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JUGEND/275: Zwischen Dramatik und Hoffnung - Jugendliche im ländlichen Raum (idw)


Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 05.09.2009

Zwischen Dramatik und Hoffnung - Jugendliche im ländlichen Raum


Zugleich gibt es bei ihnen eine große Bereitschaft, das eigene Lebensumfeld mitzugestalten. Das ergab eine Studie des Instituts für Geographie und Geologie der Universität Greifswald. Von Oktober 2008 bis Januar 2009 wurden rund 270 Schüler im Alter zwischen 12 und 17 Jahren in Schulen des Landkreises Uecker-Randow schriftlich befragt. Die repräsentative Schülerbefragung wurde im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerkes e. V. in Kooperation mit dem Lokalen Bündnis für Familie Uecker-Randow sowie im Rahmen des Bundesmodellprojektes Demografischer Wandel erstellt.

Niemand möchte nach getaner Arbeit lange auf den Feierabend zu Hause warten. Dennoch müssen viele Schüler im dünn besiedelten Landkreis Uecker-Randow jede Woche zwei Stunden und zwölf Minuten für die Rückfahrt auf ihren Bus warten. Zeit, die meist sinnlos vergeudet wird. Einige weitere Datensplitter: Der Alkoholkonsum der Jugendlichen ist nahezu schichtenunabhängig stark verbreitet: 27 Prozent gaben an, regelmäßig zu trinken, mitunter gar täglich. Äußerst bedenklich dabei, dass 23 Prozent dies gemeinsam mit der Familie tun. Nur 69 Prozent der Schüler leben in einer traditionellen Zwei-Eltern-Familie, 28 Prozent pflegen kein gemeinsames Abendessen in der Familie, ebenfalls 28 Prozent konnten keine gemeinsamen Lieblingsbeschäftigungen in der Familie nennen.

"Solche Zahlen lassen sich natürlich immer in zwei Richtungen interpretieren. Wir sind sehr besorgt, wenn wir feststellen müssen, dass 34 Prozent keine Vorbilder für ihr eigenes Leben bestimmen können, 39 Prozent keine Lieblingsbücher haben oder nur 29 Prozent der Schüler angaben, sich für Politik zu interessieren," so Dr. Michael Heinz, der Leiter der Untersuchung. Andererseits stellen die Autoren fest, dass die Familie als "sozialer Heimathafen" eine wichtige Rolle im Leben der Jugendlichen spielt. Beispielsweise übernehmen Familie und Freunde häufiger eine Vorbildfunktion als Popstars oder Sportler. "Papa ist besser als Ronaldinho und Mama sticht immer noch Britney Spears aus", wie Enrico Stahlkopf, Mit-Autor der Studie, betont.

Die Studie belegt, dass der eindeutig ablehnenden Haltung gegenüber etablierten Politikstrukturen ein stark ausgeprägtes Interesse an der Gestaltung des eigenen, jugendrelevanten Lebensumfeldes gegenüber steht. Aus diesem konstruktiven Partizipations- und Gestaltungswillen der Jugendlichen erwächst nach Ansicht der Autoren, die gemeinsame Aufgabe für Jugendliche und Erwachsene, Strukturen und Instrumente einer passfähigen Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Landkreis Uecker-Randow zu finden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Jugendlichen sich keinesfalls als "verlorene Generation" in einer "verlorenen Region" sehen, sondern zum Beispiel ihren Wohnort mit wesentlich mehr positiven als negativen Attributen belegen. Dies steht in deutlichem Kontrast zu den externen Regionalrankings, die dem Landkreis in der Regel Schlussplätze zuweisen und sollte Mut für die Zukunft machen.

Durch eine weitere Förderung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sollen gemeinsam mit dem Deutschen Kinderhilfswerk und dem Familienbündnis Uecker-Randow noch im Herbst 2009 praktikable Konzepte für eine innovative Jugendpartizipation im Landkreis entwickelt werden.

Weitere Informationen unter:

http://www.uni-greifswald.de/fileadmin/mp/6_informieren/Pressestelle/ Wissenschaft_OEffentlichkeit/SRA_UER_Zusammenfassung.pdf
- Zusammenfassung der Ergebnisse

http://www.uni-greifswald.de/fileadmin/mp/6_informieren/Pressestelle/ Wissenschaft_OEffentlichkeit/SRA_UER_Endbericht.pdf
- Die gesamte Studie

http://www.dkhw.de
- Das deutsche Kinderhilfswerk e.V.

http://www.lokales-buendnis-uecker-randow.de/
- Lokales Bündnis für Familie Uecker-Randow

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution65


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jan Meßerschmidt, 05.09.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. September 2009