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GEWERKSCHAFT/217: Gute Entwicklung im Einzelhandel geht an Beschäftigten vorbei (idw)


ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - Presseinformation vom 24. März 2010

Gute Entwicklung im Einzelhandel geht an Beschäftigten vorbei


Berlin, 24.03.2010 - Als "gute Nachricht" bezeichnete die stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Margret Mönig-Raane, dass der deutsche Einzelhandel im Krisenjahr 2009 von einem dramatischen Umsatzeinbruch verschont worden ist. Zum Teil seien die Umsatzrückgänge durch die 19 (!) Preissenkungsrunden im Lebensmitteleinzelhandel selbst veranlasst. Auch die Insolvenzen in bisher für den Einzelhandel unbekanntem Ausmaß hätten zu den Umsatzrückgängen beigetragen.

"Allerdings bedeuten insgesamt stagnierende oder leicht sinkende Umsätze noch lange keine Verluste - im Gegenteil", sagte Mönig-Raane. Nach Angaben der Deutschen Bundesbank hatten große Handelskonzerne für jedes der Jahre von 2000 bis 2008 Milliardengewinne erwirtschaftet. Zumindest ein Teil dieser Gewinne sei erzielt worden, weil die Beschäftigten immer mehr leisten müssten, oftmals bei Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen: Obwohl die Verkaufsfläche im Einzelhandel seit 2005 um 4,1 Prozent gestiegen ist, sank die Beschäftigtenzahl im Jahr 2009 um 0,7 Prozent, seit 2005 um 1,4 Prozent.

"Nur die Zahl der geringfügig Beschäftigten steigt kontinuierlich an", betonte Mönig-Raane. Dabei werde die Anzahl der Nebenjobberinnen in den nächsten Jahren einen Anteil von zehn Prozent der Gesamtbeschäftigtenzahl im deutschen Einzelhandel erreichen, wenn nicht gegengesteuert werde. Mönig-Raane warnte davor, dass eine ganze Branche ins Prekariat abzugleiten drohe: "Die steigende Zahl von Frauen, die von einem Teilzeitjob allein nicht mehr leben können und daher mehrere Jobs nebeneinander jonglieren, ist Ausdruck einer gefährlichen Entwicklung." Angesichts der nachweislich insgesamt guten wirtschaftlichen Situation im Einzelhandel müssten die Unternehmen diesen Trend stoppen. Nötig seien wieder mehr Vollzeit- und sozialversicherte Teilzeitstellen. Die Zahl der Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeiter müsse deutlich reduziert werden, und Einzelhandelsjobs dürften nicht länger durch billige Werkauftrag-Kräfte ersetzt werden.

Wettbewerb im Einzelhandel müsse wieder bestimmt sein durch Leistung und Qualität, nicht durch Billiglöhne und schlechte Arbeitsbedingungen. Das werde nicht nur den Beschäftigten zugutekommen, sondern auch den Unternehmen und den Kunden, prognostizierte Mönig-Raane.


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Quelle:
Presseinformation vom 24.03.2010
ver.di - Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Cornelia Haß - ver.di-Bundesvorstand
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2010