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NAHOST/1597: USA - fast eine Kriegserklärung ... (SB)


USA - fast eine Kriegserklärung ...


Spätestens seit der gegenüber dem Iran extrem aggressiven ersten öffentlichen Rede Mike Pompeos als US-Außenminister am 21. Mai stehen die Zeichen im Persischen Golf auf Krieg. Der ehemalige CIA-Chef hat die "härtesten Sanktionen" aller Zeiten gegen die Islamische Republik angekündigt und eine Reihe unerfüllbarer Forderungen an die Adresse des "Regimes" in Teheran gestellt. Auch wenn sie den Namen nicht trug, ist die Rede Pompeos an der rechtskonservativen Heritage Foundation in Washington nicht anders als eine Kriegserklärung zu deuten. Die Regierung Donald Trumps fordert von den Iranern die vollständige Unterordnung unter die Interessen der USA in der Region. Solange sie nicht einlenken, wird der Iran massivem diplomatischen, militärischen und wirtschaftlichen Druck mit dem Ziel ausgesetzt, das Land zu destabilisieren und die Führung in Teheran zu irgendeinem Akt zu provozieren, den Washington als Vorwand für einen militärischen Angriff nutzen kann.

"Back to the future? Bolton, Trump and Iranian regime change" - so lautete der aufschlußreiche Artikel, den der US-Historiker Gareth Porter bereits am 19. Mai auf der Website der Zeitung Middle East Eye über den Konfrontationskurs veröffentlicht hat, den Washington gegenüber Teheran mit dem Anfang Mai erfolgten Ausstieg Trumps aus dem 2015 von den USA, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Rußland mit dem Iran vereinbarten Atomabkommen eingeschlagen hat. Wie kein zweiter hat Porter in den letzten Jahren mit regelmäßigen Aufsätzen bei Truthdig und Consortium News in allen abstrusen Einzelheiten die laufende Propagandakampagne amerikanischer Neokonservativer und israelischer Hardliner zum Thema der angeblich vom Iran ausgehenden Atombombengefahr entlarvt. Als Haupttreiber des erneuten Anlaufs Washingtons und Tel Avivs in Richtung eines "Regimewechsels" sieht Porter Trumps neuen nationalen Sicherheitsberater John Bolton.

Einige historische Tatsachen sprechen für die Treffsicherheit der Porterschen Pointe "Zurück in die Zukunft". Aktuell wird auf höchster Ebene innerhalb der EU diskutiert, wie man europäische Unternehmen wie Siemens, Total und Aviva, die geschäftlich im Iran tätig sind, vor Sekundärsanktionen der USA schützen kann. Erwogen wird ein eigenes EU-Gesetz ähnlich dem, das Brüssel zur Abwehr der 1996 vom US-Kongreß wegen Nuklearforschung und Unterstützung des "internationalen Terrorismus" gegen den Iran und Libyen verhängten Sanktionen erlassen hat. Schon damals galt Bolton wegen seiner Tätigkeit als Berater des republikanischen Rechtsaußen Senator Jesse Helms aus North Carolina als führender Initiator dieser Sanktionen. Im selben Jahr verfaßte Bolton zusammen mit Richard Perle und anderen zionistischen Ideologen in den USA jenes berühmte Strategiepapier "A Clean Break", das dem damaligen israelischen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu Tipps gab, wie er nach der Wahl zum Premierminister das "strategisches Umfeld" seines Landes mittels Destabilisierung der Nachbarstaaten bis hin zum Regierungssturz neu gestalten könnte.

Nach den Flugzeuganschlägen vom 11. September 2001 haben die USA unter dem Vorwand des "globalen Antiterrorkrieges" mit der Umsetzung von "A Clean Break" begonnen. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Bolton als Staatssekretär im State Department, zuständig für die Bekämpfung des "internationalen Terrorismus" sowie der Proliferation von Massenvernichtungswaffen. Wegen angeblicher Nähe zum Al-Kaida-"Netzwerk" wurde 2003 das "Regime" Saddam Husseins gewaltsam gestürzt. Nach der raschen Eroberung des Iraks und Einnahme von Bagdad galt der Iran als nächstes Angriffsziel. Nur wegen des Aufstands schiitischer und sunnitischer Gruppen gegen die angloamerikanischen Besatzer konnte das ehrgeizige Vorhaben nicht umgesetzt werden. Dennoch bestand die ganzen acht Jahre der Regentschaft der Republikaner George W. Bush und Dick Cheney im Weißen Haus akute Kriegsgefahr am Persischen Golf. 2011, noch während der Präsidentschaft des Demokraten Barack Obama, ist es den Neocons doch noch gelungen, den Sturz Muammar Gaddhafis in Libyen herbeizuführen und einen blutigen Aufstand dschihadistischer Kräfte gegen das "Regime" Baschar Al Assads in Syrien loszutreten, der bekanntlich bis heute anhält.

Laut Gareth Porter hat Bolton vor kurzem im Nationalen Sicherheitsrat ein dreiseitiges Papier in Umlauf gebracht, das von der ihm nahestehenden Denkfabrik Security Studies Group (SSG) stammt und in dem verschiedene Wege, den Iran zu destabilisieren, offen erörtert werden. Hierzu zählen neben wirtschaftlichen Druckmitteln die verstärkte Unterstützung verschiedener gewaltbereiter separatistischer Gruppen im Iran wie der Dschundullah im östlichen Belutschistan, arabischer Nationalisten in Khuzestan am Persischen Golf und kurdischer Freischärler in der nordwestlichen Grenzregion zum Irak und zur Türkei. Namentlich werden in dem SSG-Dokument auch die iranischen Volksmudschaheddin (MEK) genannt, die von Israel seit Jahren protegiert und verwendet werden, wenn es darum geht, Attentate auf iranische Atomphysiker zu verüben oder Enthüllungen über den jüngsten Stand der Nuklearforschung in der Islamischen Republik in die Welt zu setzen. Wie zahlreiche andere zionistische Politiker in den USA gilt Bolton seit Jahren als Freund der MEK und hat Gelder von ihnen für Redeauftritte genommen, als die Gruppe noch offiziell auf der US-Terrorliste stand. Auf einer Konferenz der MEK im vergangenen Jahr in Paris hat Bolton unter tobendem Applaus den Machtwechsel in Teheran für 2019 angekündigt.

In den letzten Wochen hat die israelische Luftwaffe mehrmals iranischer Ziele in Syrien angegriffen. In seiner bombastischen Rede an der Heritage-Stiftung hat Mike Pompeo von Teheran den vollständigen Abzug aller iranischer Militärberater aus Syrien, den Verzicht auf jede Einflußnahme auf die Politik im Irak, die Einstellung jeder Hilfe für die schiitischen Huthis im Jemen sowie ein Ende der Unterstützung für die Hisb Allah im Libanon und der Hamas im Gazastreifen verlangt. Dazu wird es nicht kommen. Das hat Irans Präsident Hasan Rohani in seiner Erwiderung auf Pompeos Erklärung klargestellt. Folglich sind die Felder innerhalb und außerhalb des Irans, auf denen sich ein militärischer Konflikt mit den USA entzünden könnte, zahlreich. Ein weiteres kommt hinzu. Wie die Zeitung The Hill, die auf das Politgeschehen rund um den Kapitolhügel in Washington spezialisiert ist, am 21. Mai berichtete, will das Pentagon den angeblich "unheilvollen Einfluß" des Irans im Nahen Osten unter anderen durch die verstärkte Durchführung von Operationen zur Aufrechterhaltung der "Navigationsfreiheit" im Persischen Golf "eindämmen". Da sind Zusammenstöße mit iranischen Marineinheiten in der Straße von Hormus, wo wegen der extremen Enge eine Fahrrinne die Hoheitsgewässer der Islamischen Republik kreuzt, vorprogrammiert.

22. Mai 2018


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