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MEDIEN/473: US-Presse schart sich hinter Hillary Clinton (SB)


US-Presse schart sich hinter Hillary Clinton

Donald Trump chancenlos angesichts der einseitigen Berichterstattung


Man muß wahrlich kein Anhänger des Republikaners Donald Trump sein, um zu erkennen, wie einseitig die meisten Massenmedien in den USA zugunsten der demokratischen Rivalin Hillary Clinton über den laufenden Präsidentschaftswahlkampf berichten. Der Immobilienunternehmer, Casinobetreiber und Fernsehmoderator macht aus seinem sexistischen und ausländerfeindlichen Weltbild kein Geheimnis und redet wie ein Arbeiter auf einer seiner zahlreichen New Yorker Baustellen, was ihm in den Augen seiner Millionen von Anhängern aus den von der Globalisierung abgehängten, bildungsfernen Schichten des weißen Amerikas "Glaubwürdigkeit" verleiht. Trumps Lösungen für die vielen Probleme der amerikanischen Gesellschaft sind dubios, um es wohlmeinend zu formulieren: mehr und noch besser ausgerüstete Cops, um der Gewalt in den Städten Herr zu werden; eine Mauer an der Grenze zu Mexiko, um die illegale Einwanderung aus Lateinamerika zu stoppen; und verstärke Kontrolle, um der Gefahr einer Einsickerung islamistischer "Terroristen" aus dem Ausland zu begegnen.

Es ist aber vor allem Trumps Absage an die Dauerkonfrontation mit Rußland, weshalb alle großen Medien der USA gegen ihn eingestellt sind. Die in Wirtschaft und Politik tonangebenden Nutznießer des militärisch-industriellen Komplexes betreiben seit längerem die Einkreisung Rußlands - auch mittels des umstrittenen Raketenabwehrsystems -, haben die Ukraine-Krise 2014 durch den gewaltsamen Sturz des gewählten Präsidenten Viktor Janukowytsch verursacht und laufen gegen die russische Militärintervention in Syrien zur Rettung des "Regimes" Baschar Al Assads Sturm. Sie sehen in Trumps Vorschlag, die Beziehungen zwischen Washington und Moskau wiederaufzutauen und gemeinsam mit Wladimir Putin den Kampf gegen die "Terrormiliz" Islamischer Staat (IS) zu forcieren, den völlig falschen Ansatz. Deswegen wird Trump in der New York Times seit Wochen von deren Kolumnisten Thomas Friedman, David Brooks, Nicholas Kristof, Charles Blow, Frank Bruni, Maureen Dowd, Roger Cohen und Paul Krugman zu einem großmäuligen Hohlkopf hochstilisiert, dem man niemals die Verantwortung für die US-Ökonomie, geschweige denn für die Codes des amerikanischen Atomwaffenarsenals anvertrauen dürfe.

Daß Nobelpreisträger Krugman bereits als Wirtschaftsminister einer künftigen Clinton-Administration gehandelt wird, läßt seinerseits die eigentlich zu erwartende journalistische Distanz zur ehemaligen First Lady vermissen. Darüberhinaus fällt die Berichterstattung der einflußreichsten Zeitung Amerikas - und vielleicht der ganzen Welt - über die E-Mail-Affäre Clintons aus ihrer Zeit als Außenministerin Barack Obamas sowie über die Manipulationen bei den demokratischen Vorwahlen auf Kosten ihres einstigen Herausforderers, des Senators Bernie Sanders aus Vermont, im Vergleich zu der täglichen Negativschilderung Donald Trumps geradezu harmlos aus. Erschwerend kommt hinzu, daß die New York Times, die Washington Post und praktisch alle anderen wichtigen US-Medienunternehmen seit Monaten die abstruse Verschwörungstheorie verbreiten, wonach alle Enthüllungen von Wikileaks und aus anderen Quellen zu den Themen E-Mail-Affäre und Interna des Democratic National Committee (DNC) letztlich vom Kreml lanciert gewesen sein müßten, um Clinton zu schaden, weil sie angeblich die einzige westliche Politikerin ist, die der "Barbarei" des Putinschen Rußland Einhalt zu gebieten bereit ist.

Vor diesem Hintergrund dürfte es kein Zufall gewesen sein, daß ausgerechnet an dem Wochenende, an dem Wikileaks und Glenn Greenwalds Enthüllungsplattform The Intercept neue belastende Dokumente über Clinton veröffentlichten, die Washington Post mit einer alles überlagernden Geschichte über sexistische Äußerungen Trumps aus dem Jahr 2005 aufwartete. In den drei Tagen vor der zweiten Fernsehdebatte am Abend des 8. Oktober an der Washington University in St. Louis konnten die US-Medien nicht genug von dem damals recht zotigen Männergespräch zwischen Trump und dem NBC-Moderator Billy Bush kriegen. Für die neuen Erkenntnisse über die korrupte Doppelzüngigkeit der ehemaligen Senatorin von New York war in der Zeitung, im Radio und auf dem Bildschirm wenig bis gar kein Platz. Bei ihren Reden vor den großen Banken - allein von Goldman Sachs hatte Clinton für drei solche Mini-Auftritte sage und schreibe 675.000 Dollar eingestrichen - hatte Obamas Ex-Chefdiplomatin in den vergangenen Jahren unter anderem erklärt, daß sie aufgrund ihres Reichtums den Kontakt zu den einfachen Menschen verloren habe, daß man als Politiker zu den wichtigsten Themen neben seinem öffentlichen Standpunkt auch einen privaten haben müsse, daß ihr Plan zur Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien im Falle seiner Verwirklichung den Tod "vieler Syrer" zur Folge hätte, und daß sich die Finanzwelt wegen der Kompliziertheit des Geldjonglierens am besten selbst regulieren solle.

Die auffällige Zurückhaltung der Medien im Umgang mit den neuesten Erkenntnissen über die selbstherrliche Art, in der sich die demokratische Präsidentschaftskandidatin der Öffentlichkeit präsentiert, hängt mit ihrer Verstrickung in diese traurige Posse zusammen. Interne Dokumente der demokratischen Partei, welche The Intercept am 6. Oktober veröffentlichte, enthalten unter anderem eine Liste sogenannter Medien-"Surrogate", auf die sich Clintons Mannschaft bei der DNC-Führung verlassen könne. Zu den genannten Personen gehören Maureen Dowd, David Brooks und Gail Collins von der New York Times, sowie die viel gesehenen TV-Moderatoren Charlie Rose von PBS, Wolf Blitzer von CNN, Rachel Maddow von MSNBC und George Stephanopoulos von ABC. Darüber wird in den DNC-Dokumenten von geheimen Cocktail-Partys der Clinton-Kampagne berichtet, an denen man regelmäßig Informationen mit befreundeten Journalisten der Sender ABC, CBS, CNN, MSNBC und NBC, der Nachrichtenagentur Bloomberg, sowie der Zeitungen und Onlinezeitschriften Daily Beast, Huffington Post, New Yorker, New York Times, People, Politico, Vice und Vox austausche. Wenn bei der Wahl am 8. November The Donald wie erwartet sang und klanglos untergeht, dann dürfte der glorreiche Aufstieg Clintons zur ersten Präsidentin der USA weniger der mangelnden Eignung ihres Gegners für das höchste Amt im Staat, als vielmehr der großzügigen öffentlichen Unterstützung ihrer "Freunde" von der angeblich "liberalen" Presse geschuldet sein.

11. Oktober 2016


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