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BERICHT/214: EU-Umlastkonverter - Viel Feind', viel Ehr' ... (SB)


Vom Streit unter Linken

"Griechenland, EU und Euro in der Krise" - Veranstaltung am 9. Oktober 2015 in Hamburg-Altona


Der ewige Streit unter Linken um Positionen, Bündnisse und Aktionen ist nicht beizulegen. Wäre sein Ende jemals in Sicht, müßte man um den Fortbestand widerständigen, aufbegehrenden und unbeugsamen Denkens und Handelns fürchten. Mit wachsender Entschiedenheit, die herrschenden Verhältnisse für inakzeptabel zu erklären und ihnen eine unwiderrufliche Absage zu erteilen, verlieren die bloßen Versprechen auf Lebensstandard, Schutzgarantie und Sicherheit ihre Bindekraft, wachsen die Fragen und Zweifel und mit ihnen auch die Furcht, in Parteinahme für die Schwachen und Unterdrückten deren Schicksal der Ausgrenzung zu erleiden. So geht der Druck staatlicher Repression von außen mit der zersetzenden Wirkung eigener Beteiligung an Raub und Vorteilsstreben von innen einher. In dieser Gemengelage, die Herrschaft erst möglich macht, gleicht die Kursbestimmung der Linken zwangsläufig einer Navigation zwischen Untiefen, Klippen und Strudeln, stets bedroht von der Übermacht des Gewaltmonopols und zugleich gelockt von der Heimkehr in den vermeintlich sicheren Hafen geduldeter Teilhaberschaft.

Was sich in den geführten Kämpfen erst bekräftigen oder verwerfen, vorantreiben oder zurücklassen läßt, steht in unmittelbarer Auseinandersetzung nicht mit den fernen Führungsfiguren von Staat und Kapital, sondern den allernächsten Protagonisten der etablierten Ordnung, aber auch den eng benachbarten Strömungen, Gruppierungen und Organisationen. Mit Hoffnungen aufgeladen und von Enttäuschungen verbittert ist insbesondere das Verhältnis zu jenen Interessen, die den eigenen am nächsten sind und doch nicht am selben Strang ziehen. So nimmt es nicht wunder, daß Intimfeindschaften unter Linken ins Kraut schießen und oftmals dem Einsatz aller Kräfte an der Front sozialer und politischer Kämpfe den Rang ablaufen.

Dies gilt um so mehr, als das Feld gesellschaftlicher Auseinandersetzungen unter Beobachtung steht, infiltriert wird und nicht zuletzt von ideologischen Konterstrategien durchsetzt ist, die weit über traditionelle Propaganda hinausgehen. Postmarxistische Klassenkampfaversion und poststrukturalistische Selbstreferenzialität haben der marxistischen Rezeption und Praxis mehr zugesetzt, als es das Trommelfeuer aus dem konservativen Lager vermocht hätte. Daß diese Denkkontrolle greifen kann, verdankt sich der allzu menschlichen Bereitschaft, auf dem Weg an die Front nicht nur zurückzufallen, sondern auf Nebenschauplätze abzubiegen oder gar die Umkehr zur höchsten Einsicht und Tugend zu erklären.

Überdies ist die Geschichte der Linken befrachtet mit blutigen Auseinandersetzungen um Richtung, Führung und Einfluß, die man weder vergessen, noch selbstgerecht und selektiv zu eigenen Gunsten zitieren sollte. Im übrigen lehrt schon die jüngere deutsche Vergangenheit, wie kurz der Weg vom Straßenkämpfer über den Grünenführer zum Kriegstreiber sein kann. Daß Sozialdemokraten und Grüne in die Bresche sprangen, als bellizistischer Imperialismus und Demontage des Sozialstaats auf der Tagesordnung kapitalistischer Verwertung standen, zeugt von der Bindekraft reformistischer Befriedung zur Abwendung andernfalls gewärtiger Unwuchten und Widerstände.

Daß der Sozialismus gescheitert sei und der Klassenkampf als historische Fehlentwicklung entsorgt werden müsse, ist ein ideologischer Schuh, den man sich auch dann nicht anziehen sollte, wenn sich die zählbaren Kräfteverhältnisse zu erdrückender Beweiskraft aufzutürmen scheinen. Wer vom Hinüberwachsen in eine bessere Welt fabuliert, kommt freilich nicht umhin, sein Fähnchen in den Wind um jeden Preis zu erwirtschaftender Mehrheiten zu hängen. Wer demgegenüber auf der zwangsläufigen Minderheitsposition beharrt, daß ein revolutionärer Kampf in unüberbrückbarem Widerspruch zu den herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen steht, hält diesen Entwurf gegen Totengräber jedweder Couleur offen.


Beim Vortrag auf dem Podium - Foto: © 2015 by Schattenblick

Referent Kurt Baumann und Moderator Deniz
Foto: © 2015 by Schattenblick


Die Position der KKE ausloten

Um diese Diskussion am Beispiel Griechenlands zu führen, sollte man nicht darauf verzichten, auch die Position der Kommunistischen Partei (KKE) auszuloten. Sie ist nicht nur die älteste politische Partei des Landes, sondern gilt auch als eine der wichtigsten und zugleich radikalsten kommunistischen Parteien Europas. Dies sollte für sich genommen Anlaß genug sein, der Frage nachzugehen, wie es der KKE gelungen ist, sich dem jahrzehntelangen Trend im europäischen Umfeld zu widersetzen, ohne zu einem marginalen Relikt ohne nennenswerte Basis und Wirkung zu schrumpfen. Dieses Phänomens ungeachtet, wird die KKE selbst unter Linken weithin ausgeblendet oder mit einem Vokabular der Bezichtigung überzogen, wie es der bürgerliche Antikommunismus kaum schärfer in Stellung bringen könnte. Sie sei stalinistisch, sektiererisch, spalterisch, bündnisunfähig, intransparent und nicht gesprächsbereit, so die Palette erhobener Vorwürfe, die sich fast beliebig ergänzen ließe.

Solange der Aufstieg Syrizas bis in die Regierungsverantwortung anhielt und die Wahlversprechen noch nicht gebrochen schienen, verwies man die KKE in den Rang einer irrelevanten Randnotiz, da sie die Zeichen der Zeit nicht erkenne und sich dem greifbar nahen Fortschritt verweigere. Nach dem Scheitern der vorgehaltenen Anliegen Syrizas und dem Schwenk der Parteiführung um Alexis Tsipras hin zu einer Sachwalterschaft der EU-Interessen in Griechenland, räumte man da und dort anflugsweise ein, daß die Kommunisten mit ihrer Einschätzung vielleicht doch nicht ganz falsch gelegen hätten.

Um dieser Spur nachzugehen und sie mit Fakten zu erhärten, war eine Delegation der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) auf Einladung des KKE-Jugendverbandes KNE vom 17. bis 28. September nach Griechenland gereist. Von dieser Rundreise und den dabei gewonnenen Eindrücken und Erkenntnissen berichteten Teilnehmer im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Griechenland, EU und Euro in der Krise" [1] im Magda-Thürey-Zentrum (MTZ). Angesichts des Vorhabens, nicht nur die mitunter staubtrockenen Erklärungen der KKE zu lesen, sondern deren Basisarbeit vor Ort in Augenschein zu nehmen, war der Zeitpunkt günstig: Zum einen fand gerade der Wahlkampf statt, zum andern bot die aktuelle Entwicklung Gelegenheit, den Fokus auf die Flüchtlingsarbeit der KKE zu legen.


Parteilicher Kampf an der sozialen Front

Wie im Vortrag zu erfahren war, hat die KKE in ihrem Umfeld und Einflußbereich ein sogenanntes Volksbündnis aufgebaut: Kämpferische Gewerkschafter in der PAME, Frauen in der OGE, Studierende in der MAS, kleine Selbständige in der PASEVE und Bauern in der PASY. Dahinter stehe der Ansatz, daß sich Menschen vor Ort wie auch regional zusammenschließen und Volkskomitees bilden, die mit den jetzt zu gründenden Solidaritätskomitees vernetzt werden sollen. Solidarität müsse organisiert werden, und diese Arbeit greife fast wie ein Räderwerk ineinander.

Die Delegation der SDAJ hatte Gelegenheit, unter anderem ein Zentrum für Arbeiter und Immigranten zu besuchen. Dafür habe die lokale PAME-Struktur ein Wohnhaus in einem der ärmeren Viertel Athens angemietet, um dort Schulungen durchzuführen. Das 2011 eingerichtete Zentrum haben demnach bislang 2500 Menschen in verschiedenen Kursen durchlaufen, wobei nicht nur die griechische Sprache, sondern zugleich Klassenbewußtsein vermittelt worden sei. Der dabei erlernte Wortschatz solle die Einwanderer befähigen, ihre Stellung in der Gesellschaft zu erfassen. Eine längere Ausbildung, die zu einem Äquivalent der Mittleren Reife führt, dauert zwei bis drei Jahre. Migranten, die diese Schule besucht haben, seien hinterher, weil sie nebenbei arbeiten müssen, zu fast 100 Prozent gewerkschaftlich organisiert.

Normalerweise würden neuankommende Flüchtlinge in den Häfen direkt von Leuten abgefangen, die sie als Arbeiter zweiter Klasse ausbeuten wollen. Mit Unterstützung der PAME gründeten Migranten mitunter eigene Organisationen, um beispielsweise über Verhaftungen zu informieren und gemeinsam die betreffende Polizeistation aufzusuchen. Es gehe also nicht um karitative Fürsorge für die Flüchtlinge, sondern um die Vermittlung von Handwerkszeug, damit sie sich wehren können. Die KKE könne und wolle keine staatlichen Schulen ersetzen, sondern führe ihre eigene Schulung durch.

Angesichts der Flüchtlingswelle habe die EU beschlossen, die Festung Europa noch stärker abzuschotten. Teile der Frontex-Struktur seien zugleich Stützpunkte der NATO, wobei die Syriza-Regierung noch vor dem Memorandum einen neuen NATO-Stützpunkt auf einer Insel gebilligt habe und damit die Flüchtlingsabwehr mit aufbaue. In einer spektakulären Aktion habe die PAME das aus den Medien bekannte Bild des toten Flüchtlingskindes Alan, das in der Türkei angeschwemmt wurde, auf eine gut 10 mal 15 Meter messende Plane vergrößert, die sie mit einer Demonstration von mehreren tausend Leuten an der zentralen Botschaft der EU in Athen anbrachte und mit der Aufschrift versah: "Mörder und Heuchler sind die Imperialisten der EU". In diesem Zug seien viele Migranten nicht als Schaufensterpuppen in der ersten Reihe vorgeführt, sondern in die organisierten Blocks integriert worden.

Bemerkenswert sei auch die Kampagne "No one left alone", welche die Solidarität stärken und Vertrauen in die eigene Stärke schaffen soll. Wo Not herrscht, werden insbesondere Lebensmittel, Medikamente und Kindernahrung über die Solidaritätskomitees organisiert und bereitgestellt. Man dürfe nicht zulassen, daß Furcht und Resignation die Oberhand gewinnen, bedient sich die PAME in diesem Kontext einer antifaschistischen Losung, die zum Ausdruck bringen soll, auf welcher Grundlage die Faschisten ihre Anhänger gewinnen.


Transparente zur Kampagne 'Keiner bleibt alleine!' - Foto: 2015 by Schattenblick

Foto: 2015 by Schattenblick

Die Flüchtlingsfrage sei untrennbar mit dem Kampf gegen die Faschisten der Goldenen Morgendämmerung verbunden. Die KKE spreche von "isolieren und loswerden": Wo Menschen für ihre Interessen eintreten und die Kommunisten präsent sind, hätten Faschisten nichts mehr zu sagen. Gleiches gelte für die Bildungszentren und Demonstrationen, die vor der Polizei wie auch den Faschisten geschützt werden.

Ungeachtet der Kapitalbewegungen im Zuge der Krise sei das klassische Handelskapital der Reederei und des Transportgewerbes keineswegs abgewandert. In den Häfen konzentrierten sich Kapital und Produktivität mit zahlreichen Zulieferern und dem Kleingewerbe. Historisch gesehen habe die Diktatur im Dienst der nationalen Bourgeoisie den Zugriff ausländischen Kapitals zeitweise gebremst. Die KKE unterscheide nicht grundsätzlich in nationales und internationales Kapital, sondern spreche vom selben Klassenkampf und versuche im ersten Schritt, in den Betrieben kämpferische gewerkschaftliche Strukturen aufzubauen. Gewerkschaften seien in Griechenland entsprechend dem relativ kleinen Sektor organisiert, für den sie zuständig sind. So könnten auf einem Schiff bis zu 40 verschiedene Gewerkschaften aktiv sein. Deshalb organisierten sich die Gewerkschaften in sogenannten Arbeiterzentren, um größere Schlagkraft zu entwickeln. Die PAME sei sowohl in den einzelnen Gewerkschaften als auch in den Arbeiterzentren aktiv und damit eine der wenigen Organisationen, die eine flächendeckende Koordination gewährleisten können. Abwehrkämpfe gegen das Memorandum fingen im Betrieb an, wobei die beiden Gewerkschaftsdachverbände für den privaten respektive staatlichen Sektor unter der Syriza-Regierung nicht mehr zum Streik aufriefen. Dies bleibe inzwischen allein der PAME vorbehalten, für die es nach wie vor um den antikapitalistischen Kampf gehe.

Da die KKE keine eigene Schülerorganisation unterhält, übernimmt die KNE diese Aufgabe. Wie ein KKE-Bürgermeister in diesem Zusammenhang berichtet habe, sei es gelungen, anstelle der geforderten Stellenstreichungen in einer Schule den Unterricht von MAS-Genossinnen und Genossen durchführen zu lassen, die dann aber auch ihren eigenen Lehrplan umsetzten. Auf dem Lande kämpfe der Bauernverband PASY gegen Monopolbildung, fördere den Verkauf auf dem lokalen Markt und leiste handfesten Widerstand gegen Pfändungen.


Kurt Baumann mit Zeitungsartikel - Foto: © 2015 by Schattenblick

Einblicke in den Kampf einer revolutionären Partei
Foto: © 2015 by Schattenblick


Bündnisfragen der Kommunisten

Was die häufig gestellte Frage nach einer Volksfront betrifft, habe die KKE in ihrer Geschichte schlechte Erfahrungen gemacht. Während die Partisanenverbände gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ihre Waffen abgaben, zog die britische Besatzungsmacht Truppen von der Front ab, um Jagd auf kommunistische Einheiten zu machen. Auf ihrem XIV. Parteitag habe die KKE 1996 die Losung der Zwischenstadien auf dem Weg zur Volksmacht aufgegeben und unterscheide seither nicht mehr zwischen verschiedenen Gruppen des Monopolkapitals, womit die Strategie einer Volksfront obsolet sei. Unklar bleibe indessen, ob diese Entscheidung analytisch und damit grundsätzlich oder vielmehr taktisch/strategischer Natur sei. Während die KKE Bündnisse mit Teilen des Großkapitals ausschließe, befürworte sie antimonopolistische Bündnisse bis hin zu kleinen Selbständigen und Gewerbetreibenden.

Während man aus deutscher Sicht zu Recht die besondere Rolle des hiesigen Imperialismus hervorhebe und beispielsweise in Aktionseinheit Entschädigungszahlungen für Distomo fordere, verweise die KKE auf den Blutzoll durch den britischen Imperialismus. Offenbar würde die KKE wohl auch im Falle eines Putsches nicht für eine Volksfront, sondern für ein Volksbündnis eintreten. Ein augenfälliger Unterschied sei insbesondere, daß man in Deutschland vor allem Bündnisse mit anderen Parteiführungen oder Parteien im Blick habe, während die KKE für soziale Bündnisse im Sinne von Aktionseinheit eintrete, die am jeweiligen Ort wie etwa einem Wohnblock oder in einem Stadtviertel die dort lebenden Menschen unabhängig von ihrer Parteimitgliedschaft einschließe.

Die KKE bezeichne Griechenland nicht als Kolonie der EU, sondern spreche von einer Pyramide der kapitalistischen und imperialistischen Staaten, deren kleinere ihrerseits zu expandieren und Kapital zu exportieren trachten. Der Hauptfeind stehe im eigenen Land, was natürlich gleichermaßen für Deutschland gelte: Was man dem deutschen Imperialismus abtrotzt, fehle ihm anderswo. Ansprechpartner der KKE in der Türkei sei die dort verbotene Kommunistische Partei (TKP). So hätten die beiderseitigen Jugendverbände beispielsweise vorübergehend die Panzer besetzt, die einander in der Tiefebene des Grenzgebiets gegenüberstehen.

Im politischen Spektrum der Linken sei das Verhältnis der KKE zu den Libertären und Anarchisten angespannt. Wie im Athener Stadtviertel Exarchia zu sehen gewesen sei, werde dieses von den Rändern her in ein Touristenviertel umgewandelt. Ein Widerstand vor Ort sei nicht zu erkennen, es existierten offenbar keine Basisstrukturen, und die Anarchisten säßen am Rande und schauten zu. Deren entscheidende Schwäche bestehe darin, daß sie am Ort, an dem sie leben, keine Mobilisierungsstärke entwickelten. Ein Gegenbeispiel sei eine Wahlkampfveranstaltung der KKE in Patras gewesen, bei der zunächst ein Lautsprecherwagen auffuhr, der Arbeiterlieder spielte. Diese kulturelle Anspreche habe viele Leute angezogen, während unterdessen kleinere Demonstrationszüge aus lokalen Betrieben, Schulen und Universitäten gebildet worden seien, die sich auf dem Kundgebungsplatz vereinigten.

Die Frage, warum die Syriza-Anel-Regierung trotz der um sich greifenden Enttäuschung zahlreicher Menschen erneut gewählt wurde und relativ fest im Sattel sitzt, sei nicht leicht zu beantworten. Die KKE führe dies wie auch die eigenen Stimmenverluste insbesondere darauf zurück, daß mit dem Memorandum Furcht und Resignation durchgesetzt würden. Bei den neuen sozialen Bewegungen, die von Syriza mobilisiert würden, handle es sich im wesentlichen um kleinbürgerliche Elemente und damit nicht jene Menschen, die von der Krise am härtesten getroffen würden. Um als Kommunist aktiv zu werden, müsse man die bewußte politische Entscheidung treffen, gegen diese Furcht und Resignation anzukämpfen. Dem stehe das viel leichter umzusetzende Versprechen Syrizas gegenüber, man könne an der Wahlurne eine Veränderung herbeiführen. Einen schmerzlosen Weg zum Sozialismus per Transformation durch eine bloße Wahlentscheidung gebe es jedoch nicht.

Die KKE fordere den Austritt aus der NATO und der EU und verlange, jegliche aktuellen oder früheren Auflagen der Troika zurückzuweisen. Dies sei auch ihre Reaktion auf ein früheres Angebot Syrizas zum Wahlbündnis und einer möglichen Regierungsbeteiligung gewesen. Diese entschiedene Ablehnung des Imperialismus und jeder Form einer kapitalistischen Regierung habe Syriza nicht geteilt. Als diese später an die Regierung gekommen sei, habe die KKE den Antrag eingebracht, alle Wahlversprechen hinsichtlich sozialer Fortschritte einzulösen, worauf Syriza gemeinsam mit allen anderen Parteien bis hin zu den Faschisten dafür stimmte, nicht über diesen Antrag zu debattieren. Die KKE habe sich bereiterklärt, jeden noch so kleinen Fortschritt mit durchzusetzen, was sie auch im Einzelfall getan habe. Eine Regierungsbeteiligung sei für sie jedoch nur dann relevant, wenn dies einen Schritt zur Arbeitermacht darstelle.

Die Position gegenüber der neugegründeten Partei Volkseinheit, welche die KKE als Syriza 2 bezeichnet, decke sich mit jener gegenüber Syriza selbst. Es mache keinen Unterschied, ob die Arbeiterklasse in Euro oder Drachme kein Geld habe. Die Währung sei nicht die zentrale Frage, wesentlich seien hingegen die Mitgliedschaft in der NATO, in der EU wie auch die Machtverhältnisse in Griechenland. Das Scheitern Syrizas sei eine Niederlage des Reformismus sowohl als Ideologie wie auch als Strömung. Gegenüber den fast 10 Prozent vor dem Aufschwung Syrizas seien die 5 Prozent der KKE bei den letzten beiden Wahlen natürlich ein schwerer Rückschlag. Dessen ungeachtet sei sie keineswegs eine marginale Erscheinung, sei doch jeder Zwanzigste bereit, die Kommunisten zu wählen. Von einer Parallelwelt zu sprechen, in die sich die KKE zurückgezogen habe, gehe an den Tatsachen vorbei. Wenngleich sie nicht wie Syriza medial in Erscheinung trete, sei sie doch an den entscheidenden Orten präsent, an denen der Klassenkampf ausgefochten werde.


Fußnote:

[1] http://www.kapitalismus-in-der-krise.de/


Veranstaltungsreihe "Griechenland, EU und Euro in der Krise" im Schattenblick
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BERICHT/210: EU-Umlastkonverter - Monopoly ... (SB)
INTERVIEW/279: EU-Umlastkonverter - Politprothetik ...    Andreas Wehr im Gespräch (SB)

16. Oktober 2015


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