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ENERGIE/2121: Energy Watch Group fordert realistische Szenarien von der Internationalen Energieagentur (EWG)


Energy Watch Group (EWG) - 11. November 2015

Energy Watch Group fordert realistische Szenarien von der IEA

World Energy Outlook unterschätzt wieder einmal das Potential von erneuerbaren Energien und bremst damit ihren weltweiten Ausbau


11. November, 2015, Berlin - Das internationale Netzwerk von Wissenschaftlern und Parlamentariern Energy Watch Group (EWG) fordert von der Internationalen Energieagentur (IEA), endlich realistische Energieprognosen zu veröffentlichen. Die Bewertung der EWG zeigt, der diesjährige World Energy Outlook (WEO) unterschätzt weiterhin das Potential von Solar- und Windkraft massiv und hebt die konventionellen Energien hervor. Der vom WEO prognostizierte Rückgang des Ausbaus von Wind-und Solarenergien ist nicht korrekt.

Mit der jüngsten EWG-Studie (http://energywatchgroup.org/831/) wurde nachgewiesen, dass die IEA in den letzten 10 Jahren kontinuierlich irreführende Prognosen zu Photovoltaik und Windkraft veröffentlicht hat. Der WEO Bericht hat großen Einfluss auf politische wie ökonomische Entscheidungen, die Regierungen weltweit in Bezug auf Energiepolitik treffen.

"Mit dem WEO 2015 kann die IEA nicht mehr als glaubwürdiger Energieanalyst ernst genommen werden", so der Präsident der Energy Watch Group und frühere Bundestagsabgeordnete Hans-Josef Fell. "Trotz eigener Warnungen vor viel zu geringen Investitionen in das Ölgeschäft prognostiziert die IEA eine weiter steigende Ölförderung sogar bis 2030. Die tatsächlich stattfindende stürmische Entwicklung der Erneuerbaren Energien wird hingegen klein geredet. Damit entpuppt sich die IEA immer mehr zum Verursacher der selbst beklagten zunehmenden Erderwärmung."

Trotz des exponentiellen Wachstums von Photovoltaik und Windkraft in den letzten Jahrzehnten geht die IEA weiterhin von einer linearen Wachstumskurve dieser Technologien aus, d.h. kein Wachstum der jährlichen Installationen. Das jährliche Marktwachstum bei Windkraft lag aber bei knapp 10% seit dem Jahr 2000, bei Photovoltaik deutlich darüber und es kann laut den Marktanalysen von Bloomberg New Energy Finance und IHS für Photovoltaik von einem jährlichen Marktwachstum von 10% oder mehr in den kommenden Jahren ausgegangen werden.

In ihrem Referenzszenario ("New Policy Scenario") erwartet die IEA eine Marktschrumpfung für Wind und Photovoltaik: der jährlicher Zubau im Zeitraum 2015 - 2040 liegt jeweils 20% und 40% niedriger als der aktuelle jährliche Markt von Windkraft und Photovoltaik. In ihrem optimistischsten Szenario ("450 Scenario") geht die IEA von keinem (0%) jährlichen Marktwachstum für die beiden Technologien aus. Darüber hinaus scheinen die angenommenen Investitionskosten für Photovoltaik veraltet zu sein, da für die Jahre 2025 - 2040 im Mittel höhere Investitionskosten angenommen werden als das schon erreichte Niveau des Jahres 2015 zeigte, bei weiter fallenden Kosten.

"Obwohl die IEA positive Botschaften nach außen in ihrer WEO Kommunikation verbreitet, stecken hinter den tatsächlichen Zahlen gravierende Fehler und unangemessen niedrige Prognosen für besonders umweltfreundliche Energietechnologien, welche an immer mehr Orten auf der Welt die kostengünstigste Form der Stromgewinnung darstellen", so Christian Breyer, Professor für Solarökonomie an der Lappeenranta University of Technology in Finnland. Breyer ist Hauptautor der letzten EWG-Studie. "Journalisten und Zivilgesellschaft sind mehr gefragt denn je, die wahren Gründe für diese kontinuierlich falschen Prognosen der IEA für Photovoltaik und Windkraft herauszufinden."

Das im WEO 2015 beschriebene Wachstum der Atomenergie ist zweifelhaft. In den letzten Jahren gab es keine nennenswerte Ausbaudynamik und die davon explodierten Kosten der jüngeren Neubauprojekte u.a. in Finnland und Frankreich zeigen, dass der vom WEO angepeilte Ausbau der Atomenergie nicht finanzierbar sein wird.

Auch im Ölsektor sind die WEO Prognosen wie in der Vergangenheit zu optimistisch. Ein weiter steigender Ölverbrauch auf 103.5 Mb/Tag bis 2040 ist unrealistisch angesichts der hohen Schulden der Ölkonzerne, der fehlenden Investitionen und der bereits zurückgehenden konventionellen Ölförderung. Offensichtlich können die seit 2009 niedrigen Zinsen nicht die erhofften Wachstumsimpulse setzen.

"Das sind abenteuerliche und unverantwortliche Voraussagen. Jetzt stehen wir am Scheideweg: entweder wird ein hoher Ölpreis die Wirtschaft zerreißen, oder ein niedriger die Ölkonzerne. Und es ist absolut offen, ob der Übergang in eine kohlenstoffarme Energieversorgung verträglich oder mit großen Verwerfungen vor sich gehen wird", so Werner Zittel, Energieexperte bei Ludwig Bölkow Systemtechnik. "Gerade deshalb muss es die Pflicht der IEA sein, einen brauchbaren Wegweiser zu liefern anstatt weiterhin im Business-as-usual Denken zu verharren".


Energy Watch Group (EWG) ist ein internationales Netzwerk von Wissenschaftlern und Parlamentariern. Die EWG beauftragt die Wissenschaftler mit der Erstellung von Studien und Analysen zur realen Verfügbarkeit fossiler und atomarer Energieressourcen und zu Ausbaumöglichkeiten erneuerbarer Energiequellen weltweit.

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Quelle:
Energy Watch Group
c/o DWR eco GmbH
Sophienstr.16, 10178 Berlin
Telefon: +49 (30) 609898810
E-Mail: office@energywatchgroup.org
Internet: http://energywatchgroup.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. November 2015

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