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ARBEIT/2456: Niedriglohnbeschäftigung - Stagnation auf hohem Niveau (idw)


Universität Duisburg-Essen - 04.08.2015

UDE-Institut zur Niedriglohnbeschäftigung:
Stagnation auf hohem Niveau


Die Niedriglohnsektor in Deutschland stagniert seit 2007 weiter auf hohem Niveau: Jeder vierte Beschäftigte arbeitete im Jahr 2013 für weniger als 9,30 Euro pro Stunde - die aktuelle Schwelle, ab der man als Geringverdiener gilt. Unter 8,50 Euro, also dem im Januar 2015 eingeführten Mindestlohn, verdienten 2013 6,3 Millionen oder 18,9 Prozent. Dieser Anteil hat sich - anders als in einigen Studien erwartet - gegenüber dem Vorjahr nicht verringert, weil die Billiglöhne vom allgemeinen Lohnanstieg abgekoppelt blieben. Das zeigt der aktuelle Niedriglohn-Report des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).


Nach Berechnungen des IAQ auf Basis der aktuell verfügbaren SOEP-Zahlen erzielten die rund 8,1 Millionen gering bezahlten Beschäftigten im Jahr 2013 einen durchschnittlichen Stundenlohn von 6,72 Euro. Besonders hoch ist das Risiko von Niedriglöhnen in Minijobs, für unter 25-Jährige, gering Qualifizierte sowie befristet Beschäftigte. "Drei Viertel dieser Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland haben aber eine abgeschlossene Berufsausbildung oder können sogar einen akademischen Abschluss vorweisen", so der IAQ-Forscher Dr. Thorsten Kalina. Löhne unter 8,50 Euro werden besonders häufig im Gastgewerbe, in der Landwirtschaft und im Handel gezahlt.

Wie viele Beschäftigte tatsächlich vom gesetzlichen Mindestlohn profitieren, lässt sich noch nicht verlässlich beurteilen. Es gibt Hinweise darauf, dass manche Betriebe die Stundenlöhne bereits im Jahr 2014 vorab auf mindestens 8,50 Euro angehoben haben. "Gleichzeitig hat aber ein Teil der Beschäftigten wie auch der Betriebe offenbar noch große Unsicherheiten, welche Lohnbestandteile angerechnet werden dürfen und welche nicht. Zudem spricht einiges dafür, dass der Mindestlohn noch nicht überall eingehalten wird, etwa im großen Segment der Minijobs", stellt Dr. Claudia Weinkopf, Stellvertretende Direktorin des IAQ, fest.

"Die Um- und Durchsetzung eines gesetzlichen Mindestlohns ist ein längerer Prozess, in dem auf Probleme mit rechtlichen Klarstellungen, praktischen Handlungshilfen oder auch neuen Durchsetzungsstrategien reagiert werden muss", so Weinkopf. Ländervergleiche verwiesen außerdem darauf, dass ein gesetzlicher Mindestlohn alleine nur begrenzt den Niedriglohnsektor eindämmen kann. Einen größeren Einfluss auf die Verringerung der Lohnungleichheit habe offenbar die Tarifbindung. "Ob und inwieweit es gelingt, die Tarifbindung in Deutschland wieder zu erhöhen, ist allerdings eine offene Frage".



Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution801

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Duisburg-Essen, Ulrike Bohnsack, 04.08.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2015

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