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AGRAR/1557: Malawi - Paprika bringt die Wirtschaft in Schwung, Kleinbauern satteln um (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. Juni 2012

Malawi: Paprika bringt die Wirtschaft in Schwung - Kleinbauern satteln um

von Claire Ngozo

Mercy Kamphoni verdankt Paprika das Wohlergehen ihrer Familie - Bild: © Claire Ngozo/IPS

Mercy Kamphoni verdankt Paprika das Wohlergehen ihrer Familie
Bild: © Claire Ngozo/IPS

Lilongwe, 1. Juni (IPS) - Wenn sich Mercy Kamphoni vor den Fernseher setzt, um sich die Abendnachrichten anzusehen, huscht ein zufriedenes Lächeln über ihr Gesicht. Denn hier in Chamtulo Village, ihrem Heimatdorf im Bezirk Mangochi am südlichen Ende des Malawi-Sees, sind Elektrogeräte eine Rarität.

Die fünffache Mutter besitzt zudem einen Kühlschrank und ein Radio. Das ist der schiere Luxus in einem Land wie Malawi, in dem 74 Prozent der Bevölkerung höchstens 1,25 US-Dollar pro Tag zum Leben haben. Auch ist die 44-jährige Bäuerin stolze Besitzerin eines Fahrrads, einer Wassertretpumpe und eines Silos, in dem sie ihre Ernte einlagert. Alle diese Anschaffungen hat sie den letzten drei Jahren getätigt - seit sie der Subsistenzwirtschaft den Rücken gekehrt und mit dem kommerziellen Landbau begonnen hat.

Kamphoni hatte mit 14 geheiratet. Seit vier Jahren ist sie geschieden. Geblieben aus der Ehe sind ihre fünf Kinder, die sie inzwischen alle zur Schule schicken kann. Durch den Verkauf von Paprika fällt es ihr leicht, die Familie zu versorgen.

"Ich hatte immer nur Mais angepflanzt. Das war die Norm", erinnert sie sich an alte Zeiten. Als ihr Ex die Familie verließ und Kamphoni auf sich allein zurückgeworfen war, kam alles anders. Dem Kontakt zu einem Farmerinnenverband verdankt sie Kenntnisse, die notwendig waren, um Paprika für den Export anzubauen.


Lukratives Geschäft

Inzwischen verdient sie das Dreifache dessen, was ihr der Anbau von Mais einbrachte. Für ein Kilogramm Mais erhält Kamphoni 35 US-Cent, für das Kilo Paprika hingegen einen US-Dollar. "Paprika ist die beste Option für Malawi", ist sie überzeugt. "Ich bekommen vier Mal mehr als das heraus, was ich in die Paprikaproduktion investiere."

Der Bauernverband 'Union of Malawi' (FUM) ermuntert Kleinbauern, ihre kommerziellen Anbauprodukte zu diversifizieren. Das sei nachhaltiger, sagen sie. "Es spricht nichts dagegen, Mais für den Eigenbedarf anzupflanzen. Doch erst Produkte wie Paprika verschaffen Einkünfte", so FUM-Präsident Felix Jumbe. Seine Organisation empfiehlt den Farmern auch den Anbau von Pilzen und Sojabohnen.

In Malawi sind Bauern wie Kamphoni in der Minderheit. Denn nicht viele wissen, dass Paprika ein viel versprechender Devisenbringer ist. Bislang ist Tabak das Hauptexportprodukt. Das Kraut erwirtschaftet dem Land 950 Millionen Dollar - das sind 60 Prozent der nationalen Deviseneinkünfte. Malawischer Tabak hat dem Landwirtschaftsministerium zufolge einen Anteil an den Welttabakexporten von fünf Prozent.

Erfolgreiche Anti-Raucher-Kampagnen haben dafür gesorgt, dass die Einnahmen aus der Tabakproduktion rückläufig sind. 2011 exportierte Malawi 210 Millionen Kilogramm Tabak. In diesem Jahr jedoch werden es aller Voraussicht nur noch 151,5 Millionen Kilo sein. "Wir beobachten jahrein, jahraus einen Rückgang unserer Tabakverkäufe. Deshalb müssen wir uns nach Alternativen umsehen", meint er. "Und hier kommt Paprika ins Spiel."

Aus einem Bericht des Landwirtschaftsministeriums vom letzten Jahr geht hervor, dass es für Paprika einen Absatzmarkt von 10.000 Tonnen gibt. Der Verkauf der Schoten könnte 9,4 Millionen Dollar einbringen. Derzeit exportieren die malawischen Bauern gerade einmal 500 Tonnen und erwirtschaften damit Devisen in Höhe von 470.000 Dollar.

Gladwell Kwapata, ein 51-jähriger Bauer aus dem zentralen Bezirk Mchinji, hat sich nach 21 Jahren im Tabakgeschäft auf die Produktion von Paprika verlegt. "In den letzten fünf Jahren sind die Nachfrage nach Tabak und die Einkünfte von 2,5 Dollar auf unter einen Dollar pro Kilogramm zurückgegangen", sagt er. "Da diese Situation das Überleben meiner Familie gefährdete, sattelte ich um auf Paprika."


Auch Staatspräsidentin setzt auf Paprika

Malawis Staatspräsidentin Joyce Banda hat die Zeichen der Zeit erkannt. So erklärte sie vor dem Parlament am 18. Mai, dass es ihr gefallen würde, wenn sich in ihrem Lande eine nachhaltige Paprikaproduktion einstellen würde.

"Landwirtschaft spielt eine wichtige Rolle für die sozioökonomische Entwicklung des Landes. Die Regierung ist fest entschlossen, den Hunger zu beseitigen und dafür zu sorgen, dass kein Kind in Malawi mit leerem Magen ins Bett gehen geschweige denn verhungern muss", sagte Banda. Bald jedes zehnte Kind stirbt in dem südostafrikanischen Land, bevor es sein fünftes Lebensjahr erreicht.

Wie Banda erläuterte, verfolgt ihre Regierung das übergeordnete Ziel, durch die Kommerzialisierung der Landwirtschaft, die Förderung regionaler Märkte und die Diversifizierung der Anbauprodukte Wachstum und Wohlstand zu generieren. Diese Schritte machten politische Maßnahmen und institutionelle Änderungen erforderlich.

Gladwell Kwapata ist froh, dass er die Abkehr von der Tabakproduktion vollzogen hat. "Ich pflanze seit zwei Jahren Paprika und ernte bereits die Früchte meiner Arbeit." So konnte er im letzten Jahr einen Gewinn in Höhe von 1.500 Dollar einfahren. (Ende/IPS/kb/2012)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juni 2012