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INTERNATIONAL/187: Karibik - Ungleichheit befeuert HIV/Aids-Epidemie (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 10. Februar 2015

Karibik: Ungleichheit befeuert HIV/Aids-Epidemie

von Desmond Brown



Bild: © Desmond Brown/IPS

Der Künstler Edison Liburd geht offensiv mit HIV/Aids um
Bild: © Desmond Brown/IPS

St. John, Antigua, 10. Februar (IPS) - Edison Liburd ist einer der anerkanntesten Künstler in dem Karibikstaat Antigua und Barbuda. Es gab jedoch eine Zeit, in der er die Öffentlichkeit mied.

"Seit 24 Jahren bin ich mit dem HIV-Virus infiziert", erzählt der 49-Jährige. "Der erste Test wurde im Februar 1993 im Allen-Pavilion-Hospital in Manhattan in New York durchgeführt. Als ich das Ergebnis erhielt, brach für mich eine Welt zusammen."

Mehr als drei Jahrzehnte nach dem ersten Auftreten der Immunschwächekrankheit haftet den Infizierten in Antigua und Barbuda nach wie vor ein Stigma an. Die Angst vor Vorurteilen hatte auch Liburd zunächst zu Verschwiegenheit veranlasst. "Vor meiner Familie hielt ich die Krankheit jahrelang geheim", berichtet er. "Nur ein paar Freunde wussten Bescheid."


Erschreckend hohe HIV-Prävalenz

Der Karibikraum gehört zu den am schlimmsten von HIV/Aids heimgesuchten Weltregionen. Bei Erwachsenen ist die HIV-Prävalenz um mindestens ein Prozent höher als in jeder anderen Region mit Ausnahme von Subsahara-Afrika. Die Pandemie wird in der Karibik durch soziale und ökonomische Ungleichheit, Diskriminierung der am stärksten gefährdeten und sozial ausgegrenzten Gruppen, durch die Benachteiligung der Frau und durch Homophobie vorangetrieben.

Die meisten Infizierten in der Karibikregion sind Männer, die gleichgeschlechtlichen Sex praktizieren. Diese Tatsache wird allerdings in der Gesellschaft weitgehend verschwiegen. Aber auch Konsumenten intravenös verabreichter Drogen, Prostituierte und deren Kunden sind in hohem Maß betroffen.

Aufgrund der Tabuisierung des Problems ist es für Hilfsorganisationen schwierig, diese Personengruppen zu erreichen. Nachdem Liburd - an der Schwelle des Todes - stationär behandelt worden war, entschloss er sich, offensiv mit der Krankheit umzugehen und anderen mit öffentlich wirksamen Auftritten und seiner Kunst Mut zu machen. "Auch ich habe daraus neue Kraft und Energie geschöpft", sagt er. "Ich bin selbstbewusster geworden und kann besser mit Vorurteilen umgehen."

Wie Eleanor Frederick vom HIV/Aids-Netzwerk von Antigua und Barbuda (ABHAN) berichtet, droht Infizierten die Arbeits- und Obdachlosigkeit. In manchen Fällen werden die Betroffenen sogar von den eigenen Familien verstoßen. ABHAN führt unter anderem ein Programm durch, das Infizierten hilft, ihre antiretroviralen Therapien durchzuhalten. Zudem erhalten die Betroffenen Rat, wie sie die Ansteckungsrisiken für ihre Partner minimieren und ihr Immunsystem stärken können.

Frederick zufolge gibt es im Lande Bestimmungen, die die Situation für HIV/Aids-Infizierte erträglicher machen sollen. Doch würden sie nicht eingehalten. Als Beispiel führt die Expertin ein 2012 gestartetes Pilotprogramm an, das die Implementierung und Einhaltung von Standards im Umgang mit HIV-infizierten Arbeitnehmern gewährleisten sollte. Diese Standards waren von der Internationalen Arbeitsorganisation ILO im Einklang mit den universalen Menschenrechtsprinzipien festgelegt worden.

Nach Ansicht der Aktivistin ist die Auseinandersetzung mit HIV/Aids allein schon deshalb wichtig, weil die Krankheit "keine Grenzen kennt und niemanden diskriminiert". Der soziale Abstieg der Betroffenen müsse unbedingt verhindert werden. Soziale Gerechtigkeit sei im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit sehr wichtig, denn: "HIV/Aids ist nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein soziales und ein Entwicklungsproblem." (Ende/IPS/ck/2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/02/inequality-fuels-hiv-epidemic-in-the-caribbean/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Februar 2015

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