Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

NAHOST/1090: Israel bereitet sich auf neue Gaza-Flotille vor (SB)


Israel bereitet sich auf neue Gaza-Flotille vor

Ray McGovern erhält ominöse Warnung aus dem Umfeld Obamas


Noch vor Ende diesen Monats wollen Aktivisten aus verschiedenen Ländern mit einer Flotille versuchen die Abriegelung des palästinensischen Gazastreifens durch Israel zu durchbrechen. Im Mai vergangenen Jahres endete eine ähnliche Initiative mit dem Tod von neun türkischen Männern, von denen der eine auch die Staatsbürgerschaft der USA besaß, nachdem israelische Spezialkommandos die Schiffe in internationalen Gewässern erstürmten, mehrere hundert Passagiere und Besatzungsmitglieder festnahmen und die gesamte Free-Gaza-Flotille in den nordisraelischen Hafen Aschdot eskortierten. Auch wenn die türkische Fähre Mavi Marmara, auf der es letztes Jahr zu einem Blutbad kam, an der bevorstehenden Aktion nicht teilnimmt - ob aus technischen Gründen oder wegen des Drucks der Regierung in Ankara, ist unklar -, steht zu befürchten, daß das ganze auch dieses Mal ein gewaltsames Ende findet. Derzeit sind zwölf Boote, die unter der Flagge von Algerien, Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Kanada, Norwegen, Spanien und den Vereinigten Staaten vom Amerika fahren, auf dem Weg ins östliche Mittelmeer, um von dort aus als Freedom Flotilla II gemeinsamen Kurs auf den Gazastreifen zu nehmen.

Am 19. Juni, anläßlich der Abschlußzeremonie eines Ausbildungskurses für Kampftaucher, hat Admiral Elizier Marom, der Oberbefehlshaber der israelischen Marine, eine deutliche Warnung an die Teilnehmer der geplanten Aktion gerichtet und ihnen gleichzeitig jede humanitäre Absicht abgesprochen. In einem am selben Tag erschienenen Bericht von Ynetnews.com, der Onlineversion der meistverkauften israelischen Tageszeitung Yedioth Ahranoth, wurde Marom mit den Worten zitiert:

Was eine "Haßflotille", deren einzige Ziele darin bestehen, mit israelischen Soldaten aneinanderzugeraten, ein Medienereignis zu provozieren und den Staat Israel zu delegitimieren, betrifft, so hat die israelische Marine in der Vergangenheit ihre Ankunft verhindert und wird dies auch in Zukunft tun.

Laut Ynetnews.com hat Marom bestritten, daß eine humanitäre Notsituation in Gaza herrscht, und behauptet, daß "alle Versorgungsgüter" die Menschen in dem von der islamischen Organisation Hamas verwalteten Gebiet auf dem Landweg von Israel und Ägypten aus erreichten. Ohne nähere Erläuterung rückte der Bericht die Aktivisten in eine kriminelle Ecke: "Marom fügte hinzu, daß die Flotille es der Hamas ermöglicht, sich mit einer unbegrenzten Menge an Waffen einzudecken, um Terroranschläge gegen Israel durchzuführen." Wie das vonstatten gehen soll, wo doch der gute Admiral für sich und die israelische Marine gleichzeitig beansprucht, auf Seeseite die hundertprozentige Abriegelung des Gazastreifens zu gewährleisten, bleibt unklar.

An der diesjährigen Aktion wollen mehrere Amerikaner, darunter die Literaturnobelpreisträgerin Alice Walker, mit einem eigenen Boot teilnehmen, das sie in "The Audacity of Hope" in Anspielung auf die 2006 erschienene, gleichnamige Biographie des Noch-Senators aus Illinois, Barack Obama, umgetauft haben. Von der Regierung des ersten afroamerikanischen Präsidenten der USA ist für die US-Gaza-Aktivisten wenig Rückendeckung bei der potentiell lebensgefährlichen Fahrt zu erwarten. Dies geht aus einem Artikel hervor, den Ray McGovern am 18. Juni bei Consortiumnews.com unter der Überschrift "Gaza and American 'Security'" veröffentlicht hat. Dort schrieb der 72jährige, ehemalige CIA-Analytiker, der früher das von ihm verfaßte Daily Presidential Briefing (DFB) jeden Morgen im Weißen Haus vortrug, sich seit einigen Jahren als Kriegsgegner hervortut und bei der "Audacity of Hope" mitsegelt, unter anderem folgendes:

Ich bin auch von einem Informanten mit Zugang zu führenden Mitarbeitern beim Nationalen Sicherheitsrat gewarnt worden, nicht nur daß das Weiße Haus nichts zu unternehmen gedenkt, um unser Boot vor einem israelischen Angriff oder einer illegalen Kaperung zu schützen, sondern auch, daß Vertreter des Weißen Hauses "froh wären, stieße uns etwas zu". Wie ich aus zuverlässiger Quelle erfahren habe, sind sie "mehr als einverstanden damit, daß die kalten Leichen von Aktivisten im amerikanischen Fernsehen gezeigt werden".

Spätestens an dieser Stelle läßt sich die Illusion, Obama würde als US-Präsident Israelis und Palästinenser gleichermaßen behandeln und erstere mittels diplomatischen und wirtschaftlichen Drucks endlich zu einem Friedenskompromiß mit letzteren zwingen, nicht mehr aufrechterhalten.

21. Juni 2011