Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

NAHOST/1282: Neue Kämpfe verschärfen politische Krise im Jemen (SB)


Neue Kämpfe verschärfen politische Krise im Jemen

Ausgang des Nationalen Dialogs erweist sich als ungenügend



Überschattet vom Bürgerkrieg in Syrien und der scheinbar nicht enden wollenden Reihe schwerer Bombenanschläge im Irak geht das bitterarme Jemen an den Kämpfen zwischen verschiedenen Milizen langsam aber sicher zugrunde. Am 25. Januar ist nach zehn Monaten Beratungen die Konferenz des Nationalen Dialogs zu Ende gegangen. Im Ergebnis liegt der Plan vor, Jemen als Bundesstaat mit vier neuen Provinzen im Norden und zwei im Süden zu organisieren. Trotzdem sind die Kämpfe im Nordjemen zwischen schiitischen Huthi-Rebellen und sunnitisch-salafistischen Freischärlern und im Südjemen zwischen Separatisten und der staatlichen Armee wieder aufgeflammt. Währenddessen reißen die Überfälle und Bombenanschläge von Al Kaida auf der Arabischen Halbinsel (Al Qaeda in the Arabian Peninsula - AQAP) gegen Huthis, die Sicherheitskräfte der Zentralregierung in Sanaa und die Anhänger einer erneuten Gründung des einst säkularen Südjemens mit der Hauptstadt Aden nicht ab. Zusätzlich erfolgt alle paar Tage im Jemen ein Drohnenangriff der CIA, der sich gegen die Aktivisten der AQAP richtet, nicht selten aber auch unschuldigen Zivilisten den Tod bringt.

Bereits das Ende der Beratungen, die unter der Leitung von Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi stattfanden und den Weg Jemens aus der dreißigjährigen Diktatur des 2012 durch Massenproteste zum Rücktritt gezwungenen Ali Abdullah Saleh weisen sollten, war von brutaler Gewalt gekennzeichnet. Am Morgen des 22. Januars wurde in Sanaa Ahmed Scharafeldin, ein Universitätsprofessor, der die Huthis auf der Konferenz vertrat, in seinem Auto von unbekannten Männern erschossen. Nur zwei Stunden später explodierte eine Bombe unter dem Auto von Abdulwahab al Ansi, dem Generalsekretär der islamistischen Islah-Partei. Die Explosion ließ Al Ansi unversehrt, sein Sohn dagegen erlitt schwere Verletzungen.

Scharafeldin war der zweite Delegierte der Konferenz des Nationalen Dialogs, der ermordet wurde. Bereits im vergangenen November war der Parlamentsabgeordnete Abdulkarim Jadban, der ebenfalls die Huthis bei den Gesprächen über eine Lösung der innenpolitischen Krise vertrat, erschossen worden, als er eine Moschee verließ. Die Attentate auf Scharafeldin und Jadban ähneln sich in der Art ihrer Ausführung - auf das Opfer wird auf offener Straße vom Soziussitz eines vorbeifahrenden Motorrads aus das Feuer eröffnet - jenen Anschlägen, die seit Monaten ranghohe Mitglieder von Armee, Polizei und Geheimdienst das Leben kosten.

Wer hinter der Attentatsreihe steckt, die offenbar eine Schwächung des staatlichen Sicherheitsapparats zum Ziel hat, ist nicht klar. Als wahrscheinlichste Urheber werden die Islamisten von AQAP gehandelt. Verdacht fällt aber auch auf die Anhänger des noch einflußreichen Ex-Präsidenten Saleh bzw. des ehemaligen Generalmajors Ali Mohsen Al Ahmar. Der einst zweitmächtigste Mann Jemens hatte Saleh im März 2011 wegen des blutigen Überfalls der Armee auf friedliche Demokratieanhänger in Sanaa die Gefolgschaft verweigert und ihn entscheidend geschwächt. 2012 wurde Ali Mohsen Al Ahmar im Zuge des Vorhabens von Präsident Hadi, die jemenitischen Streitkräfte zu reformieren, selbst als Kommandeur der 1. Panzerdivision entlassen.

Daß der Ausgang des nationalen Dialogs die erhoffte Versöhnung der verschiedenen ethnischen, politischen und religiösen Gruppen im Jemen nicht herbeiführt - jedenfalls nicht kurzfristig -, zeigen die Ereignisse vom 31. Januar. An diesem Tag kam es in mehreren Landesteilen zu Gewaltausbrüchen. Bei einem Überfall auf einen Kontrollposten der Armee nahe der Stadt Schibam in der östlichen Provinz Hadramaut kamen 17 Soldaten ums Leben. Zu dem Angriff bekannte sich später die AQAP, ohne Angaben über eigene Verluste zu machen. Nur wenige Stunden zuvor waren zwei Streifenpolizisten in der zentraljemenitischen Provinz Baida von unbekannten Schützen ermordet worden. Am selben Tag kamen in der nördlichen Provinz Omran bei schweren Kämpfen zwischen Huthi-Rebellen und Milizionären des Haschid-Stammes 60 Menschen ums Leben.

1. Februar 2014