Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → SOZIALES

FRAUEN/309: Weltfrauenkonferenz der Basis in Venezuela (frauensolidarität)


frauensolidarität - Nr. 115, 1/11

Die Zeit ist reif ...
Weltfrauenkonferenz der Basis in Venezuela

Von Verena Bauer


Vom 4. bis 8. März 2011 findet an der Bolivarischen Universität in Caracas (Venezuela) eine Weltfrauenkonferenz der Basis statt. Es sind Frauen aus allen Ländern der Welt eingeladen, aktiv teilzunehmen und gemeinsam für ökonomische, soziale, kulturelle und politische Rechte der Frauen zu kämpfen.


Die Weltfrauenkonferenz der Basis geht auf die Initiative der Basisfrauenbewegung "Ana Soto" in Venezuela, dem Verband der Ecuadorianischen Frauen für Veränderung (CONFEMEC) und dem Frauenpolitischen Ratschlag(1) in Argentinien und Deutschland zurück. In Deutschland sind vor allem die "Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands" (MLPD) und die ihr nahe stehenden Organisationen wie der "Frauenverband Courage e. V." in den Vorbereitungen involviert. Der Vorschlag für eine weitere Weltfrauenkonferenz wurde bereits auf der 4. Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking gemacht und verfestigte sich in der Idee eines internationalen Treffens für Frauen der Basis während dem 7. Frauenpolitischen Ratschlag im Jahr 2006 in Düsseldorf.

Venezuela wurde als Austragungsort der Konferenz gewählt, weil es ein Land ist, welches sich in einem politischen Umbruch befindet und bekannt ist für seine KämpferInnen gegen das neoliberale System. Hundert Jahre nach der Abhaltung des 1. Internationalen Frauentags 1911 und mit Bezug auf die Zweite Internationale Sozialistische Frauenkonferenz im August 1910 in Kopenhagen soll die Weltbasisfrauenkonferenz in Venezuela als Impuls für eine internationale Zusammenarbeit der kämpferischen Frauenbewegung dienen. In Gedenken an die Deutsche Clara Zetkin, die das Selbstverständnis der sozialistischen Frauenbewegung geprägt hat, fordern ihre Betreiberinnen eine Emanzipation vom Kapitalismus. Deshalb wurde diese Weltfrauenkonferenz auch ausdrücklich als Weltfrauenkonferenz der Basisfrauen bestimmt.


Rückblick: Ergebnisse vergangener internationaler Frauenkonferenzen

Die bisherigen Weltkonferenzen haben das internationale Bewusstsein für die Anliegen der Frauen maßgeblich gestärkt und zu wichtigen Verbindungen zwischen den nationalen Frauenbewegungen und internationalen Gemeinschaften geführt. Die erste Weltfrauenkonferenz fand 1975 in Mexiko statt. An dieser UN-Konferenz nahmen Delegierte aus 133 Ländern teil. Das Resultat war ein "Welt-Aktionsplan" mit dem Ziel, die Stellung der Frauen weltweit zu verbessern und die Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frauen (CEDAW). Die zweite UN-Weltfrauenkonferenz fand 1980 in Kopenhagen und die dritte 1985 in Nairobi statt. Während dieser beiden Konferenzen wurden im Wesentlichen die Beschlüsse von Mexiko bzw. von Kopenhagen diskutiert und nach Mitteln und Strategien für eine erfolgreiche Umsetzung gesucht. Die vierte UN-Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking stand unter dem Motto "Handeln für Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden". Bei diesem Treffen wurde vor allem über das unterschiedliche Verständnis von Frauenrechten diskutiert, das je nach Kultur und Tradition verschieden ist. Das Ergebnis dieser vierten Weltfrauenkonferenz war die Verabschiedung der Erklärung und Aktionsplattform von Beijing, mit der die Hürden beseitigt werden sollten, welche der Teilnahme der Frauen in allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens im Wege stehen.


Ziele und Visionen der Weltfrauenkonferenz in Venezuela

Ziel der Konferenz ist die Befreiung der Frauen aus ihrer Ausbeutung und Unterdrückung. In vielen Teilen der Welt können Frauen nicht über ihren eigenen Körper und ihre Sexualität bestimmen und werden durch sexuelle Gewalt sowie durch patriarchale Gesetze und Traditionen in ihrer Freiheit begrenzt. Die Initiatorinnen der 5. Weltfrauenkonferenz der Basis wollen vor allem darauf aufmerksam machen, dass speziell Frauen unter der Ausbeutung und der Krise des kapitalistischen Systems leiden. Immer noch ist der Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und sozialer Sicherheit einem Großteil der Frauen verwehrt. Sie kritisieren vor allem das "westliche kapitalistische Wertesystem", das Konflikte schürt und dazu führt, dass natürliche Ressourcen ausgebeutet und die Umwelt zerstört wird. Die großen technischen und wissenschaftlichen Fortschritte hätten in den letzten Jahren nicht dazu gedient, zentrale Probleme der Menschheit zu lösen, sondern haben dazu beigetragen Reichtum und Macht in wenigen Händen zu akkumulieren.


Planung und Durchführung

Die Vorbereitung der Weltfrauenkonferenz findet tatkräftig auf internationaler, kontinentaler und nationaler Ebene statt: Inzwischen sind Delegationen aus 50 Ländern an der Vorbereitung beteiligt. Die venezolanische Regierung hat zwar über eine öffentliche Erklärung durch Präsident Hugo Chávez ihre Unterstützung zugesagt, aber konkrete und definitive Vereinbarungen wurden bis dato noch nicht getroffen. Die Initiatorinnen sind sich bewusst, dass sie bei der Durchführung der Konferenz auf die verschiedenen politischen, kulturellen und sozialen Hintergründe der Teilnehmerinnen Rücksicht nehmen müssen, um einen größtmöglichen Output durch das Treffen zu erzielen. Frauenbewegungen in den verschiedenen Ländern unterscheiden sich in ihrem geschichtlichen Hintergrund und ihrer Orientierung.


Prinzip Partizipation und Demokratie

Um diese Unterschiede bei der Organisation zu berücksichtigen, wurden neun Prinzipien beschlossen, welche einen reibungslosen und produktiven Ablauf garantieren sollen: Auf der geplanten Weltfrauenkonferenz herrscht das Prinzip der Gleichheit, niemand wird diskriminiert oder ausgeschlossen. Es werden nur jene Resolutionen anerkannt, welche unter dem Prinzip eines gemeinsamen Kontexts gebildet wurden. Die wesentlichen zwei Säulen der Konferenz sind die Generalversammlung und die massive und offene Teilnahme von individuellen Personen, Initiativen und Organisationen im Rahmen von Workshops und Massenveranstaltungen. Es sind auch Männer auf der Konferenz willkommen, solange sie nicht dominieren, sich aktiv einbringen und die Organisation der Konferenz unterstützen. Die Weltfrauenkonferenz bietet allen Frauen die Möglichkeit, zusammen nach einer Lösung für die zentralen weltweiten Probleme der Frauen zu suchen.



Anmerkungen:

(1) Der Frauenpolitische Ratschlag ist eine internationale frauenpolitische und kulturelle Plattform, auf der sich Frauenprojekte, -gruppen, -organisationen und -parteien ebenso wie Einzelfrauen austauschen können. Es existiert keine feste Organisation. Er wird von den Teilnehmerinnen selbst organisiert und finanziert.


Web- und Lesetipps:

www.weltfrauenkonferenz.de
www.womensworldconference.org

Bader-Zaar, Brigitta: Zur Geschichte der internationalen Frauenbewegungen. Von transatlantischen Kontakten über institutionalisierte Organisationen zu globalen Netzwerken. In: Fischer, Karin/Zimmermann, Karin (Hrsg.): Internationalismen. Transformation weltweiter Ungleichheit im 19. und 20. Jahrhundert. (Wien 2008)


Zur Autorin:

Verena Bauer ist Kultur- und Sozialanthropologin. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit hielt sie sich 2007 für mehrere Monate in Venezuela auf. Zurzeit lebt und arbeitet sie in Wien.


*


Quelle:
Frauensolidarität Nr. 115, 1/2011, S. 12-13
Herausgeberin:
Frauensolidarität - Entwicklungspolitische Initiative für Frauen,
Sensengasse 3, 1090 Wien,
Telefon: 0043-(0)1/317 40 20-0
Telefax: 0043-(0)1/317 40 20-406
E-Mail: redaktion@frauensolidaritaet.org,
http://www.frauensolidaritaet.org

Die Frauensolidarität erscheint viermal im Jahr.
Einzelpreis: 5,- Euro;
Jahresabo: Österreich und Deutschland 20,- Euro;
andere Länder 25,- Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Mai 2011