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NAHOST/1637: Bahrain - antidemokratischer Alltag eines US-Partners ... (SB)


Bahrain - antidemokratischer Alltag eines US-Partners ...


Am 24. November finden in Bahrain Parlamentswahlen statt. Diese haben ausschließlich Fassadenfunktion, denn seit 2011, als die sunnitische Herrscherfamilie Al Khalifa die Demokratiebewegung der schiitischen Mehrheitsbevölkerung Bahrains mit Hilfe saudischer und pakistanischer Truppen brutal niederschlug, herrscht in dem winzig kleinen Königreich am Persischen Golf der Polizeistaat. In den oppositionellen Hochburgen in den armen Siedlungen am Rande der Hauptstadt Manama herrscht permanenter Ausnahmezustand. Razzien finden regelmäßig statt. Unzählige meist junge Menschen sitzen wegen Teilnahme an irgendwelchen Demonstrationen im Gefängnis. An der Aufrechterhaltung dieser traurigen Bedingungen verdienen sich westliche Ex-Polizeioffiziere und Ex-Militärkommandeure als "private Sicherheitsdienstleister" dumm und dämlich. Die meisten dieser Krisenprofiteure stammen aus den USA, deren 5. Flotte in Bahrain ihren Heimathafen unterhält, und dem Vereinigten Königreich, dessen Marine sich vor kurzem in dem einstigen Protektorat Großbritanniens ebenfalls einen Stützpunkt eingerichtet hat.

Ein starker Beleg für die Fadenscheinigkeit der kommenden Wahlen waren die Urteile, die in Manama am 4. November gegen drei der wichtigsten Oppositionsführer des Landes verhängt wurden. Scheich Ali Salman, Generalsekretär der schiitischen Partei Al Wefaq, der größten politischen Gruppierung des Landes, sowie zwei seiner Mitstreiter, Scheich Hassan Sultan und Ali Alaswad - letztere in Abwesenheit, da sie sich im Exil befinden - wegen Hochverrats und der Zusammenarbeit mit der Regierung Katars zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt. Amnesty International, dessen Beobachter den Schauprozeß begleitet haben, sprach von einer "Verhöhnung der Gerechtigkeit". Als wichtigstes Beweisstück diente ein Telefongespräch Scheich Salmans mit dem früheren katarischen Premierminister Scheich Hamad bin Jassim Al Thani, das nach Meinung unabhängiger Experten von der bahrainischen Staatsanwaltschaft manipuliert worden war.

Das Gespräch fand 2011 auf dem Höhepunkt des "Arabischen Frühlings" im allgemeinen und der Demonstrationen der bahrainischen Zivilgesellschaft für Reformen im besonderen statt. Bereits 1994 war Scheich Salman ins Visier der Justizbehörden Bahrains geraten, ohne Anklage mehrere Monate lang festgehalten und gefoltert worden, bevor er anschließend für 15 Jahre ins Exil abgeschoben wurde. Nach der Niederschlagung der Demokratiebewegung im März 2011 haben er und die anderen Al-Wefaq-Abgeordneten im 40sitzigen Parlament ihre Mandate ruhen lassen. Die letzten Parlamentswahlen 2014 hat die Partei wegen der anhaltenden Repressionswelle boykottiert. Derzeit sitzt Scheich Salman eine vierjährige Gefängnisstrafe wegen Beleidigung des Innenministeriums sowie Anstachelung zur Gewalt gegen sunnitische Mitglieder der Sicherheitskräfte ab. 2016, ein Jahr nach der Verhaftung Al Scheichs, wurden Al Wefaq sowie die säkulare National Democratic Action Society (Waad) auf gerichtliche Anordnung aufgelöst und ihr Parteivermögen konfisziert.

Aktuell nehmen die Streitkräfte Bahrains in Ägypten an einem zweiwöchigen Manöver teil, das der geplanten Schaffung einer sunnitischen Militärallianz dienen soll, die an der Seite der USA und Israels gegen den Iran gerichtet ist. Das Kriegsspiel, das vom 3. bis zum 16. November dauert, heißt "Arabischer Schild 1". Daran nehmen Soldaten aus Ägypten, Bahrain, Kuwait, Jordanien, Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) teil. Seit drei Jahren versuchen die Armeen dieser Staaten im Jemen vergeblich, die schiitische Huthi-Rebellen wegen angeblicher Nähe zum Iran in die Knie zu zwingen. Beim Manöver in Ägypten fehlen Militärs aus Katar, gegen das Saudi-Arabien, die VAE und Bahrain 2016 wegen Dohas guter Beziehungen zu Teheran sowie seiner angeblichen Unterstützung des "Terrorismus" in Form der Muslimbruderschaft einen diplomatischen und wirtschaftlichen Boykott verhängt haben.

Derzeit laufen die Bemühungen Washingtons und Tel Avivs, Israel aus der Isolation im Nahen Osten zu führen, die Beziehungen zu den sunnitischen Nachbarstaaten zu normalisieren und auf dieser Weise die Palästinenser wieder zu isolieren, auf Hochtouren. Unter der Regie von Kronprinz Mohammed bin Salman, dem De-facto-Staatschef Saudi-Arabiens, rennen Israels Vertreter überall auf der arabischen Halbinsel offene Türen ein. Anfang November führte Benjamin Netanjahu den ersten Besuch eines israelischen Premierministers im Sultanat Oman, das traditionell eine Schaukelpolitik zwischen Riad und Teheran verfolgt, durch. Fast zeitgleich wohnte die israelische Kulturministerin einer internationalen Judo-Meisterschaft in der VAE-Hauptstadt Abu Dhabi bei.

Am 2. November lobte Bahrains Außenminister Khalid bin Khalifa den israelischen Regierungschef wegen dessen "klarer Position bezüglich der Wichtigkeit regionaler Stabilität und der Rolle Saudi-Arabiens im Kontext einer solchen Stabilität". Gemeint war der heldenhafte Einsatz Netanjahus bei der Regierung von US-Präsident Donald Trump für Kronprinz Mohammed in der Affäre um die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi am 2. Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul. Während alle Welt wegen des gräßlichen Meuchelmords die Absetzung Mohammeds als saudischer Thronfolger verlangte, machte sich Netanjahu als langjähriger Freund der Familie von Trumps Schwiegersohn und Sonderberater Jared Kushner, für den in Mißkredit geratenen Kronprinzen stark, weil Kushner, genau wie der Likud-Chef selbst, von der fixen Idee einer vom Iran ausgehender existentiellen Bedrohung für Israel besessen ist. Solange solche Ränkespiele im Nahen Osten ihr Unwesen treiben, sind Wahlen in Bahrain sinnlos und alle Hoffnungen auf einen demokratischen Aufbruch in der Region vollkommen illusorisch.

11. November 2018


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