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KIND/058: Simbabwe - Schuften statt lernen, in Harare muss jedes fünfte Kind Geld verdienen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. März 2012

Simbabwe: Schuften statt lernen - In Harare muss jedes fünfte Kind Geld verdienen

von Grit Porsch


Berlin, 6. März (IPS) - In Simbabwe müssen nach einem Bericht des Weltkinderhilfswerks UNICEF 13 Prozent der Kinder arbeiten, um sich selbst, ihre Familie oder ihre elternlosen Geschwister durchzubringen. Für die Schule bleibt ihnen somit keine Zeit.

Der Aktivist Pascal Masocha, Koordinator der Koalition gegen Kinderarbeit in Simbabwe, schätzt, dass in der Hauptstadt Harare fast jedes fünfte Kind seinen Lebensunterhalt selbst verdienen muss. Die betroffenen Mädchen und Jungen sind als Straßenverkäufer unterwegs und schuften im Bergbau und bei jedem Wetter und ohne Schutz vor giftigen Pestiziden auf Farmen oder Tabak- und Teeplantagen.

Simbabwes Arbeitsrecht untersagt Schwerstarbeit für unter 18-Jährige, und ein besonderes Kindergesetz verbietet die Ausbeutung Heranwachsender als Arbeitssklaven. Doch ein vom US-Arbeitsministerium 2011 erarbeiteter Bericht stellte fest, dass Verstöße weder untersucht noch bestraft werden. Nach Angaben von UNICEF leben in Simbabwe 100.000 der 1,3 Millionen Waisen ganz auf sich allein gestellt.

Ohne eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Lage ist nach Ansicht von Experten in dem schwarzafrikanischen Land mit einer weiteren Zunahme der Kinderarbeit zu rechnen. "Kinderarbeit ist auf dem Vormarsch und gibt Anlass zur Sorge", heißt es in einem vom Arbeitsministerium in Zusammenarbeit mit Vertretern von UNICEF und der internationalen Arbeitsorganisation (ILO) erarbeiteten Bericht, der im Juni 2011 veröffentlicht wurde. Darin wird der Regierung empfohlen, im Arbeitsministerium eine Abteilung einzurichten, die sich mit Kinderarbeit befasst und das Thema Kinderrechte auch in den Schulunterricht einbringt.


Staat will Abhilfe schaffen

Mit der Ankündigung eines nationalen Aktionsplans hat Simbabwes Regierung auf diese Empfehlungen reagiert. Ein Lenkungsausschuss aus Mitgliedern des Gewerkschaftsverbandes ZCTU und der Arbeitgebervereinigung EMCOZ soll ihn gemeinsam mit Regierungsvertretern umsetzen. "Wir werden das Problem mit einem Bündel von Maßnahmen angehen". versicherte die Arbeits- und Sozialministerin Paurina Mupariwa gegenüber dem UN-Informationsdienst IRIN. "Weil die Armut viele Kinder zwingt, die Schule aufzugeben und arbeiten zu gehen, gehört auch ein Grundschul-Förderprogramm dazu, das arme Familien mit Zuschüssen zum Schulgeld und zu den Prüfungsgebühren unterstützt."

Die Gewerkschaftsvertreterin Fiona Magaya ist von den Plänen der Regierung wenig überzeugt. "Die Regierung lässt uns im Stich. Sie hält sich nicht an Abmachungen und hat ihren Anteil an der Finanzierung der Ausschussarbeit nicht bezahlt", klagte sie. "Wir haben die Initiative mit eigenen Mitteln mit der Unterstützung der ILO finanziert."


Handbücher und Flugblätter

Der Gewerkschaftsverband hat ein Handbuch mit Informationen zusammengestellt und verteilt in Wirtschaftssektoren, die besonders viele Kinder beschäftigen, Flugblätter an Arbeitskräfte und Arbeitgeber.

Auch der Wirtschaftsberater John Robertson aus Harare ist skeptisch. "Der Regierung fehlt das Geld für ein solches Programm. Sie lebt von der Hand in den Mund, zumal sich internationale Geber zurückhalten. Erst wenn sich die Wirtschaft erholt und es wieder mehr Arbeit gibt, ist es sinnvoll, gegen Kinderarbeit vorzugehen", betonte er.

Gertrude Shumba, stellvertretende Leiterin der christlichen Organisation 'Family AIDS Caring Trust' (FACT), die seit drei Jahren in der Ostprovinz Manicaland die Kinderarbeit auf den Plantagen bekämpft, stimmt dem Wirtschaftsexperten zu. "Das größte Hindernis bei der Umsetzung des Aktionsplans ist Simbabwes wirtschaftliche Lage", erklärte sie. "Arme Familien und die vielen elternlosen Haushalte mit geringen und unsicheren Einkünften sind auf Kinderarbeit angewiesen." (Ende/IPS/mp/2012)


Links:
http://www.ilo.org/
http://www.unicef.org/
http://www.fact.org.zw
http://www.irinnews.org/printreport.aspx?reportid=94939

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 6. März 2012
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. März 2012