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INTERNATIONAL/002: Wirtschaftlicher Mehrwert durch grüne Technologien (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 9. Dezember 2010

Klima:
Wirtschaftlicher Mehrwert durch grüne Technologien - Öko-Wettrüsten angelaufen

Von Björn Stigson*


Cancún, Mexiko, 9. Dezember (IPS) - Während die Teilnehmer der internationalen Klimakonferenz in Mexiko um einen Konsens ringen, zeichnen sich weltweit durchaus positive Entwicklungen ab. So haben zahlreiche Länder erkannt, dass sie durch umweltfreundliche Technologien einen Mehrwert erzielen können. Und ein 'grüner Wettstreit' um die nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen ist bereits angelaufen.

Dieser Bewusstseinswandel eröffnet den nationalen und internationalen Wirtschaftssystemen große Chancen. Erst kürzlich sprach der US-Energieminister Steven Chu von einem "Sputnik-Moment", als er den Erfolg Chinas und anderer Staaten im Bereich sauberer Energien analysierte. Die USA müssen sich nun verstärkt um eigene Neuerungen in dem Sektor bemühen, wenn sie mit der globalen Konkurrenz auf dem künftigen Arbeitsmarkt Schritt halten wollen.

"Was Innovationen betrifft, spielten die Amerikaner bisher nicht die zweite Geige und wollen es auch jetzt nicht tun", sagte Chu. Länder wie China versuchten auf aggressive Weise, bei der Entwicklung von Windenergie, Atomreaktoren oder Hochgeschwindigkeitszügen in Führung zu gehen. Angesichts der enormen wirtschaftlichen Vorteile von sauberen Energien müssten die USA dringend neue Modelle entwerfen.

In der Europäischen Union hat die Kommissarin für Klimaschutz, Connie Hedegaard, einen neuen Umgang mit dem Thema angeregt. Es wird nun argumentiert, die EU solle auch deshalb gegen den Klimawandel ankämpfen, um Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum zu schützen. Auf dem UN-Klimagipfel im Dezember 2009 in Kopenhagen hatte sich die EU noch ins Abseits manövriert, als sie einen "moralischen Kreuzzug" für globale Klimaschutzaktionen verfolgte. Von dieser Position ist sie inzwischen abgerückt.


Neun Milliarden Menschen bis zum Jahr 2050 erwartet

In den kommenden 40 Jahren wird die Weltbevölkerung voraussichtlich auf rund neun Milliarden Menschen anwachsen. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) würde eine effiziente Verringerung der CO2-Emissionen bis 2030 jährliche Investitionen in umweltfreundliche Technologien im Unfang von etwa 750 Milliarden US-Dollar erfordern. Zwischen 2030 und 2050 wären sogar mehr als 1,6 Billionen Dollar im Jahr notwendig.

Zu etwa 70 Prozent könnte die Senkung der CO2-Emissionen mit den bereits existierenden Technologien erreicht werden. Neue Verfahren sind jedoch ebenfalls nötig. Nach dem derzeitigen Stand entwickeln sich die umweltschonenden Technologien nicht schnell genug weiter, um tatsächlich etwas gegen den Klimawandel ausrichten zu können.

Es mag daher erstaunen, dass die auf der Konferenz im mexikanischen Cancún vertretenen Regierungen darüber diskutieren, wie sie neue Technologien in Entwicklungsländer bringen können. Dabei übersehen sie, dass es bereits eine globale Lösung gibt.

Jeden Tag werden in großem Maßstab Technologien entwickelt, eingesetzt und transferiert. Die Regierungen sollten versuchen, diese Fähigkeiten in dem Bereich zu fördern, anstatt das zu tun, was die freie Wirtschaft längst leistet. Die laufenden Verhandlungen sollten das Ziel verfolgen, spezielle Anreize zu schaffen, damit auch die ärmsten Länder von solchen Investitionen profitieren können.

Billionen Dollar werden benötigt, um die geplante Senkung der Schadstoffemissionen zu erreichen und das Klima zu stabilisieren. Die Investitionen werden nicht etwa dadurch gehemmt, dass kein Geld vorhanden wäre. Die Schwierigkeit besteht darin, die Finanzmittel in Umlauf zu bringen.

Die führenden Wirtschaftsnationen haben das Menetekel erkannt. Wenn sie morgen eine Spitzenposition einnehmen wollen, müssen sie bereits heute in der Lage sein, Ressourcen effizient zu nutzen und Umweltverschmutzung zu vermeiden.


Märkte müssen sich verändern

Um auf diesem Weg Erfolg zu haben, müssen sich die Märkte verändern, um etwa die Nachfrage nach solchen Produkten und Dienstleistungen zu steigern. Veränderungen können nur durch eine neue Partnerschaft zwischen Regierungen und Unternehmen bewerkstelligt werden. Die Kräfte des Marktes reichen allein für eine so massive Transformation nicht aus. Zusätzlich werden regulierende Rahmenbestimmungen gebraucht, die die Nachfrage ankurbeln.

Ein während des Treffens in Cancún veröffentlichter Bericht des Weltwirtschaftsrats für Nachhaltige Entwicklung (WBCSD) zeigt auf, wie der 'grüne Wettlauf' von Ländern und Firmen den Unternehmen günstige Möglichkeiten eröffnet, auf dem schnell wachsenden Markt der Umwelttechnologien zu investieren.

Die Staaten werden letztlich das Spielfeld abstecken. Ohne eine Zusammenarbeit mit der privaten Wirtschaft werden sie mit ihren Bemühungen aber kaum Erfolg haben. (Ende/IPS/ck/2010)


*Björn Stigson ist der Präsident des Weltwirtschaftsrats für Nachhaltige Entwicklung (WBCSD).

Links:
http://unfccc.int/2860.php
http://www.wbcsd.org/templates/TemplateWBCSD5/layout.asp?MenuID=1
http://ipsnews.net/news.asp?idnews=53810

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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2010