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NAHOST/922: Uranlieferungen an den Iran sollen blockiert werden (SB)


Uranlieferungen an den Iran sollen blockiert werden

Times of London berichtet von drohender Eskalation im Atomstreit


Fast eine Woche nach dem Ende der Ära des Republikaners George W. Bush und dem Beginn der Amtszeit des Demokraten Barack Obama als neuer amerikanischer Präsident wartet man vergeblich auf die von vielen Menschen erhoffte Öffnung der USA gegenüber dem Iran. In seiner Antrittsrede hatte Obama allen Ländern die Freundschaft der USA angeboten und kurz danach die sehr erfahrenen und angesehenen US-Diplomaten George Mitchell und Richard Holbrooke zu seinen Sondergesandten für den Nahen Osten respektive Afghanistan/Pakistan ernannt. Die neue US-Außenministerin Hillary Clinton hat bei ihrem Einzug ins State Department angekündigt, daß sich Washington künftig stärker auf kreative Diplomatie als auf militärische Machtdemonstrationen stützen wolle. Doch den großen Worten folgten bislang keine Taten - jedenfalls nicht, was das seit dem Sturz des Schahs vor 30 Jahren angespannte Verhältnis zwischen den USA und der Islamischen Republik Iran betrifft. So hat bis heute Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad keine Antwort auf den Brief, mit dem er im letzten November Obama zum Wahlsieg über John McCain gratulierte und seine Hoffnung auf eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen zum Ausdruck brachte, erhalten.

Im Wahlkampf hatte Obama die konfrontative Haltung der Bush-Regierung gegenüber dem Iran als kontraproduktiv kritisiert und die Aufnahme von Verhandlungen in Aussicht gestellt. Die Frage stellt sich jedoch, ob der große Dialog, sollte er kommen, von Seiten Washingtons ehrlich gemeint wäre, oder lediglich als Gelegenheit dienen sollte, von Teheran Zugeständnisse einzufordern, die zu machen, sich die Regierung dort nicht in der Lage sieht und deren Ausbleiben Anlaß zu diplomatischen und wirtschaftlichen Sanktionen sowie eventuell zu militärischen Maßnahmen böte. In den Führungszirkeln in den USA gibt es bekanntlich eine starke Fraktion, die meint, daß die 444tägige Geiselnahme an der US-Botschaft in Teheran, die im Januar 1981 zu Ende ging, immer noch auf Sühne wartet, und die erst zufrieden wäre, wenn die iranischen Mullahs vor Washington zu Kreuze kröchen.

Zu dieser Fraktion scheint der demokratische Kongreßabgeordnete Howard Berman aus Kalifornien, der derzeit im Repräsentantenhaus den Vorsitz des außenpolitischen Ausschusses innehat, zu gehören. Bei einem Besuch in den letzten Tagen in Israel hat Berman der liberalen Zeitung Ha'aretz ein Interview gegeben, das von dieser am 25. Januar veröffentlicht wurde und in dem Obamas mächtiger Parteikollege für den eventuellen Dialog zwischen Washington und Teheran einen Zeitrahmen von maximal drei Monaten festsetzte. Laut Berman müßte das Ziel des Dialogs darin bestehen zu verhindern, daß der Iran den technologischen Stand erreicht, der ihm den Bau von Atomwaffen ermöglichte.

Der demokratische Kongreßabgeordnete ist sich sicherlich bewußt, daß dem Iran als Unterzeichnerstaat des Atomwaffensperrvertrages der Zugang zu allen Aspekten des nuklearen Kreislaufs zusteht und daß jedes Land, das die Kernenergieproduktion komplett beherrscht, auch in der Lage wäre, Atombomben herzustellen. Und weil der Iran, dessen Nuklearanlagen unter der ständigen Kontrolle der Inspekteure der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) stehen, auf die gleiche Behandlung pocht, wie sie die Nicht-Atomwaffenstaaten Brasilien, Deutschland und Japan erfahren, weiß Berman auch, daß sich Teheran niemals auf einen freiwilligen Verzicht auf die Urananreicherung - mittels derer man Material zum Bau von zivilen Brennstäbe oder auch eventuell atomaren Sprengköpfen gewinnen kann - einlassen wird.

Deshalb spricht der Kalifornier vom Dialog mit Teheran nicht als Chance zur Aussöhnung zwischen den USA und dem Iran, sondern als Gelegenheit, die "internationale Gemeinschaft" für eine härtere Gangart gegenüber der Islamischen Republik zu gewinnen. Sollten die noch nicht einmal begonnenen Gespräche scheitern, womit der US- Politiker offenbar fest rechnet, könnten Washington und seine Verbündeten Sanktionen verhängen, welche den Iran endlich in die Knie zwängten, so Berman. Unausgeprochen bleibt natürlich das Szenario des Einsatzes militärischer Mittel, sollten das neue, härtere Sanktionsregime nicht den gewünschten Effekt - die Kapitulation Teherans - haben.

Welch gefährliches Spiel die USA trotz des Auszugs Bushs aus dem Weißen Haus mit dem Iran immer noch spielen, geht aus einem Artikel der Londoner Times vom 24. Januar hervor. Demnach haben die Regierungen der USA, Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens eine massive, geheime, diplomatische Kampagne gestartet, um diejenigen Länder, die Uran exportieren, von weiteren Lieferungen des radioaktiven Metalls an den Iran abzubringen. Die größten Abbau- und Exportländer für Uran sind Australien, China, Kanada, Kasachstan, Namibia, der Niger, Rußland, die Ukraine, Usbekistan und die Vereinigten Staaten.

Im Bericht der Times hieß es, die internationalen Bemühungen, die Belieferung des Iran mit Uran zu beschneiden, gingen auf die zunehmende Sorge zurück, daß 2009 das "entscheidende Jahr" sein könnte, was den Fortschritt Teherans in der Nukleartechnologie betrifft. Ob dies stimmt, darf bezweifelt werden. Die Äußerungen Bermans und des Times-Artikels lassen jedoch befürchten, daß 2009 eine gefährliche Eskalation des Atomstreits mit sich bringen wird. Sollte der Bericht von den Bemühungen des Westens um einen Uran-Lieferstopp für den Iran zutreffen, wäre dies nach dem Atomwaffensperrvertrag eine schwere Verletzung der "unveräußerlichen Rechte" der Islamischen Republik und könnte zu heftigen Reaktionen seitens der Iraner führen.

26. Januar 2009