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FRAUEN/302: Argentinien - Brandanschläge auf Frauen nehmen zu (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Januar 2011

Argentinien: "Du wirst brennen wie Wanda" - Brandanschläge auf Frauen nehmen zu

Von Marcela Valente


Buenos Aires, 20. Januar (IPS) - In Argentinien ist die Zahl der Frauenmorde im letzten Jahr um 12,5 Prozent auf 260 gestiegen. Die Opfer wurden erstochen, erdrosselt, erschossen oder totgeschlagen, in 65 Prozent der Fälle von ihren da- oder ehemaligen Partnern, wie eine lokale Frauenorganisation herausfand. Zudem mehren sich Berichte über die Zunahme von Brandanschlägen auf Frauen.

"Im letzten Jahr kam es zu einer regelrechten Epidemie angeblicher 'Brandunfälle'", berichtet Fabiana Tuñez, Koordinatorin der Zivilen Vereinigung Haus der Begegnung, die jedes Jahr die Gewalt gegen Argentiniens Frauen dokumentiert. So kam es im vergangenen Jahr zu elf solcher Vorfälle, 2009 waren es sechs gewesen.

Zu den Opfern gehört auch Fátima Catán. Sie starb an den Folgen der schweren Verbrennungen, die sie sich nach Angaben ihres Mannes Martin Santillán durch einen Unfall zugezogen hatte. Angeblich hatte sich die 24-jährige beim Reinigen von CDs mit Alkohol eine Zigarette angezündet. Die Justiz untersucht einen Doppelmord, denn das Opfer war zum Zeitpunkt seines Todes schwanger.

Der mutmaßliche Täter Santillán, der seine Frau zu verschiedenen Anlässen schwer misshandelt hatte, befindet sich auf freiem Fuß. Am Tatort, der gemeinsamen Wohnung in Villa Fiorito in der ostargentinischen Provinz Buenos Aires, wurden alle Spuren des Verbrechens vernichtet, wie die Mutter des Opfers, Elsa Jerez, beklagt. "Ich wusste, dass er sie schlug. Aber niemals hätte ich mir vorgestellt, dass meine Tochter so endet."

Auch die Anrufzentralen für Gewaltopfer schlagen Alarm. So berichteten Anruferinnen immer häufiger, mit Brandanschlägen bedroht worden zu sein. "Ich werde dich bei lebendigem Leib verbrennen", "ich werde dich mit Benzin übergießen" oder "du wirst brennen wie Wanda" seien Sätze, die immer öfter geäußert würden.

Wanda Taddei war die Freundin des bekannten Musikers Eduardo Vázquez, die mit Benzin übergossen wurde und ebenfalls ihren schweren Verbrennungen erlag. Vásquez wurde zunächst aufgrund mangelnder Beweise freigesprochen. Auch er hatte die Tat als Unfall dargestellt. Doch Aussagen der Opferangehörigen und Nachbarn erschütterten seine Aussagen und brachten ihn erneut ins Gefängnis.

Wie Fabiana Tuñez berichtet, gibt es seit 2009 ein umfassendes Gesetz, dass Maßnahmen zum Schutz von Frauen vor Gewalt und die strafrechtliche Verfolger der Täter vorsieht. Doch nach Ansicht der Frauenaktivistin fehlt es an Geld und dem politischen Willen, um es effektiv umzusetzen. Männergewalt werde in Argentinien noch allzu häufig als Kavaliersdelikt verharmlost. (Ende/IPS/kb/2011)

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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2011