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NAHOST/958: Autonomiebehörde als Werkzeug israelischer Interessen (SB)


Mahmoud Abbas und die PA entbehren jeglicher Legitimation


Der Umgang der palästinensischen Autonomiebehörde und insbesondere ihres Präsidenten Mahmoud Abbas wirft die Frage auf, ob diese Führungsstruktur in ihrem Kern je etwas anderes war und sein konnte, als ein Werkzeug israelischer Interessen und US-amerikanischer Einflußnahme. Im Sinne der Herrschaftssicherung Israels ist es nicht nur denkbar, sondern geradezu zwingend, leitende Gremien und Kräfte der Palästinenser zu unterwandern oder gefügig zu machen, wofür angesichts des überwältigenden Zugriffspotentials der Geheimdienste, Militärs und Administration alle Mittel vorhanden sind, Druck auszuüben oder Privilegien zu gewähren. Bezeichnenderweise haben sich alle Abkommen zwischen den Konfliktparteien letzten Endes als Rückschläge für die Palästinenser erwiesen, deren Führer auf immer niedrigerem Niveau verhandelten, worauf die israelische Seite ihre Scheinzugeständnisse später zurücknahm. Offen Krieg zu führen wie gegen den Gazastreifen, um den militanten Widerstand mit einer beispiellosen Demonstration ungezügelter Macht und Willkür zu lektionieren, daß er zwecklos sei und in den sofortigen Untergang führe, ist eine strategische Option des Besatzungsregimes. Die Palästinenser an der Leine einer Führerschaft zu steuern, der die Menschen in genügend großer Zahl vertrauen und folgen, eine andere.

Mit der Hamas war das nicht möglich, die bekanntlich von Israel zunächst unterstützt wurde, um die Fatah zu schwächen, sich dann aber als zu wenig lenkbar erwies. Heute wird die Hamas verteufelt, während man Mahmoud Abbas und die Autonomiebehörde finanziert, aufrüstet und ausbildet, ohne den geringsten Zweifel daran zu lassen, wer in diesem Verhältnis Herr und wer Knecht ist. Daß Menschen, zumal nach Jahren unablässiger Drangsalierung, auf die eine oder andere Weise erpreßbar und käuflich sind, liegt auf der Hand. Wie würde man handeln, wenn einem der Geheimdienst unmißverständlich signalisiert, das morgen die ganze Familie ausgelöscht wird, wenn man ihm nicht zu Willen ist? Würde man nicht auch von Grund auf erleichtert reagieren, wenn plötzlich Kontrollposten in beträchtlicher Zahl aufgelöst werden und man die langersehnte Mobilität in Maßen wiederbekommt? Um selbstgerechte Urteile kann es also nicht gehen, wohl aber um eine rückhaltlose Analyse palästinensischer Führung unter Maßgabe der Frage, in welchem Ausmaß man es dabei mit einer von Israel dirigierten Steuerungsinstanz zu tun hat.

Wie Omar Barghouti jüngst im Counterpunch zu bedenken gab, habe sich die Autonomiebehörde dem Druck der USA und der israelischen Erpressung unterworfen und die Debatte des Goldstone-Berichts im Genfer UN-Menschenrechtsrat mit ihrem Votum verhindert. Damit habe sie nicht nur allen Hoffnungen der Palästinenser, sondern auch allem Bemühen internationaler Menschenrechtsorganisationen und Solidaritätsbewegungen ein Ende gemacht, Israel für die Kriegsverbrechen im Gazastreifen zur Verantwortung zu ziehen. Die Verschiebung der Diskussion des Reports, die damit nicht vor März 2010 geführt wird, baut der israelischen Führung eine goldene Brücke, mit europäischer, amerikanischer und arabischer Hilfe alle Vorwürfe unter den Tisch zu kehren. Nun habe sich sogar die palästinensische Autonomiebehörde mit ihrem Verrat daran beteiligt, die seit Jahren größte Chance, sich Gehör zu verschaffen, zu Grabe zu tragen. [1]

Barghouti weist anhand einer ganzen Reihe vorangegangener Beispiele nach, daß die Autonomiebehörde regelmäßig eher die Interessen Washingtons und Tel Avivs, als die der Palästinenser vertreten hat und an allen entscheidenden Punkten eingeknickt ist. Obgleich sie in Ramallah die Macht der PLO an sich gerissen hat, diplomatische Beziehungen unterhält und Außenpolitik betreibt, ist sie doch weder dank ihrer Positionen, noch durch Wahlen des palästinensischen Volkes dazu legitimiert. In westlichen Medien wird Mahmoud Abbas unbesehen als Palästinenserpräsident und die Autonomiebehörde mit ihren Vertretern in diversen internationalen Gremien als einzig maßgebliche Repräsentation der Palästinenser kolportiert. Beides trifft nicht zu. Omar Barghouti zieht den nachvollziehbaren Schluß, daß die Autonomiebehörde aufgelöst und von der Basis her durch eine glaubwürdige und legitime Führung ersetzt werden müsse. Diese Forderung sollte auch in der Berichterstattung Widerhall finden, welche die Auseinandersetzung mit der Kollaboration in all ihren Aspekten nicht zu scheuen braucht.

Anmerkungen:

[1] The UN Must Adopt the Goldstone Report. Dissolve the Palestinian Authority (05.10.09)
Counterpunch

14. Oktober 2009