Widerstand durch Gruppen wie Al-Shabaab und Hizbul Islam mit Waffengewalt zu brechen. Das Vorhaben dürfte zum Scheitern verurteilt sein, wie das Beispiel Afghanistan zeigt.

12. Juli 2010