Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → SOZIALES

KIND/057: Sambia - Armut treibt Minderjährige in die Prostitution (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 2. Februar 2012

Sambia: Sex mit chinesischen Arbeitern - Armut treibt Minderjährige in die Prostitution

von Lewis Mwanangombe


Lusaka, 2. Februar (IPS) - In der sambischen Bergarbeiterstadt Luanshya im Süden der Provinz Copperbelt drohen vier chinesischen Gastarbeitern langjährige Gefängnisstrafen. Einvernehmlicher bezahlter Geschlechtsverkehr mit unter 16-Jährigen könnte ihnen zum Verhängnis werden. Die Anklage lautet auf unsittliche Übergriffe und Sex mit Minderjährigen, Vergehen, die in Sambia mit jeweils mindestens 15 Jahren bestraft werden.

Die Entscheidung der örtlichen Staatsanwaltschaft, dem 46-jährigen Zimmermann Zhang Daliu, seinem gleichaltrigen Kollegen Hong Pin Liu, dem 36-jährigen Schweißer Yang Gang Qiang und dem 51-jährigen Maurer Zhu Xiang den Prozess zu machen, hat in der Bevölkerung des südafrikanischen Landes eine kontroverse Debatte ausgelöst.

Manche sprechen von der Schande, die die Prostitution so junger Mädchen über das Land bringe. Andere verweisen auf die bittere Armut in Luanshya, die die Menschen verzweifeln lässt und selbst ganz junge Mädchen dazu bringt, sich mit Prostitution etwas Geld zu verdienen. Sie werfen der korrupten Regierung des ehemaligen Präsidenten Frederick Chiluba (1991-2001) vor, mit der Privatisierung der Kupfermine in Luanshya das Elend und die massive Armut in der Stadt ausgelöst zu haben.

Die Mine war 1997 für knapp 35 Millionen Dollar an den indischen Konzern 'Binani Industries' verkauft worden. Mehr als 6.000 Arbeitsplätze gingen verloren, als der Minenbetreiber kaum drei Jahre später Konkurs anmeldete. In den folgenden sechs Jahren konnten die Betroffenen ihre Familien kaum noch durchbringen.

Als die chinesische Holding 'Non-Ferrous Metals Mining' 2009 die Kupfermine übernahm, lebten viele Menschen der Stadt bereits in bitterer Armut. Jetzt gab es zwar wieder Arbeit, zugleich aber begann der Zustrom chinesischer Gastarbeiter. 270 chinesische Männer wurden von der Firma 'Luanshya Copper Mine' angeheuert, um den Kupferabbau des früheren sambischen Bergbauunternehmens 'Roan Antelope Mining' voranzubringen und mit dem Tagebau der Muliashi-Kupfermine zu beginnen.

In Sambia leben mehr als 80.000 Chinesen, in ganz Afrika sind es 925.000, meist Männer, die in den verschiedensten Berufen in städtischen Regionen und auf dem Land arbeiten. In der derzeitig wirtschaftlich schwierigen Lage Sambias gelten die Gastarbeiter aus dem Reich der Mitte als Leute mit dicken Brieftaschen.


Verständnis für die Mädchen

Die Hausfrau Mary Mumba hat Verständnis für junge Mädchen, die sich von Männern für Sex bezahlen lassen. Sie lebt seit 20 Jahren in Luanshyas Township Roan und musste erleben, wie aus der Stadt ein Eldorado für Prostituierte, Kupferdiebe und Säufer geworden ist. "Nicht die Chinesen sind das Problem. Wir verstehen Mädchen aus armen Familien, wenn sie sich mit Chinesen abgeben. Sie sind schließlich die Einzigen, die Geld in der Tasche haben", erklärte sie.

Auch der Bergmann Gift Mulenga kann verstehen, dass sich junge Frauen und Mädchen mit Chinesen einlassen. Mit der Nationalität der Freier habe das nichts zu tun. "Sie haben eben Geld", stellte er fest.


Vergewaltigungen durch Einheimische

In jüngster Zeit hat die Zahl registrierter Vergewaltigungen in Sambia deutlich zugenommen. Nach Angaben des sambischen Polizeidienstes für Opferhilfe stieg die Zahl von 1.676 (2009) auf 2.028 (2010). Die meisten Täter waren Landsleute, darunter Lehrer, Bauern, traditionelle Heiler und sogar Polizisten.

Angesichts dieser Entwicklung haben sich Gruppen sambischer Frauenaktivisten zu dem Netzwerk 'Non-Governmental Organizations Coordinating Council' (NGOCC) zusammengeschlossen. In diesem Jahr will die Organisation eine nationale Beratungskonferenz einberufen. Die Vorsitzende Engwase Mwale kündigte an, man wolle gemeinsam neue Strategien erarbeiten, um das Problem in den Griff zu bekommen. (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.ngocc.org.zm
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=106600

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 2. Februar 2012
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Februar 2012