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KONFERENZ/182: Erklärung zur Eröffnung der 69. Generalversammlung (DGVN)


Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (DGVN)
Presseinformation vom 19.09.2014

Erklärung zur Eröffnung der 69. Generalversammlung

des DGVN-Vorsitzenden Detlef Dzembritzki



Die 69. UN-Generalversammlung, die formell am 16. September 2014 eröffnet wurde, verspricht in der kommenden Woche eine der ereignisreichsten Versammlungen ihrer Art zu werden. Die Staats- und Regierungschefs, Minister und Diplomaten der 193 Mitgliedstaaten sind nicht nur mit der langen Liste akuter Probleme konfrontiert, die von der Ukraine, dem IS-Terror über Gaza bis zu Ebola reicht.

Bevor die Generaldebatte beginnt, hat der UN-Generalsekretär darüber hinaus am 23. September zu einer Debatte über das "prägende Thema unserer Zeit" (Ban), den Klimawandel eingeladen. Erstmals seit fünf Jahren sollen wieder die Staats- und Regierungschefs zusammen kommen, um die notwendigen klaren Impulse zu setzen, damit der Temperaturanstieg durch den menschgemachten Klimawandel noch auf für die Menschheit verträgliche 2 Grad begrenzt werden kann.

Am 24. September 2014 beginnt die Generaldebatte zur globalen Entwicklungsagenda unter dem Titel "Delivering on and Implementing a Transformative Post-2015 Development Agenda." Im Mittelpunkt wird dabei die Frage stehen, wie die globale Entwicklungsagenda nach dem Auslaufen der Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) im Jahr 2015 weiter ausgestaltet wird. Basis für die Diskussion ist der Entwurf der "Open Working Group for Sustainable Development Goals" vom 19. Juli 2014. Die Offene Arbeitsgruppe hat unter Beteiligung Deutschlands 17 untergliederte Ziele erarbeitet.


Nachhaltigkeit und Universalität sind auf dem Weg zu einer Entwicklungsagenda nach 2015 geboten

Der DGVN-Vorsitzende Detlef Dzembritzki begrüßt, dass die Verhandlungen zu den Entwicklungszielen post 2015 auf eine Integration von Initiativen zur Fortführung der MDGs und den von dem Rio+20-Gipfel 2012 angestoßenen "Sustainable Development Goals" (SDGs) zusteuern und ökonomische, politische, soziale und ökologische Ziele dabei gleichermaßen berücksichtigen. Es scheine, trotz der Kontroverse um unterschiedliche Verantwortlichkeiten, Einigkeit zu herrschen, dass die neue Agenda alle Regionen angeht: der "Norden" wird ebenso umdenken müssen wie der "Süden". Dies sei ein wesentlicher, nicht zu unterschätzender Fortschritt. Es sei auch richtig, dass die ökonomische, soziale und ökologische Ungleichheit und Ungleichverteilung in einem eigenständigen Ziel angesprochen werde.


Menschenrechte mit der Post-2015-Agenda verbinden

Allerdings besteht aus Sicht des DGVN-Vorsitzenden noch erheblicher Verbesserungs- und Präzisierungsbedarf. Es sei unabdingbar, in den anstehenden Verhandlungen auf einen fundamental rechtebasierten Ansatz der Post-2015-Agenda hinzuwirken. In den vergangenen Jahrzehnten sind wegweisende internationale Vereinbarungen ausgehandelt und auch in den meisten Ländern ratifiziert worden. Dazu gehören Frauen- und Kinderrechte, das Recht auf angemessene Ernährung, auf Bildung, Gesundheit, Wasser und sanitäre Grundversorgung, die Rechte von Menschen mit Behinderungen, von Migrantinnen und Migranten und die ILO-Sozialrechte. Diese werden in dem aktuell der UN-Generalversammlung vorliegenden Text der Offenen Arbeitsgruppe jedoch nur teilweise benannt, kritisiert Dzembritzki: "Die Rechte werden in der Präambel lediglich gestreift und finden in den Formulierungen zu den einzelnen Zielen keinen Ausdruck."


Nachbesserungen bei wichtigen Themen nötig

Auch und insbesondere in den Themenbereichen Arbeit und Beschäftigung, Frauenrechte, Umwelt, Migration und Friedenspolitik sieht die DGVN Nachbesserungen als unabdingbar an: Das Ziel "Menschenwürdige Arbeit" sei im Entwurf kaum noch sichtbar und nicht ausreichend mit dem Ziel zur Bekämpfung der Armut verknüpft. Mehr noch sei es ein falsches Signal, dass es mit dem Ziel des Wirtschaftswachstums verknüpft werde, obwohl hier nicht zwingend eine Kausalität herzustellen sei (siehe das Phänomen von Wachstum ohne Beschäftigung). Der DGVN-Vorsitzende begrüßt dagegen, dass beim Armutsziel die soziale Sicherung mitgedacht wird. "Wir hoffen, dass dieser Aspekt in den anstehenden Verhandlungen noch verstärkt aufgegriffen wird", sagt Dzembritzki.


Frauenrechte besser berücksichtigen

Im Bereich Frauenrechte, der erfreulicherweise im Entwurf angesprochen wird, appelliert Dzembritzki an die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, den Aspekt der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte mit aufzunehmen, da dies eine Grundbedingung für ein menschenwürdiges Leben insbesondere von Frauen, sowie eine Voraussetzung zur Senkung der Kinder- und Müttersterblichkeit sei.


Nachhaltiges und sozial gerechtes Wachstum

Des Weiteren müsse ein differenziertes Wachstumsziel angestrebt werden, das soziale Gerechtigkeit mit progressiven Umweltzielen verknüpfe und so dem überwölbenden Prinzip der Nachhaltigkeit genüge.

Auch Migration muss aus Sicht des DGVN-Vorsitzenden eine größere Rolle spielen. Gut geregelte Migration könne einen positiven Entwicklungsbeitrag für Herkunfts- und Aufnahmeländer bieten, sofern sie so gestaltet sei, dass alle Rechte der Migrantinnen und Migranten gewahrt würden.


Nachhaltige Entwicklung und Frieden können zur zusammen erreicht werden

Abschließend begrüßt Dzembritzki, dass die Fassung der "Sustainable Development Goals" vom 19. Juli ein eigenständiges Ziel zu friedlichen und inklusiven Gesellschaften ("peaceful and inclusive societies") enthält. Jedoch fehlen konkrete Zielformulierungen zur Abrüstung, zur Kürzung von Militärausgaben und zu einem Verbot von Waffenexporten in Kriegsgebiete. Die verheerende Lage von Menschen auf der Flucht und in fragilen Staaten ist nicht zuletzt durch den Mangel an Friedensbemühungen ausgelöst worden. Der Waffenhandel, besonders durch die reichsten Länder der Welt, verschärfe diese Lage zusätzlich, sowohl bei innerstaatlichen wie grenzüberschreitenden Konflikten. Die derzeitige politische Diskussion zu diesem Thema in Deutschland müsste entsprechend reflektiert werden und eine stärkere friedenspolitische Position durch die deutschen Vertreterinnen und Vertreter in die Verhandlungen in New York eingebracht werden.

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. September 2014