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AFRIKA/2168: Wasser - Klimadürre im Anmarsch ... (SB)



Nach Kapstadt meldet nun eine weitere afrikanische Großstadt Wassermangel aufgrund anhaltender Dürre. In Bouaké, Elfenbeinküste, kommt seit drei Wochen fast kein Wasser mehr aus dem öffentlichen Leitungsnetz. Der Loka-Stausee, der bislang Haupttrinkwasserquelle war, ist vollkommen ausgetrocknet. Davon sind gut eine halbe Million Einwohner der Stadt sowie eine weitere Million Menschen in ihrem Umland betroffen, berichtete AFP [1].

Als Notmaßnahmen ließ die Stadtverwaltung eine Reihe von Brunnen bohren, um das Grundwasser anzuzapfen, doch die Fördermengen sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Mangellage dürfte sich in Zukunft noch verschärfen, denn Klimasimulationen sagen für Westafrika geringere Niederschläge voraus. Somit kann Bouaké bereits als Vorbote des Klimawandels angesehen werden. Für den tragen die Industriestaaten mit ihren CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger historisch und aktuell die Hauptverantwortung, nicht jedoch afrikanische Staaten wie die Elfenbeinküste, die unter den schwerwiegenden Folgen dieser globalen Entwicklung leiden.

Bouaké ist die zweitgrößte Stadt des Landes und liegt rund 400 Kilometer nördlich der Wirtschaftsmetropole Abidjan und damit im breiten Übergangsbereich zwischen Tropen und Sahelzone. Nach einer anhaltenden Dürre ist das 21 Kilometer weiter westlich liegende Hauptreservoir Bouakés, über das die Stadt bislang 70 Prozent ihres Wasserbedarfs gedeckt hat, weitgehend ausgetrocknet. Das hat nicht nur mit dem Klima zu tun. AFP zufolge führte ungeregelter Sandabbau zur Verlagerung mehrerer Zuflüsse, so daß der See nicht mehr ausreichend mit Wasser gespeist worden war.

Die Einwohner Bouakés brauchen das wenige noch vorhandene Wasser, das entweder aus Brunnen geschöpft, von weiter außerhalb herangefahren oder an den viel zu seltenen Niederschlagstagen in Töpfen und anderen Behältnissen aufgefangen wird, vorwiegend zum Kochen und Trinken. Für die Wäsche bleibt da oft nichts mehr übrig. Nun hoffen die Menschen, daß die Regenzeiten - eine geht von April bis Anfang Juni, die andere von Ende Juli bis Oktober - Linderung bringen werden. Bis dahin müssen sich die Menschen die etwa zwei Millionen Liter täglich teilen, die die Stadtverwaltung aus dem Grundwasser gewinnen und ins Leitungsnetz einspeisen will. Die Alternative, Wasser abgefüllt in Flaschen zu kaufen, können sich viele nicht leisten.

Der Wassermangel Bouakés deutet auf ein dahinterstehendes, noch größeres Problem. Die westafrikanische Landwirtschaft ist auf die jährlichen Monsunniederschläge zwingend angewiesen. Das betrifft unter anderem auch den für die Elfenbeinküste wirtschaftlich bedeutenden Kakaoanbau. Ohne regelmäßige, kräftige Niederschläge wird sich die Sahelzone weiter nach Süden in die tropischen Regionen ausbreiten und dadurch die Flächen, auf denen Kakao angebaut werden kann, verkleinern. Ein Ausweichen der Kakaobauern in die südlicheren Bergregionen ist kaum möglich.

Abgesehen von den unmittelbaren Folgen wie Wassermangel sind für die Zukunft landwirtschaftliche Einbußen, Zunahme innerivoirischer Ressourcenkonflikte und verstärkte Migration zu erwarten. Auf letzteres stellt sich die Europäische Union, die zu den Hauptverantwortlichen des Klimawandels zählt, ein, indem sie ihr Grenzregime immer weiter ausbaut und Sorge dafür trägt, daß die Migranten aus der Elfenbeinküste nicht als politische Flüchtlinge anerkannt werden. Damit meint man ausschließlich die politische Lage innerhalb des westafrikanischen Landes, nicht jedoch die eigenen politischen Entscheidungen, die dazu beigetragen haben, daß Menschen ihre Heimat verlassen und sich auf eine Reise mit ungewissem Ausgang begeben müssen. Die Vorstellung, daß sie das freiwillig tun, läßt sich angesichts der sozioökonomischen Zwangslage der Migranten nicht aufrechterhalten.


Fußnote:

[1] http://www.spacedaily.com/reports/After_Cape_Town_Ivory_Coast_city_feels_the_thirst_999.html

29. April 2018


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